ReportageBei Albrecht Kind werden sehr spezielle Fachkräfte ausgebildet

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Siegfried Knecht, Thomas Ringsberg, Eric Günther und Geschäftsführer Helmut Kind (v.l.) bei der Arbeit

Hunstig – Der Feierabend ist nah, noch aber wird am späten Nachmittag in Hunstig hart gearbeitet. Mit sieben Auszubildenden ist das am 24. September 1853 gegründete Großhandelshaus für Jagd- und Outdoor-Bedarf jüngst in das neue Lehrjahr gestartet. „Und damit ist bereits die Bewerbungsfrist für das kommende Jahr angebrochen“, betont Geschäftsführer Helmut Kind.

Er ist stolz darauf, dass die Albrecht Kind GmbH jungen Leuten gleich vier Berufe anbieten könne: So bildet das Gummersbacher Unternehmen heute Büchsenmacher und Sattler ebenso aus wie Groß-und Außenhandelskaufleute und Fachlageristen. „Vor allem natürlich für den eigenen Bedarf“, sagt Kind. 87 Beschäftigte habe das Traditionshaus übrigens insgesamt.

15.32 Uhr

Der Geschäftsführer schließt eine schwere Tür auf, dahinter ist die Büchsenmacherei, ein Sicherheitsbereich. Helmut Kind erklärt: „Dem Namen zum Trotz werden hier keine Waffen gebaut, sondern repariert, gewartet oder nach Kundenwunsch umgerüstet.“ Aus der ganzen Welt schicken Jäger ihre Gewehre nach Hunstig. Altgeselle Siegfried Knecht hat einen Oldtimer vor sich: Eine Büchse der Firma Steyr, 1972 hergestellt. „Der Schaft ist gebrochen“, erklärt Knecht, woran er arbeitet. Neuer Leiter und Meister der Büchsenmacherei – und damit zudem Ausbilder – ist Thomas Ringsberg.

15.40 Uhr

Eric Günther aus Dieringhausen ist Sportschütze, heute erlernt er bei Kind das Handwerk des Büchsenmachers. „Ich wollte mein Hobby zum Beruf machen“, erklärt der 23-Jährige seine Wahl. „Auch reizt mich die Arbeit mit Holz, Metall und Kunststoffen, nie macht man dasselbe.“ Neben ihm schraubt Henry Heinz aus Reichshof-Windfus ein Swarovski-Zielfernrohr auf ein neues Jagdgewehr. „Ein Kundenwunsch“, erklärt der 20-Jährige, der nach dem dritten Lehrjahr übernommen worden ist, diese Routinearbeit. Dann greift er zur Lötlampe.

16.01 Uhr

Katrin Salamon hat auf dem Sattlerbock Platz genommen. Eigentlich hat die 31-Jährige aus Nümbrecht Kinderarzthelferin gelernt. „Aber ich wollte viel mehr mit den Händen arbeiten“, verrät Salamon, warum sie nun im zweiten Lehrjahr zur Sattlerin ist. Gerade bohrt sie eine Stechahle durch dickes Leder, an das Salamon später mit stumpfer Nadel Metallhaken näht. Sie stellt eine Hundeleine her, denn auch solche Lederwaren werden bei Kind produziert.

16.10 Uhr

Ingeborg Huhoff arbeitet ebenfalls mit Leder. Sie näht an der Sitzfläche eines Sitzstocks, den Jäger und Angler nutzen und für den Kind einen eigenen Aufklappmechanismus entwickelt hat. In Huhoffs Rücken hängen Pistolen und Revolver aus Holz an einem Brett: „Waffenmuster für Holster“, erklärt Helmut Kind. Stammkunde der Hunstiger Firma ist übrigens die Polizei: Sie kauft Kinds Angaben zufolge Waffenholster und Gürtel.

16.29 Uhr

Jede Versandware, die auf Paletten die Firmenhalle verlässt, geht durch die Hände von Tim Becher (26) und Fabian Beier (18). Der Hunstiger Beier hat gerade seine Lehre als Fachlagerist begonnen, der Bielsteiner Becher soeben die Abschlussprüfung bestanden. 50 Paletten packt jeder der beiden. Und beide haben denselben Grund für diese Berufswahl: „Wir wollen nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit dem ganzen Körper arbeiten“, sagt Becher und wischt sich den Schweiß von der Stirn. 300 bis 400 Pakete, so berichtet Geschäftsführer Kind, gingen täglich auf die Reise: „Munition wird besonders sicher verpackt und gekennzeichnet.“

16.45 Uhr

Dass der Feierabend zum Greifen nah ist, freut Sinah Sänger. Die 23-jährige Derschlagerin möchte Groß- und Außenhandelskauffrau werden, jetzt aber schuftet sie in der Lager- und Versandhalle. „Diese Station ist Teil jeder Ausbildung“, sagt Helmut Kind. „Und weil wir mehr Platz brauchen, wird das Lager neu eingerichtet.“ Arbeit gebe es also reichlich, erzählt Sänger, die sich fürs Kaufmännische entschieden hat, weil ihr Kalkulation und Organisation „einfach liegen“. Die Übernahmegarantie hat die Auszubildende schon in der Tasche.

17 Uhr

Feierabend. Kind-Angestellte strömen zum Firmenparkplatz und ihren Autos. Stefan Müller aber darf noch nicht gehen. Der Kaufmann ist ebenfalls nach seiner Ausbildung übernommen worden, zurzeit betreut er in Hunstig den Onlineshop und vor allem den Handel über Internetwarenhäuser. „Da bin ich allein für eine Marke zuständig“, freut sich der 23-jährige Gummersbacher über Verantwortung. Aber auch im realen Geschäft hilft er. Und um 18 Uhr hat Müller ebenfalls Schluss.

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