Preußische Forstwirtschaft in Gimborn200 Jahre alte Fichten

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Gimborn – Als der Preuße, genau genommen der preußische Forstmann, vor 200 Jahren ins Rheinland und nach Westfalen kam, war er entsetzt: Der Wald war komplett abgeholzt und zu Kohle für die Eisenindustrie verarbeitet worden. Auch wenn die Preußen an Rhein und Ruhr nicht sonderlich beliebt waren, so prägten sie doch die Natur dort nachhaltig. Systematisch betrieben sie Forstwirtschaft, bauten sukzessive eine Forstverwaltung auf und machten vor allem eines: Sie siedelten die Fichte hier an.

„Die Preußen haben hier Schliff reingebracht“, sagt Günter Dieck, Leiter des Regionalfortsamts Bergisches Land in Gummersbach, und lässt seinen Blick entlang der Naturparkstraße zwischen Marienheide-Gimborn und Kümmeler Kreuz schweifen. Hier nämlich stehen die ältesten Zeugen der besonderen Forsthistorie im Bergischen: 200 Jahre alte Fichten, einzelne Vertreter des so genannten „Prüssebooms“ (Preußenbaum).

Vor 200 Jahren waren Fichte und Kiefer (sie wurde damals in Westfalen angesiedelt) den Einheimischen hierzulande weitgehend unbekannt. Das Bergische war bis dahin ausschließlich Laubwaldgebiet. Für die Aufforstung der brachliegenden Gebiete ließen die Preußen überall schnell wachsende Nadelbaumarten anbauen. Hierzulande traf diese Entscheidung damals allerdings nicht unbedingt auf Gegenliebe.

Der Brotbaum der Forstwirtschaft

Während die Forstwirtschaft mit den anspruchslosen Nadelbäumen verarmte Böden rekultivieren und kurzfristig Holz produzieren wollte, sahen die Bauern darin eine Behinderung der häufig im Wald ausgeübten Viehweide- und Streunutzung. „Also versuchten die Menschen die Preußenbäume zu boykottieren. Sie erhitzten etwa den von den Behörden oft kostenlos verteilten Samen vor der Aussaat in Backöfen, um so die Keimfähigkeit zu unterbinden. Andere trieben ihre Schafe in die jungen Fichtensaatkämpe“, erzählt Dieck lebhaft.

Genützt hat das alles nichts. Die Fichtenwälder etablierten sich trotzdem. 54 Prozent der Bäume im Oberbergischen sind heute Fichten. Doch scheinen die Tage des schnellwachsenden Flachwurzlers gezählt: „Vor allem die Klimaerwärmung wird dem Brotbaum der Forstwirtschaft zu schaffen machen“, prognostiziert Dieck und rechnet vor: „Wenn die Temperatur um etwa zwei Grad ansteigt und der Niederschlag um rund zehn Prozent zurückgeht, reduziert sich der Fichtenbestand um die Hälfte.“

Das ist dann für Oberberg der Moment, wo die Douglasie ins Spiel kommt: „Sie ist seit vielen Jahren schon hier erprobt und wäre ein guter Ersatz.“ Das aus Nadelgehölz aus Nordamerika wächst noch schneller als die Fichte und braucht weniger Wasser.

Die riesigen Fichten, die in Gimborn Kriegen und Stürmen getrotzt haben, nehmen’s gelassen. Rund 50 Meter ragen sie in den Himmel, Kyrill und andere Katastrophen haben sie überstanden und könnten gewiss noch mehr Geschichten erzählen.

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