Tödlicher Quad-Unfall in WaldbrölPolizei dementiert „Jagd“-Gerüchte

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Blumen, Bilder und Lichter an der Unfallstelle im Pochetal sind Ausdruck von Trauer und Fassungslosigkeit.

Blumen, Bilder und Lichter an der Unfallstelle im Pochetal sind Ausdruck von Trauer und Fassungslosigkeit.

Waldbröl – Geklärt ist aus Sicht der Polizei der Hergang des Quadunfalls, der am Freitag vor Pfingsten einer 15-Jährigen aus Waldbröl das Leben kostete. Als Sozia war die Schülerin mit ihrer gleichaltrigen Freundin auf einem Quad im Pochetal zwischen Hufen und Helten unterwegs. Einen Führerschein für das schwere Fahrzeug, das technisch als Auto gilt, konnten beide alleine aufgrund ihres Alters nicht haben.

Zur gleichen Zeit war auf dieser Straße auch ein Streifenwagen der Polizei im Einsatz, allerdings nicht wegen der beiden Mädchen, sondern wegen eines ausgebüxten Rindes. „Für die beiden Kollegen“, so Polizeisprecher Jürgen Dzuballe, „bestand nicht der geringste Anlass, das Quad anzuhalten oder zu kontrollieren, es gab keine Sonderrechte und auch keine Verfolgung.“ Doch die beiden Beamten sahen, dass sich die Sozia zu der Fahrerin nach vorne beugte und nur Bruchteile von Sekunden später kam das Quad von der Fahrbahn ab und stürzte in die Böschung. Die Polizisten übernahmen die Erstversorgung und sahen erst da, dass es sich um zwei junge Mädchen handelte.

Blogger ruft zu Abschiedsrunde auf

Mit dieser Darstellung reagiert Dzuballe auch auf Gerüchte, die im Internet kursieren, wonach die beiden Schülerinnen von der Polizei „gejagt“ worden seien.

Neben solchen Anschuldigungen überwiegen in den sogenannten sozialen Netzwerken wie Twitter, Facebook und Instagram Entsetzen, Trauer und Mitgefühl für das Schicksal des jungen Mädchens, das heute um 12 Uhr auf dem Wiedenhof-Friedhof in Waldbröl beigesetzt wird. Ein Blogger, der sich „Roxito“ nennt, hat eine Kondolenzseite angelegt und dort Tausende von Klicks gesammelt.

Sein Aufruf an „jeden, der sich benimmt ... das heißt, keine durchdrehenden Reifen oder Wheelies, ist zu einer Abschiedsrunde an der Hitlermauer für L. willkommen, je mehr, desto besser ...“, bereitet allerdings der Polizei große Sorgen, die sich für den heutigen Tag entsprechend mit „Präsenz“ wappnen wird. Die beiden Mädchen, die illegal mit dem Quad zu einer Spritztour unterwegs waren, gehörten offenbar mit zur Fangemeinde der sogenannten Grenzgänger, einer Gruppe von Motorradrowdys, deren Drahtzieher nach Erkenntnis der Ermittlungsbehörden durch den Verkauf von Aufklebern, T-Shirts, Zippern, Helm- und Zweiradaufdrucken mit dem Grenzgängeremblem reichlich Geld scheffeln, ebenso durch die bislang 67 Millionen Klicks auf Youtube- und Facebook-Videoclips, die spektakuläre Aktionen und Stunts zeigen. Viele der – jede isoliert für sich überwiegend als Ordnungswidrigkeit einzustufenden Aktionen – wurden in Waldbröl und Umgebung gedreht, die Akten, die derzeit bei der Bonner Staatsanwaltschaft gesichtet werden, umfassen Hunderte Seiten.

Als „Hitlermauer“ gilt in Waldbröl die Mauer der Straße „An der Kirchenhecke“, die seit dem Nato-Doppelbeschluss 1982 die Aufschrift „Nie wieder Krieg“ trägt. Die Mauer diente in unseliger Zeit als Stützmauer für die nie realisierte Adolf-Hitler-Schule, der Name „Hitlermauer“ hat sich bis heute gehalten.

Auf der etwa ein Kilometer langen Straße oberhalb des Wiedenhof-Friedhofes, wo Lorraine am Freitagmittag beigesetzt wird, sind viele der Grenzgänger-Clips gedreht worden.

Während Waldbröl auch im Netz trauert, heischt „Querly“, Karlsruher Kopf der Grenzgänger, um Likes für den Grenzgänger-Internetshop: für zwei neue Kunden gibt es eine Jogginghose mit Grenzgängerlogo zu gewinnen ...

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