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Solarstrom direkt in den BetriebZehnte Fotovoltaikanlage der EGBL steht in Bomig

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Auf dem Bildschirm kann Peter Vierbaum (r.) mit Guido Wendeler (l.) und Thomas Willmer von der EGBL, die Leistungsfähigkeit der Anlage verfolgen, die die Energiegenossenschaft auf dem Dach seiner Halle installiert hat.

Auf dem Bildschirm kann Peter Vierbaum (r.) mit Guido Wendeler (l.) und Thomas Willmer von der EGBL, die Leistungsfähigkeit der Anlage verfolgen, die die Energiegenossenschaft auf dem Dach seiner Halle installiert hat.

Bomig – Den passenden Werbespruch für Peter Vierbaum hatte Thomas Willmer schon parat. „Prothesen und orthopädische Hilfsmittel aus bergischem Sonnenstrom“, textete Willmer, Vorstand der Energiegenossenschaft Bergisches Land (EGBL), schmunzelnd für den Chef des Unternehmens Vierbaum Orthopädie. Denn auf dem Dach von Vierbaums Halle in Wiehl-Bomig betreibt die EGB jetzt ihre zehnte Fotovoltaikanlage. Auf 330 der 450 Quadratmeter Dach stehen die Solarzellen mit einer Leistung von 49 Kilowatt peak.

Ihren Ursprung hat die Energiegenossenschaft in Lindlar. Dort gab es 2008 die Idee, auf dem Dach des Gymnasiums Sonnenenergie zu gewinnen. Als die Gemeinde aus finanziellen Gründen abwinken musste, traten der Förderverein und damit Thomas Willmer auf den Plan: Sie gründeten eine Genossenschaft und errichteten die Anlage selbst.

Klassisches Energie-Geschäft funktioniert mehr

Aus der Elterninitiative wurde schnell mehr, und eine Anlage folgte der nächsten – bis zum Jahr 2012 insgesamt sieben. Eine davon steht auf einem Bürgerhaus, sechs weitere auf Schulen, seit 2010 auch auf der Grundschule in Loope. 2013 kam dann auch noch der gemeinsame Bauhof der Gemeinden Engelskirchen und Lindlar hinzu. „Hier haben wir erstmals, wie jetzt auch bei Vierbaum, nicht nur Strom aus Sonnenenergie gewonnen und ins Netz eingespeist, sondern auch den Bauhof selbst damit versorgt“, erklärt Guido Wendeler, zusammen mit Willmer Vorstand der EGBL. Diese hat inzwischen 280 Mitglieder – darunter auch die Stadt Wiehl und die Gemeinde Morsbach.

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Ein Grund für die „Stromversorgung“: „Das klassische Geschäft, nur Energie ins Netz einzuspeisen, funktioniert nicht mehr“, sagt Wendeler und verweist auf die veränderten Bedingungen bei der Einspeisevergütung.

Wirtschaftlichkeit der Anlagen noch schwierig

Auch als Versorger hat die EGBL aber mit Widrigkeiten zu kämpfen. „Als Drittanbieter zahlen wir fast sieben Cent EEG-Umlage pro Kilowattstunde. Und das, obwohl wir das Netz gar nicht nutzen, für dessen Instandhaltung diese gedacht ist. Der Strom vom Dach geht vom Dach gleich zum Endverbraucher“, sagt Wendeler. Entsprechend schwierig sei es, Anlagen wirtschaftlich zu betreiben – so, dass es sich auch für den „Verbraucher“ lohnt.

„Ein bisschen Spaß an der Sache ist auch dabei“, bekennt deshalb Unternehmer Vierbaum. Eigentlich wollte er als Vorsitzender des TV Osberghausen bei der Sanierung der Sporthalle deren Dachfläche an die EGBL vermieten (wir berichteten). Als das nicht klappte, stellte er eine seiner Hallen in Bomig zur Verfügung, in der unter anderem an 3D-Druckern die Leisten für orthopädische Schuhe entstehen. Und ein bisschen was habe er auch davon, erzählt Vierbaum: „Im Schnitt verbrauchen wir 180 Kilowattstunden am Tag. Und pro Stunde zahle ich einen Cent weniger als vorher.“

Genossenschaft als Partner beim Windpark an der A4?

„Eigentlich“, sagt EGBL-Vorstand Guido Wendeler, „wollen wir ja eine Energiegenossenschaft sein und keine Fotovoltaikgenossenschaft“. Der Einstieg in andere Arten der Energiegewinnung erwies sich bisher für die Genossenschaft allerdings als schwierig. So scheiterten zum Beispiel vor knapp vier Jahren die Pläne für eine Wasserkraftturbine am alten Ründerother Agger-Wehr. „Die Untersuchungen haben einfach ergeben, dass der Betrieb nicht wirtschaftlich wäre“, erklärt Wendeler.

Vielleicht ergibt sich demnächst aber ein anderes Betätigungsfeld für die Energiegenossen. Wie Wendeler und Vorstandskollege Thomas Willmer am Rande der Eröffnung in Wiehl-Bomig mitteilten, befinden sie sich in ersten Gespräche mit dem Energieunternehmen Gelsenwasser, das bis zu elf Windräder entlang der Autobahn 4 bauen will, vier davon auf dem Gebiet der Gemeinde Reichshof.

Zusammenarbeit mit Anbietern vor Ort

Auch Stephan Dohe, Leiter der Projektentwicklung Windenergie bei Gelsenwasser, bestätigte das. „Die Gespräche sind aber noch in einem sehr frühen Stadium“, betonte er. Es sei das Prinzip des Unternehmens, das gerade unter anderem Anlagen im Münsterland und am Niederrhein baut, bei solchen Projekten mit Partnern vor Ort zusammenzuarbeiten – zum Beispiel Stadtwerken oder wie in diesem Fall die EGBL.

Nachdem die neue NRW-Landesregierung im Koalitionsvertrag Veränderungen bei den Zulässigkeitsvoraussetzungen und Abstandsregelungen für solche Anlagen angekündigt hatte, warte Gelsenwasser zurzeit noch auf die neuen Vorgaben aus Düsseldorf, wie Dohe erklärte. Vor allem der angekündigte neue Windenergieerlass werde mit Spannung erwartet.

Auf den Zeitplan von Gelsenwasser, so Projektentwickler Dohe, habe die politische Entwicklung bisher keinen Einfluss gehabt. Aufgrund der noch notwendigen Genehmigungen und der anderen zu durchlaufenden Verfahren könnte der Windpark ohnehin frühestens 2020 gebaut werden. Lediglich eine Ende Juni im sauerländischen Drolshagen geplante Informationsveranstaltung für die Politik habe bisher abgesagt werden müssen. (kmm)

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