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NaturschutzBiologische Station führt durch einen abgelegenen Steinbruch

Lesezeit 3 Minuten

Schümmerich – Die wohl erfolgreichste Artenschützerin in Lindlar ist knapp 170 Zentimeter groß, mit dichtem Fell und vier Beinen ausgestattet und hört auf den Namen Willow. Menschen mag sie nicht. Das Exmoor-Pony trottet durch den stillgelegten Steinbruch Bolzenbach und wirbelt dabei Staub auf. Genau darauf komme es an, erklärt Christoph Weitkemper von der Biologischen Station Oberberg (BSO) den 30 Interessierten, die ihn beim Abendspaziergang zwischen Schümmerich und Voßbruch begleiten.

Je stärker Willow mit den Hufen scharrt, desto begeisterter ist der Forstingenieur. Das augenscheinlich bloße Trampeln im Dreck ist der entscheidende Schritt für die Artenvielfalt, mit der sich der „Steinbruch Bolzenbach“ abhebt.

Bis 2012 brach der Lindlarer Steinhauer Hans-Josef Fischer auf dem drei Hektar großen Gelände Grauwacke – zuletzt in aufwendiger, aber naturschonender Handarbeit. Als das letzte Gestein gefördert war, holte die BSO die Ponyhalterin Anna Yona nebst Willow auf die stillgelegten Abbauhalden. Der Vierbeiner, wild aufgewachsen in einem niederländischen Naturschutzgebiet, sollte seltenen Amphibien den Weg nach Schümmerich bereiten. Allen voran der Geburtshelferkröte, deren Bestand in den letzten Jahrzehnten im Bergischen dramatisch abgenommen hat.

Geburtshelferkröte

„Glockenfrosch“ oder „Steinklinger“ sind Namen, unter denen die Geburtshelferkröte im Bergischen bekannt ist. Grund für die Bezeichnungen ist der Paarungsruf der Kröten. Ihren offiziellen Namen trägt sie, weil das Männchen den Laich aufnimmt, sich das Gelege um die Hinterbeine wickelt und 20 bis 40 Tage trägt. Dann bringt es die Kaulquappen ins Wasser.

Die Geburtshelferkröte ist streng geschützt und steht in Deutschland auf der Roten Liste.

Die Idee: Diese Lebewesen benötigen offene Geröllhalden. „Ideal ist ein Mix aus Felswänden, sandigen Böden und lockeren Steinen, die auch mal bewegt werden“, berichtet Weitkemper. Überlasse man einen Steinbruch sich selbst, wachse er schnell zu. Damit wiederum fehlten sonnengewärmte Steinplatten und offene Gewässer.

Je mehr Brombeerbüsche, junge Bäume, Zweige und Gräser Willow und ihre Nachkommen Jazz und Rohan verputzen, desto besser für die langschenkligen Mitbewohner. Obendrein lockern sie das Gestein mit ihren Hufen, fressen das Gras an den Tümpeln und sorgen so für Licht am Wasser.

Nach drei Jahren zieht Weitkemper ein positives Fazit des Projektes. Der neunjährige Jonathan hat schnell eine Erdkröte entdeckt, andere aus der Gruppe sichten eine Gelbbauchunke. Der typische Gesang der Geburtshelferkröte bleibt an diesem Abend aus. Wahrscheinlich, weil die Wetterlage sich ändere, vermutet der BSO-Mitarbeiter.

Zu bestaunen gibt es dafür ihren letzten Laich des Sommers. Die Kaulquappen werden in dem kleinen See überwintern und im Frühjahr die neue Generation der Geburtshelferkröten stellen. Dabei wachsen die Kaulquappen auf deutlich über zehn Zentimeter an. „Sie werden einmal größer sein als die fertige Kröte“, sagt Weitkemper. Willow ignoriert die Menschen am See weiter. Als sie das niederländische Naturschutzgebiet verlassen musste, habe niemand das Tier haben wollen, erinnert sich Anna Yona. Willow lässt sich den nächsten Brombeerzweig schmecken und ahnt nicht, wie wichtig dies ist.

Zur Fledermaus-Nacht in Wipperfürth lädt die Biologische Station am Samstag, 27. August. Treffpunkt ist um 19.45 Uhr an der Basisstation Wasserquintett, Lüdenscheider Straße. Erwachsene: 4 Euro, Kinder 2 Euro, Familien 10 Euro. Anmeldung unter Telefon 02293/9015-0.

www.biostationoberberg.de

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