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Wipperfürther Tanzschule schließtDer letzte Walzer an der Ringstraße

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Generationen von Wipperfürthern haben bei Dorothee und Bernd Böhlefeld tanzen gelernt, jetzt schließt ihre Tanzschule. Hausbesitzer Werner Kemmerich würde das Gebäude gerne wieder an eine Tanzschule vermieten – die Verhandlungen laufen noch.

Generationen von Wipperfürthern haben bei Dorothee und Bernd Böhlefeld tanzen gelernt, jetzt schließt ihre Tanzschule. Hausbesitzer Werner Kemmerich würde das Gebäude gerne wieder an eine Tanzschule vermieten – die Verhandlungen laufen noch.

Wipperfürth – Am zweiten Weihnachtstag laden Dorothee und Bernd Böhlefeld – wie seit vielen Jahren – zum traditionellen Weihnachtsball in die Tanzschule. Wenn dann die Melodie von „The last Waltz“ erklingt, werden viele Besucher feuchte Augen bekommen. Denn die Tanzschule an der Ringstraße schließt zum Jahresende, der Ball ist der traurige Abschied einer Wipperfürther Institution.

Weihnachtsball

Der letzte Weihnachtsball in der Tanzschule Böhlefeld findet statt am Montag, 26. Dezember, ab 20.30 Uhr. Tanzkurse soll es mit den Böhlefelds weiter geben, über Angebote will das Ehepaar auf seiner Internetseite informieren.

www.tanzschule-

boehlefeld.de

Alles begann 1949, als Paul Böhlefeld seine Ausbildung zum Tanzlehrer abschloss. „Zusammen mit meiner Mutter Anneliese zog er von Ort zu Ort“, erinnert sich Bernd Böhlefeld. Der Unterricht der Tanzschule Böhlefeld fand in Gaststätten und Jugendheimen statt – von Radevormwald, bis nach Wipperfürth, Lindlar und Meinerzhagen. Immer dabei: Ein Koffer für den Schallplattenspieler und die Musik.

1967 hielt die Tanzschule Böhlefeld einen Kurs in Kreuzberg ab. Bernd Böhlefeld, obschon gelernter Maurer, half seinen Eltern gerne aus. Dabei verguckte er sich in ein 14-jähriges Mädchen und tanzte mit ihr den ganzen Abend. Aus einem Flirt wurde Liebe, und 1972 heirateten Bernd und Dorothee Böhlefeld. Beide beitrieben das Tanzen zunächst nur als Hobby – das aber sehr erfolgreich. Bei den NRW-Meisterschaften im Lateintanz wurde sie in der B-Klasse Landesmeister, im Standard tanzten sie sich in der A-Klasse unter 80 Paaren auf Platz fünf. Sogar bei den Deutschen Meisterschaften schwebten sie über das Parkett. „Besonders gerne haben wir Jive, Paso doble und Quickstepp getanzt“, erinnert sich Dorothee Böhlefeld – „aber eigentlich liebe ich alle Tänze. Denn jeder Tanz hat seinen eigenen Rhythmus und Charakter.“

Als sie als Turniertänzer fast alles erreicht hatten, beschloss das Ehepaar, das Tanzen zum Beruf zu machen. Die Ausbildung zum ADTV-Tanzlehrer erfolgte in Köln und bei den Eltern. 1979 eröffnete das Paar seine erste Tanzschule in Meinerzhagen, in den Räumen einer früheren Zeitungsdruckerei. „Der Raum hatte drei Säulen, eigentlich konnte man da gar nicht tanzen“, erinnert sich beide „aber dann ging es irgendwie doch“. 30 Jahre lang bestand die Tanzschule Böhlefeld in Meinerzhagen, „2009 haben wir uns schweren Herzens davon getrennt“, sagt Dorothee Böhlefeld.

1984 nahm das Ehepaar die nächste Hürde in Angriff. Sie pachteten den großen Kinosaal an der Wipperfürther Ringstraße und bauten ihn mit viel Muskelhypothek und der Hilfe eines befreundeten Schreiners komplett um. „Da kam mir mein früherer Beruf als Maurer sehr zugute“, erzählt Bernd Böhlefeld.

Tanzlehrer müssen immer lächeln, auch wenn ihnen vielleicht gar nicht danach zumute ist, und sie arbeiten dann, wenn alle anderen freihaben. Der Beruf sei nicht immer ganz einfach, räumt Dorothee Böhlefeld ein. Doch es gebe viele schöne Seiten. So menschelt es beim Tanzen ganz gewaltig, und so manche Schüler wurden in der Tanzschule zum Paar. „Wir haben viele Menschen miteinander verkuppelt“ – Bernd Böhlefeld muss schmunzeln.

Ob Kinder, Jugendliche oder Erwachsene, Anfänger, Fortgeschrittene und Turniertänzer - wie vielen Menschen die Böhlefelds Wiegeschritt, Kicks und den richtigen Hüftschwung begebracht haben, weiß niemand genau. „Zum Teil haben wir drei Generationen unterrichtet – gleichzeitig“, sagt Dorothee Böhlefeld. Doch jetzt soll Schluss sein. Alter und die Gesundheit fordern ihren Tribut. „Ich habe voriges Jahr zwei neue Kniegelenke bekommen, die Nachmittagskurse für Kinder kann ich nicht mehr machen“, sagt die Tanzschulinhaberin. Und weil zudem Ende 2016 der Pachtvertrag ausläuft, wird die Schule an der Ringstraße die Türen schließen. Der Versuch, eine Nachfolgerin zu finden, sei gescheitert.

Viele sind darüber traurig. „Generationen von Wipperfürthern haben hier Tanzen gelernt“, erinnert sich etwa Wolfgang Schäfer, der dort tanzen lernte. „Dass die Tanzschule Böhlefeld schließt, ist sehr, sehr bedauerlich“, findet auch Volker Barthel, der dort regelmäßig tanzt.

Doch die Füße jetzt hochzulegen statt über das Parkett zufegen – nein, das können sich die Böhlefelds nicht vorstellen. „Da wird man ja depressiv“, sagt Dorothee Böhlefeld halb im Spaß und halb ernst. „Wir treten kürzer, aber wir sind von vielen Paaren bedrängt worden, das wir doch nicht so einfach aufhören könnten.“ Künftig wird es vielleicht den einen oder anderen Tanzkurs in einem gemieteten Saal geben – so wie schon vor 67 Jahren.

Was aus dem Gebäude an der Ringstraße 67 wird, steht noch nicht fest. „Wir haben Interesse daran, dass es dort auch weiterhin eine Tanzschule gibt“, sagt Eigentümer Werner Kemmerich. Es gebe einen konkreten Interessenten, die Verhandlungen seien aber noch nicht abgeschlossen.

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