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Odenthal„Die Kirche ist kein Supermarkt“ – Abschied von Pfarrer Mike Kolb

Lesezeit 6 Minuten
Pfarrer Mike Kolb verlässt das Haus Altenberg und wechselt ins Kölner Generalvikariat.

Pfarrer Mike Kolb verlässt das Haus Altenberg und wechselt ins Kölner Generalvikariat.

Odenthal – Nach elf Jahren als Rektor von Haus Altenberg und Diözesan-Jugendseelsorger verlässt Pfarrer Mike Kolb die katholische Jugendbildungsstätte in Altenberg und wechselt ins Kölner Generalvikariat.

Über seine Zeit in Odenthal, Herausforderungen der Jugendpastoral und die noch nicht ganz abgeschlossene Sanierung von Haus Altenberg haben Daniela Fobbe-Klemm und Guido Wagner mit dem 42-Jährigen gesprochen.

Herr Kolb, wie fühlt es sich an, Altenberg zu verlassen?

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Gefühlsmäßig ist das eine Herausforderung. Aber für mich stand von Anfang an fest, dass ich Altenberg nach der Sanierung der Jugendbildungsstätte verlassen werde.

Nun ist die Sanierung von Haus Altenberg nach vier Jahren noch nicht abgeschlossen. Schmerzt Sie das?

75 Prozent sind umgesetzt. Aber es stimmt schon, ich hätte mir gewünscht, ein fertiges Haus an meinen Nachfolger Tobias Schwaderlapp zu übergeben. Es war eine sehr komplexe Herausforderung. Aber alles ist beschlossen und bemustert, jetzt geht es nur noch darum, die restlichen Dinge fertigzustellen.

Etwa die Kapelle, die ja eigentlich am Christkönigtag Ende November geweiht werden sollte?

Sie wird in der Tat erst am 28. April geweiht. Es gab einige handwerkliche Fehler. Da mussten einige Sachen zurückgebaut werden. Und wenn Wasser in das Gebäude eindringt, kann man keinen Fußboden oder elektrische Leitungen einziehen. Die Weihe der Kapelle wird die erste große Veranstaltung sein, die Tobias Schwaderlapp wahrnimmt. Wir haben den Termin bewusst kurz vor die Feier des Altenberger Lichtes am 1. Mai gelegt.

Wie sieht der Betrieb in Haus Altenberg denn derzeit aus?

Nach der offiziellen Einweihung des noch nicht ganz vollendeten Hauses im August 2016 ist der Betrieb tatsächlich im September angelaufen. Das Provisorium ist sehr gut angenommen worden. Wir belegen derzeit etwa 140 Betten, auch im Alten Brauhaus. Außerdem laufen Personalgespräche etwa für den Posten des Küchenmeisters oder den Empfang. Aber auch die Nachfolge von Domladen-Leiterin Elisabeth Bosbach-Dohmes steht an.

Wann wird denn der Domladen umziehen können?

Das steht noch nicht fest. Vor Ende März wird das kaum geschehen können.

Was macht für Sie die Bedeutung von Altenberg aus?

An Altenberg haben viele Menschen ihr Herz verloren, es ist für sie ein Ort, mit dem sie positive Erinnerungen verbinden. Das trifft auf die Jugendlichen zu, die in Haus Altenberg ihr Christsein zum ersten Mal bewusst gespürt haben. Aber auch auf die Menschen, die hier leben und für die Altenberg ein Ort ist, an dem sie zur Ruhe kommen. Zugleich ist aber genau diese Nostalgie auch das Problem.

Was meinen Sie damit?

Die nostalgische Verklärung ist einer der Gründe, warum viele Menschen nicht wollen, dass sich in Altenberg etwas verändert. Letztlich ist daran auch die geplante Umgestaltung im Rahmen des Strukturförderprogramms Regionale 2010 gescheitert. Das ist für den Ort aber nicht gut. Oft ist das hier in Altenberg eher ein Nebeneinander als ein Miteinander; das ist nicht immer glücklich.

Derzeit gibt es einige Themen in Altenberg wie Parkplatzsituation oder die Frage der öffentlichen Toiletten, bei denen sich dringend etwas ändern muss. Wo sehen Sie da das Erzbistum in der Pflicht?

Wir haben mit dem knapp 40 Millionen Euro teuren Umbau schon sehr viel für den Ort getan. Etwa mit der Verlegung der Pforte von Haus Altenberg zum Ort hin oder dem Rundweg hinter Haus Altenberg. Wir waren ja auch bereit, Parkplätze an der Orangerie zu schaffen, wenn denn die Gemeinde ihren Teil dazu beigetragen hätte. Das hat die Politik aber abgelehnt.

Der Pachtvertrag für die öffentlichen Toiletten im alten Brauhaus ist nun noch einmal verlängert worden. Wie sehen Sie dort die Zukunft?

Im Laufe des Jahres wird das Erzbistum eine Entscheidung treffen, wo ein neues Exerzitienhaus entsteht, Altenberg ist nicht aus dem Rennen, aber es gibt noch andere Standorte.

Das heißt, es ist nicht sicher, dass die Exerzitieneinrichtung des Erzbistums nach Schließung des Edith-Stein-Hauses in Siegburg und nach Ende der Sanierung von Haus Altenberg in das alte Brauhaus am Dhünn-Ufer zieht?

Es kann sein, dass das Brauhaus auch künftig zur Verfügung steht. Über einen Pachtvertrag und eine Sanierung könnte man dann sicher mit der Gemeinde reden. Der neue Bürgermeister ist ja jemand, der auf die Menschen zugeht und mit dem man reden kann.

Wie sehen Sie die seelsorgerische Zukunft Altenbergs?

Mein Wunsch ist, dass es uns gelingt, den Menschen zu vermitteln, dass Altenberg ein Schatz ist, den es gemeinsam zu erhalten gilt. Wir brauchen solche ansprechenden Orte, aber auch begeisternde Persönlichkeiten. Die Frage ist heute: Hat die Person des Priesters etwas zu sagen? Kann er die Menschen begeistern? Glaubwürdigkeit ist auch wichtig. Es geht um die Atmosphäre, viele wollen hier runterkommen, weg vom Leistungsanspruch, das muss Kirche berücksichtigen.

In Ihrer neuen Aufgabe als Leiter der Hauptabteilung Seelsorge-Personal im Generalvikariat sind Sie auch damit befasst, Seelsorger für vakante Stellen in Gemeinden zu finden. Wird es angesichts des Priestermangels nicht schwieriger, begeisternde Persönlichkeiten zu finden?

Das ist sicher eine Aufgabe, um die beneidet man einen nicht. Aber es gibt sie, begeisternde Persönlichkeiten. Und mein Nachfolger als Diözesanjugendseelsorger, Tobias Schwaderlapp, ist nur ein gutes Beispiel dafür.

Eine Gruppe von Priestern im Erzbistum Köln hat gerade mit einem Brief an den Kardinal für Aufsehen gesorgt, in dem sie sich unter anderem für die Abschaffung des Pflichtzölibats aussprechen. Wäre das ein Ansatz, das Priesteramt zu verändern, um es mehr Menschen zu ermöglichen?

Natürlich wird über diesen Brief gesprochen. Ich persönlich glaube aber, wir müssen einen Schritt weiter gehen und uns fragen: Was braucht der Mensch heute? Und wie muss Kirche sein? Einfach den Pflichtzölibat aufzuheben und auch Frauen zu Priestern zu weihen, wäre in etwa so, als wäre die Kirche ein Supermarkt, in dem man merkt, dass weniger verkauft wird, und deshalb schaut, wie man das Angebot attraktiver präsentiert, damit der Umsatz wieder steigt. Die Kirche ist aber kein Supermarkt.

Wie sollte sich Kirche stattdessen verhalten?

Es geht nicht um die Frage „Wie bekommen wir neues Personal?“ Vielmehr müssen wir die Not begreifen als einen Hinweis Gottes, dass es so nicht weitergeht. Die Idee des Kardinals bezüglich des pastoralen Zukunftskonzepts ist es, dass wir 50 Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil das entdecken, was andere Ortskirchen schon längst haben. Es gibt Länder wie die Philippinen, in denen gibt es noch viel weniger Priester, und doch sind die Gemeinden da sehr lebendig, weil die Gemeindemitglieder sich selbst engagieren und Kirche lebendig machen.

Ihre neue Aufgabe ist im Vergleich zur Jugendseelsorge, für die Sie bislang zuständig waren, sagen wir mal, mehr administrativer Natur …

Ja, das ist ein Bürojob.

Bedauern Sie das?

Wenn es nur nach meinen Wünschen gegangen wäre, dann wäre ich gerne wieder in eine Gemeinde gegangen und Pastor geworden. Dass ich jetzt eine andere Aufgabe habe, hat mich jetzt nicht zu großen Jubelsprüngen veranlasst, aber es ist in Ordnung. Die sensible Begleitung des seelsorgerischen Personals, ich bin ja jetzt für Priester, Diakone und Pastoral- und Gemeindereferenten und -referentinnen zuständig, ist eine Herausforderung, der ich mich gerne stelle.

Wenn Sie auf Ihre Altenberger Jahre zurückblicken: Was nehmen Sie mit?

Es waren elf sehr prägende Jahre. Es war eine sehr traditionelle Welt, aus der ich kam und hier war es mehr die Begegnung auf Augenhöhe. Ich bin jung geblieben – mit den jungen Leuten.

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