„Rohrpost“-IdeeBekommt Bergisch Gladbach ein unterirdischen Transportsystem?

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Bergisch Gladbach – Noch sind die elektrisch gesteuerten „Cargo Cap“-Frachtmodule Zukunftsmusik für die Kreisstadt.

Das könnte sich ändern, gab es doch im Ausschuss für Infrastruktur überraschend eindeutige Signale: Eine politische Mehrheit könnte sich das U-Bahn-Liefersystem mit zentralen Logistikzentren tatsächlich vorstellen. CDU und SPD hatten die Fracht-Idee in einem gemeinsamen Antrag eingebracht, im Ausschuss gab es von allen Ratsfraktionen Rückendeckung, am Projekt dranzubleiben.

Vielleicht sausen tatsächlich solche Container irgendwann im Untergrund der Kreisstadt.

Offenbar kommt der Cargo-Cap-Frachtzug gerade jetzt richtig ans Rollen: Die Stadt, so die Entscheidung der Politik, solle schnellstmöglich Kontakt zu NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) aufnehmen.

Wer zuerst kommt, mahlt zuerst: Groschek plane, so berichtete es SPD-Vertreter Michael Zalfen, beim nächsten Treffen aller Landesverkehrsminister eine bundesweite Pilotstudie zur Machbarkeit von Cargo Cap zu initiieren. Dafür müsste der NRW-Minister seine 15 Kollegen überzeugen von der Sinnhaftigkeit des Cargo-Cap-Systems. Das Treffen soll in den nächsten Tagen stattfinden.

Dass Bergisch Gladbach eine Pilotstadt für Cargo Cap werden könnte, machte Zalfen mehr als deutlich. Der Politiker hatte im Deutschlandfunk mit Cargo-Cap-Vertretern und auch mit Minister Groschek diskutiert. Was in der Radiodiskussion als Kernaussage mitgeteilt wurde: Es soll Wirtschaftsunternehmen in Bergisch Gladbach geben, die Interesse an Cargo Cap haben.

Und es soll Investoren geben, die in Bergisch Gladbach investieren wollen in das unterirdische Frachtsystem. Namen nannte Zalfen in diesem Zusammenhang nicht, doch wird die Stadt jetzt Unternehmen und Investoren an einen Tisch bringen. Bei diesem Treffen soll es um die Kosten gehen, die eine Machbarkeitsstudie kostet.

Auf Anregung der Grünen gehört auch eine Einbindung des Güter-Bahnverkehrs mit zum Prüfauftrag sowie die Suche nach einer Cargo-Cap-Trasse, zusätzlich zum alten Bahndamm.

Auch die Kosten, die die Interessenten für die Machbarkeitsstudie zu zahlen bereit sind, sind Thema des Treffens. Weil die Stadt ja nicht selbst als Bauherr oder Investor auftrete, solle sie eine Rolle als Vermittlerin übernehmen, argumentierte Zalfen und verwies auf die im Antrag geschilderten positiven Effekte: Einnahmen aus Nutzungsgebühren könnte die Stadt bei einer Umsetzung verbuchen, zudem die Lkw-Zahl verringern und die Luftbelastung durch Schadstoffe reduzieren.

Cargo Cap

Die Idee eines unterirdischen Transports geht zurück ins 19. Jahrhundert. In Berlin wurde 1865 die erste Rohrpost Deutschlands gebaut. In Ostberlin lief das System bis 1986, das Streckennetz war bis zu 400 Meter lang. Statt Briefen und Paketen soll Cargo Cap riesige Frachtcontainer auf Europaletten befördern, und zwar mit einem elektrischen Antrieb. Der benötigte Durchmesser der Rohre liegt bei etwa 1,60 Meter. Die Kapseln könnten mit einer Geschwindigkeit von 36 Stundenkilometern durch den Untergrund transportiert werden. Die Kapsel-Idee geht zurück auf Dietrich Stein von der Bochumer Ruhr-Universität. (cbt)

Bürgermeister Lutz Urbach (CDU) hat bereits Pflöcke gesetzt. Ein „wichtiger Baustein“ könnte das elektrische Liefermodell werden, heißt es in der Vorlage der Verwaltung. Der im Juni 2017 die Arbeit aufnehmende Mobilitätsmanager der Stadt werde das Projekt prüfen, Cargo Cap könnte das „Mobilitätsband“ der Stadt weiter komplettieren, formulierte Urbach in den Ausschusspapieren.

Skeptischere Worte fand Roland Schundau (Grüne). Das Projekt sei über 30 Jahren alt, Logistikzentren machten ohne mitmachende Unternehmen keinen Sinn. Und ob es die gebe, stehe nicht fest. Alter Wein in neuen Schläuchen also. Eine „innovative Idee“, lobte Jörg Krell (FDP) zunächst. Aber Cargo Cap habe schon häufiger mitgeteilt, bald starten zu können; die Ansagen der Stadt seien sehr optimistisch formuliert. Maik Außendorf (Grüne) kritisierte fehlende Zahlen, deshalb sei eine Bewertung schwierig. Für die Verwaltung formulierte der Erste Beigeordnete Harald Flügge die unterstützende Linie: „Es ist klug, sich mit dem Projekt zu beschäftigen.“

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