625-jähriges BestehenDas kleine Bergisch Gladbacher Dorf Oberselbach hat große Pläne

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Nicht nur von oben sieht Oberselbach hübsch übersichtlich aus. Ganze 14 Einwohner hat der Weiler, der jetzt 625 Jahre alt wird.

Nicht nur von oben sieht Oberselbach hübsch übersichtlich aus. Ganze 14 Einwohner hat der Weiler, der jetzt 625 Jahre alt wird.

Bergisch Gladbach – 14 Einwohner, ein Hund, eine Katze und zwei Schafe – Oberselbach ist überschaubar. Das vielleicht kleinste Dörflein auf Bergisch Gladbacher Stadtgebiet weist genau acht ordentlich durchnummerierte Häuser auf, eines von ihnen steht derzeit leer.

Doch so klein der Weiler, so lang ist seine Geschichte: Vor 625 Jahren wurde der Ort erstmals urkundlich erwähnt; ein Jubiläum, das mit allen Bewohnern gefeiert werden soll.

„Das ist ja auch überschaubar“, sagt Ralf Hirsch lächelnd, der zwar kein gebürtiger Oberselbacher ist, aber immerhin schon seit 39 Jahren hier wohnt und damit wie selbstverständlich Rederecht besitzt.

Überhaupt sind die Oberselbacher aufgeschlossen Fremden gegenüber, weiß auch Dieter Adams, den es erst vor vier Jahren aus Köln hierher verschlug und dem dieser „Makel“ seither großzügig nachgesehen wird. Im Gegenteil, Zuzüge sind in Oberselbach ausdrücklich erwünscht. Denn die allgemeine demografische Entwicklung hat auch vor dem bergischen Weiler nicht halt gemacht.

Kein Kind mehr im Ort

Lebten hier vor 50 Jahren noch 35 Menschen, darunter zehn Kinder, sank die Zahl danach unaufhaltsam auf die heutigen 14 Einwohnern, „darunter kein einziges Kind mehr“, bedauert Günter Müller. Dessen Familie stammt von dem Ur-Hof, der seit dem Mittelalter hier existierte.

Diesen negativen Bevölkerungstrend würde man gern stoppen und den Ort beleben. „Wir wollen nicht, dass Oberselbach stirbt, sondern das Dorf auf den Generationenwechsel vorbereiten“, erklärt Müller.

Zu diesem Zweck hat man vor wenigen Tagen den Dorfverein Oberselbach gegründet, einen eingetragenen Verein, der demnächst auch im Internet präsent sein soll und sich die Pflege der Dorfgemeinschaft auf die Fahnen geschrieben hat. Die Gründungsversammlung, zu der auch inzwischen fortgezogene Kinder anreisten, war gut besucht: 26 Mitglieder konnte man in das Register eintragen.

„Der Verein will sich nicht nur auf die Einwohner beschränken, sondern nimmt jeden auf, dessen Herz für Oberselbach schlägt“, verkündet Müller, der als Vorsitzender diese Voraussetzung naturgemäß erfüllt. Ebenso wie sein Stellvertreter Rainer Olpen und die weiteren Vorstandsmitglieder Sabrina Olpen, Ralf Hirsch, Dieter und Dennis Adams.

Für sie alle ist Oberselbach einzigartig. Obwohl das bei genauer Betrachtung nicht stimmt. Denn Oberselbach, dessen Name sich von sumpfigem Grund ableitet, existiert nicht nur in Bergisch Gladbach, sondern gleich jenseits der Straße auch auf Kürtener Gemeindegebiet noch einmal. „Dort gibt es sogar unsere Hausnummer 6, was regelmäßig dazu führt, dass die Post bei uns Pakete abliefert, die gar nicht für uns bestimmt sind“, berichtet Müller lachend.

Der neue Verein möchte alte Bräuche pflegen, über den Ort und seine Geschichte informieren und das Dorfgefühl stärken. „Früher haben die Leute abends alle vor den Häusern gesessen, und dann wurde erzählt“, sagt Müller. „Heute ist das nicht mehr so.“ Auf einem freien Grundstück zwischen den Häusern soll daher ein kleiner Dorfplatz als Treffpunkt entstehen.

Ein altes Hofkreuz will man restaurieren und dorthin versetzen. Dort soll künftig geredet und gefeiert werden können, nicht nur zu Zeiten der Fußball-Welt- oder Europa-Meisterschaften, wenn man bisher schon immer das Dorf in die „Arena“ zum Public Viewing gebeten hat.

Vor 50 Jahren wurde im Weiler, der bis heute über eine eigene Wasserversorgung aus der nahen Quelle verfügt, noch Landwirtschaft im Nebenerwerb betrieben. Zwischen acht und zehn Milchkühe standen damals jeweils bei den Familien Olpen, Müller und Busch im Stall. Heute erinnern nur noch der Traktor „Klaus“ sowie die beiden Schafe Frieda und Lotta an diese Zeit. Letztere – „total bio“, so Ralf Hirsch – können dennoch gelassen in die Zukunft schauen, denn für den Verzehr sind sie nicht vorgesehen; aus Sympathie und vielleicht auch, weil man die Zahl der Oberselbacher nicht weiter dezimieren möchte.

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