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AuszeichnungDarum ist der Park von Schloss Lerbach ein besonderes Denkmal

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Die Parkanlage wurde gleichzeitig mit dem Neubau von Haus Lerbach geplant.

Die Parkanlage wurde gleichzeitig mit dem Neubau von Haus Lerbach geplant.

Bergisch Gladbach – Ein Juwel soll aufpoliert werden: Der Park von Haus Lerbach, einst nach dem Ideal englischer Landschaftsparks angelegt, gilt als Kunstwerk des Gartenbaus. Doch die Zeit hat der um 1900 angelegten Parkanlage etliche Makel zugefügt, die das Gesamtkonzept bisher zwar nicht zerstören konnten, die aber inzwischen unübersehbar sind.

Nun hat der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz den Park zum Denkmal des Monats erklärt. Nicht nur, weil der Park zu den herausragenden Gartendenkmälern im Rheinland gehöre, so Vorstandsmitglied Ulrich Krings, sondern weil der Verein besonders gern Objekte auswähle, denen es „nicht so gut“ gehe oder die gar gefährdet seien.

Haus und Parkanlage gelten als architektonisches Ensemble, Zeugnis der Geschichte der Familie Zanders wie auch der Stadtgeschichte. „Wir wollen damit einen Anstoß für die notwendige Erhaltung, Wiederherstellung und Pflege des Parks von Haus Lerbach geben“, erklärte Thomas Klostermann, der bei der Präsentation des „Denkmal des Monats“ im Lerbacher Park die Historie von Haus und Gartenanlage nachzeichnete. Denn wie das Gebäude, das derzeit fast komplett eingerüstet ist und aufwendig renoviert wird, benötige auch die Parkanlage eine Restaurierung auf der Grundlage der ursprünglichen Planung.

Dynamisches Bauwerk

Eine Gartenanlage sei ein dynamisches Bauwerk, so Klostermann. Deren Elemente seien schon deshalb dauerndem Wandel unterzogen, weil sie stetig wüchsen. Wind und Wetter, der normale Alterungsprozess von Pflanzen, aber auch Krankheiten und Schädlingsbefall verändern den Bewuchs, die Sichtachsen – kurz den Gesamteindruck. Und der war nie ein Produkt des Zufalls, sondern genauer Planung.

Als das Fabrikantenehepaar Richard und Anna Zanders 1893 das alte Schloss Lerbach kauften und wenig später den damaligen Münchner Star-Architekten Gabriel von Seidl sowie Ludwig Bopp anwarben, um den Neubau des heutigen Hauses Lerbach zu errichten, da erhielt auch der Landschaftsgärtner und spätere Berliner Gartendirektor Albert Brodersen den Auftrag, für die Außenanlagen zu sorgen. Er arbeitete überwiegend für Großindustrielle im Rheinland, aber auch in Berlin und Potsdam. So entwarf er unter anderem den Park der Liebermann-Villa am Wannsee, war aber auch an der Gartensiedlung Gronauer Wald beteiligt.

Große Eingriffe in die Natur

„Über den Planungsprozess wissen wir wenig“, berichtete Klostermann. Allerdings gingen dem, was sich heute in Lerbach so malerisch in die Landschaft einfügt, offenbar große Eingriffe in die Natur voraus. „Die Lage des Hauses Lerbach erscheint den meisten Besuchern ... als etwas Selbstverständliches“, schrieb Brodersen einmal. „Die großen Erdbewegungen, die notwendig waren, sind nicht zu erkennen... Da Haus steht heute rund neun Meter höher, wie das ehemalige...... Welche Opfer an Bäumen und ganzen Waldteilen gebracht werden mussten, um die heutige Situation zu erhalten, wird glücklicherweise nicht gesehen.“

Der Architekt hatte auf einem Teil des rund 300 Hektar umfassenden Areals des Gutes gleich drei Gärten geschaffen. Zum einen gab es den Nutzgarten nördlich des Herrenhauses mit Obstbäumen und Gemüsebeeten sowie mehreren Gewächshäusern, hier standen unter anderem ein Weinhaus, ein Warm- und Kalthaus sowie ein Pfirsichhaus. In unmittelbarer Nähe zum Gebäude gestaltete er zudem einen formal-architektonischen Abschnitt zu Repräsentationszwecken. Symmetrisch angeordnete Pflanzungen in Kübeln und auf Terrassen sowie ein antiker Laufbrunnen sollten das Herrenhaus in seiner Bedeutung aufwerten. Schließlich schuf Brodersen den Landschaftspark nach englischem Vorbild, der einen fließenden Übergang zur umliegenden Landschaft bilden sollte.

„Die vorhandene Topographie, Waldränder, der Lerbach, Teiche und Viehweiden ließen sich hervorragend in die Gestaltung einbeziehen“, erläuterte Klostermann. Die Anpflanzung exotischer Bäume und Gehölze galt als schick, zudem seien bewusst Blickachsen angelegt und Flächen geschaffen worden, die Stimmungen von melancholisch bis heiter ausdrücken sollten. „Diese Blickachsen sind heute durch Wildwuchs teilweise eingeschränkt oder zugewachsen“, bedauerte Klostermann. Auch die stimmungserzeugenden Elemente seien nicht mehr vollständig erhalten. Dennoch: Vieles sei auch gepflegt worden. „Der Park ist in seinen Grundstrukturen immer noch gut erkennbar“, betonte er. Erfreulich sei, dass im Rahmen der derzeitigen Umbauten am Herrenhaus auch Wiederherstellungsarbeiten im Park vorgesehen seien. Gutsverwalter Ulrich Dierks bestätigte dies, wies aber auch auf die damit verbundenen Kosten hin.

Für eine Gartenanlage, die ein stets im Wandel befindliches Denkmal darstelle, sei ein langfristiges Konzept besonders wichtig, erläuterte Petra Engelen, Referentin beim Amt für Denkmalpflege des Landschaftsverbandes. Nur so könne das Wissen über die Pflege von einer Gärtnergeneration zur nächsten weitergegeben werden. Obwohl stets in Privatbesitz, sei der Park für die Bergisch Gladbacher Bürger seit Jahrzehnten nie ganz verschlossen gewesen, sagte Klostermann. Man hoffe, dass dies auch in Zukunft so bleibe.

Ein Haus mit wertvoller Geschichte

Am Standort eines mittelalterlichen Rittersitzes beginnt das Fabrikantenpaar Richard und Anna Zanders, geborene von Siemens, 1898 mit dem Bau des heutigen Hauses. Der umgebende Landschaftspark wird zwischen 1897 und 1910 gestaltet.

Nach dem Tod von Anna Zanders, deren Ehe kinderlos blieb, geht das Anwesen 1939 in den Besitz ihrer Neffen Rupprecht und Wendelin von Siemens über. Von nun an erlebt das Haus immer wieder neue Bewohner.

Den Einquartierungen im Zweiten Weltkrieg folgt eine kurzfristige Nutzung als Altersheim, dann dient es bis 1949 als Waisenhaus für Säuglinge. Von 1949 bis 1955 wird es zum Erholungsheim für belgische Offiziere, dann zum Hotel mit Kneipp-Sanatorium. 1961 richtet das Gustav-Stresemann-Institut ein Tagungshaus für europäische Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit ein. Dieser Pachtvertrag endet 1987. Nachfolger wird eine Filmgesellschaft, die dort für die Fernsehserie „Forstinspektor Buchholz“ dreht.

Im Jahr 1990 eröffnet in Lerbach der Hotelier Thomas Althoff ein Hotel. Sein Pachtvertrag endet 2015 und wird nicht verlängert. Seither wird das Gebäude von der Eigentümerfamilie von Siemens umfangreich modernisiert. Nach Auskunft von Gutsverwalter Ulrich Dierks hofft man, das Haus im Frühjahr 2018 wieder als Hotelbetrieb eröffnen zu können. Pachtinteressenten gebe es. In diesem Zusammenhang sei auch an eine Wiederherstellung der Außenanlage als englischer Landschaftspark gedacht. 

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