Bergisch LandpartieBei dieser Ausstellung dreht sich alles ums Geflügel

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Bergisch Gladbach – Ein Huhn im Haus erspart den Eierkauf. So jedenfalls stellt sich Peter Schmidt die Zukunft vor: „So zwei, drei Hühner im Garten, die machen doch keine Arbeit und nehmen nicht viel Platz weg“, wirbt der Landwirt. Vor allem, wenn es sogenannte Einsteigerrassen wie Zwerg-, Seiden- oder Kochinhühner sind. Schmidt: „Die machen den Rasen nicht kaputt, weil sie nicht so viel scharren.“

Im Kardinal-Schulte-Haus hat Schmidt zwei Käfige mit Hähnen und Hennen und Küken dabei, um seine Idee von einer verantwortungsbewussten Ernährungskette zu demonstrieren – eines der Leitmotive der Bergischen Landpartie, die am Sonntag, 26. Juni, zum siebten Mal auf dem Gelände der Thomas-Morus-Akademie stattfinden wird. „Regionale Produkte strahlen höhere Emotionalität aus“, findet Akademiedirektor Dr. Wolfgang Isenberg. „Diese Vielfalt wollen wir spiegeln.“

Es geht nicht nur ums Essen bei dieser Veranstaltung, denn regionale Vielfalt meint mehr. „Sie umfasst die gesamte Kulturlandschaft“, erklärt Christoph Boddenberg vom Landschaftsverband Rheinland, der die Veranstaltung unterstützt. Vom heimischen Pflanzgut bis zum Messerschleifer aus Solingen reicht das Spektrum. Was zeigt: Es ist möglich, viele Bedürfnisse mit den Produkten der Region zu befriedigen.

„Es gibt immer mehr Menschen, die etwas verändern wollen und auch bereit sind, ihr eigenes Verhalten zu hinterfragen“, hat Peter Schmidt beobachtet. Er bewirtschaftet den Klosterhof Bünghausen und züchtet dort vom Aussterben bedrohte Rassen, ist Mitbegründer des Labels „Bergisch pur“ und betreut unter dem Dach des Naturparks Bergisches Land die Plattform „Vielfalt lebt“, die dem Thema Agrodiversität gewidmet ist.

Dass für Schmidt das Huhn ein Paradebeispiel für die Debatte um Ökologie und Ökonomie, Regionalität und Massenproduktion ist, liegt auf der Hand.

Für regionale Produkte werben die Macher der Ausstellung im Kardinal-Schulte-Haus.

Für regionale Produkte werben die Macher der Ausstellung im Kardinal-Schulte-Haus.

Wer hat sie nicht vor Augen, die schockierenden Bilder von Hunderttausenden frisch geborener Küken, die bei lebendigem Leib geschreddert werden, nur weil sie männlich sind. Sie entstammen einer von vier Hybridlinien von Hennen, die speziell zum Massenabwurf von Eiern gezüchtet werden. Die männlichen Ableger taugen nicht als Brathähnchen, weil sie zu langsam Fleisch ansetzen. Dafür gibt eine andere Zuchtlinie – mit fetter Brust, die oft so schwer ist, dass die Tiere sich nach ein paar Wochen kaum noch auf den Beinen halten können.

Ein Kreislauf des Grauens, dem der Kunde selbst beim Kauf von Eiern frei laufender, „glücklicher“ Hühner nicht zwangsläufig entrinnen kann. Es sei denn, der Landwirt (und damit der Kunde) lässt selbst brüten und gibt dem männlichen Nachwuchs die entsprechende Zeit, erwachsen zu werden. Das kostet Geld. 5,50 Euro nimmt Peter Schmidt für zehn große Eier, deutlich mehr als der Discounter. „Aber uns reißen sie die Eier aus den Händen“, sagt er. Ein gutes Gewissen darf ruhig ein bisschen teurer sein. Apropos Preis: „Wir müssen wieder lernen, das Ei als Lebensmittel zu begreifen“, plädiert der Fachmann. „Das ist kein Billigprodukt.“

Dafür fallen die Hennen auch nicht, wie im Großbetrieb, nach einem Jahr ausgelaugt um, sondern werden zwei oder sogar drei Jahre alt. Vier Monate dürfen die Hähnchen sich Brust und Keule anfuttern, dann sind auch sie schlachtreif. Schmidt weist auf eine weiße Bresse-Poularde und einen schwarzen Mecheler. „1,5 bis 2,2 Kilo. Natürlich werden die nicht so fett wie ein Hybrid-Huhn“, erklärt er. „Aber das Fleisch schmeckt ganz anders, und man wundert sich am Ende doch, wie viel dran ist.“ Ein bisschen Eier, ein bisschen Fleisch. Das ist die Devise. „Aber damit können Sie natürlich keine Mengen erzeugen“, gibt Schmidt zu.

Dafür macht die Sache Spaß, vor allem, wenn man wie Schmidt alte bergische Rassen züchtet. Schlotterkamm, Krüper und Bergischer Kräher sind fast so etwas wie Museumsstücke. Schmidt weiß von Krähwettbewerben zu berichten, bei denen der Besitzer des Hahns mit der kräftigsten Stimme einen Bauernhof gewinnen konnte. Unglaublich, aber wahr. „Ich habe es selbst erlebt“, beteuert der Erzähler. Leider seien die Wettbewerbe aus der Mode gekommen. „Na ja, wie man es nimmt. Die Nachbarn wird es vermutlich freuen . . .“

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