InterviewCat Ballou über ihre Karriere und ihr Konzert im Bergischen Löwen

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Freuen sich auf das morgige Konzert im Löwen: Im Interview erinnern sich (v.l.) Kevin Wittwer, Michael Kraus, Oliver Niesen und Dominik Schönenborn auch an erste Auftritte in Jugendzentren.

Bergisch Gladbach – Auch wenn sie  vor vollem Haus im Kölner E-Werk oder in der Lanxess-Arena spielen – für die Musiker von Cat Ballou ist das ausverkaufte Konzert im Gladbacher Bürgerhaus Bergischer Löwe am morgigen Mittwoch ein ganz besonderes. Schließlich sind Oliver Niesen, Dominik Schönenborn, Kevin Wittwer und Michael Kraus in Bergisch Gladbach aufgewachsen. Mit den vier Musikern sprach Guido Wagner.

Am Samstag habt ihr im Kölner Stadion vor dem Pokalfinale im Frauenfußball gespielt, Ende Mai geht es auf Deutschland-Tournee unter anderem nach Berlin, Hamburg, Koblenz und München und im September ist das E-Werk schon einmal ausverkauft. Was ist eure erste Erinnerung an den Bergischen Löwen?

Michael Kraus: Im Löwen sind wir schon als Kinder gewesen. Oliver Niesen: Ich erinnere mich noch ganz gut an unser erstes Bühnenerlebnis, an Weiberfastnacht, als unsere Väter mit ihrer Band, den Labbesen, noch die Party „Der Löwe ist los“ organisiert haben. Dominik Schönenborn: Ja, da haben die uns mal mit auf die Bühne geholt, stimmt. Für uns war das echt die große Bühne damals. Später sind Olli und ich dann auch als Techniker bei den Labbesen dabei gewesen und waren auf der Löwen-Bühne – da aber nur zum Auf- und Abbauen. Nee, aber der Löwe ist schon so ein Stück Kindheitstraum.

Wie waren dann später eure ersten eigenen Konzerte hier in der Stadt?

Schönenborn: Einige ganz frühe waren im  Jugendzentrum Ufo in Bensberg. Und wie wir das vollbekommen haben … Kevin Wittwer: (grinst) . . . ja, mit Freibier haben wir sie gelockt. Und dann hat’s manchmal nicht mal für alle gereicht. Niesen: Aber die Stimmung war super.

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Bereits in der Domstadt angekommen: 2008 spielte Cat Ballou unter anderem im Kölner Sonic Ball Room.

Seit Ende der 90er-Jahre steht ihr selbst auf der Bühne, macht mehr als euer halbes Leben zusammen Musik. Auf eurem aktuellen Album „Mir jetz he!“ befassen sich einige Songs mit Erinnerungen an Schul- und Jugendzeit, mit dem, was euch verbindet. Was macht das für euch aus?

Niesen: Wir sind einfach durch alles gegangen: Super-Erfolge wie der Sieg beim Wettbewerb „Köln rockt“ 2010, der für uns den Durchbruch bedeutete, aber auch die Zeit kurz davor, als wir uns schon als Band fast aufgelöst hatten. Heute gucken wir einfach immer, dass es weiter geht, und dass wir den Spaß behalten.

Drei von euch sind Cousins, alle kennt ihr euch von Kindesbeinen an. Macht es das nicht auch schwer, wenn man dann auch beruflich so eng verbunden ist?

Schönenborn: Ja, klar, das ist schon eine richtige Firma geworden, wir haben ja auch ein prima Team um uns und kommen übrigens gerade aus Bensberg, wo wir unseren Vertrag beim Label Pavement Records verlängert haben. (lächelt) Niesen: Nein, aber ein Problem ist das nicht, eher ein Vorteil. Es gibt bei uns keine Tabus. Man kann sich einfach alles sagen. Das ist wie mit Brüdern. Gilt das auch für die Musik? Schönenborn: Auf jeden Fall. Wenn einer von uns mit einer Idee kommt, dann ist jede Meinung wichtig. Dann entwickelt sich ein Lied manchmal erst richtig. Bis es sich gut anfühlt. Wittwer: Das dauert auch schonmal. „Danzroboter“ von dem aktuellen Album zum Beispiel ist so ein Titel, der einige Jahre gebraucht hat, bis er es jetzt auf das Album geschafft hat. Schönenborn: Ja, das haben wir schon vor zehn Jahren in den Jugendzentren gespielt.

„Mir jetz he“ ist jetzt schon euer drittes Studio-Album seit 2012, dazwischen habt ihr auch noch eine Live-DVD herausgebracht. Habt ihr da überhaupt noch viel Zeit, dass sich Songs entwickeln können?

Niesen: Klar, es heißt ja auch immer: Fürs erste Album hast du ein halbes Leben Zeit, fürs nächste ein halbes Jahr. Aber das ist nicht unbedingt schwieriger, höchstens anders. Wir fahren ja jedes Jahr nach der Session zusammen weg. Irgendwo in eine Hütte, nur wir und ein paar Instrumente. Und meist haben wir dann immer schon eine ganze Menge Material zusammen, das wir uns gegenseitig vorstellen. Schönenborn: Aber natürlich entstehen Ideen nur dann, wenn du loslässt. Mir sind die meisten Ideen nicht am Schreibtisch gekommen, sondern irgendwo unterwegs. Eine Melodie, ein Satz – oder ein Gefühl. So wie das, als ich mit der Straßenbahn zur Uni gefahren bin und die Bahn von Deutz aus  dann über die Brücke gefahren ist. Aus dem Gefühl beim Blick auf den Dom ist schließlich „Et jitt kei Wood“ entstanden. So was lässt sich nicht planen.

„Unsere Lieder leben von dem, was jeder erlebt"

Auf dem Album „Lokalpatriot“ habt ihr euch damit auseinandergesetzt, was die Stadt, der Ort, wo ihr lebt, für euch bedeutet. Das Album „Mir jetz he“ enthält viele persönliche Rückblicke und Einschätzungen. Wie entstehen solche Themenschwerpunkte?

Niesen: Das sind einfach die Dinge, die uns beschäftigen. Hat sicher auch mit den unterschiedlichen Lebensphasen zu tun, in denen wir uns befinden. Und die sich ja immer wieder verändern. Dominik ist gerade Papa geworden, wieder eine neue Lebensphase. Spielt Familie vielleicht auch mal eine Rolle in eurer Musik? Schönenborn: Nicht auszuschließen … (strahlt). Unsere Lieder leben von dem, was jeder erlebt. Dabei sind wir durchaus eine Band mit Ecken und Kanten. Immer mehr hat sich Kölsch als Sprache eurer Lieder durchgesetzt. Auf dem aktuellen Album kommen alle Songs in Mundart daher. Was steckt dahinter? Schönenborn: Ich schreibe mittlerweile viel lieber in Kölsch, weil vieles sich viel direkter ausdrücken lässt und jeder Text einen besonderen Charme hat. Niesen: Auch einfache Sätze haben auf Kölsch einen unglaublichen Tiefgang. Wittwer: Und sie lassen Interpretationsraum … Schönenborn:  . . . ohne dabei beliebig zu sein. Niesen: Also, ich finde, über das Kölsche hat sich Cat Ballou erst so richtig gefunden. Funktioniert das denn auch bei Auftritten in Berlin, Hamburg oder München? Niesen: Klar sind das zwei verschiedene Welten, aber wenn es eine Band ist, die ihre Sache mit Herz macht, kriegen das die Leute mit. Schönenborn: Für mich der privateste Moment auf der ersten Tour durch Deutschland im vergangenen Jahr war bei einem Konzert im bayerischen Landsberg. Da sprechen die Menschen ja einen komplett anderen Dialekt – aber wir haben uns verstanden.

Ist es eine neue Erfahrung, vor Menschen zu spielen, die einen vorher vielleicht noch nicht kannten und einen dann auch noch nicht verstehen?

Niesen: Klar, keine Frage. In Berlin hab ich mich noch mal wie vor dem ersten Auftritt gefühlt, obwohl wir in der Kölner Arena vor zigmal mehr Zuschauern auftreten. Aber es hat auch in Berlin super funktioniert. Schönenborn: Es macht einfach super Spaß zu sehen, dass unsere Lieder auch außerhalb vom Rheinland die Leute mitnehmen, dass das rüberkommt, was uns wichtig ist.

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Bei manchen frühen Auftritten im Bensberger Ufo (wie hier 2008) wurden die Fans von Cat Ballou nicht allein durch die Musik gelockt.

Ihr macht den Eindruck, dass es euch auch wichtig ist, persönlich auf dem Boden zu bleiben. Wenige Musiker fahren wahrscheinlich zu einem Auftritt im Gürzenich auch mal mit der Straßenbahn...

Niesen: Wieso nicht? Da brauch’ ich wenigstens keinen Parkplatz zu suchen. Und die Technik bringt unsere Crew ja ohnehin im Bus mit. Kraus: Mancher denkt vielleicht, wir wären jetzt reich, und würden nicht mehr mit der Bahn fahren . . . Wittwer: Das wüsste ich aber . . . (schmunzelt) Niesen: Ich hab mir auch kein größeres Auto gekauft. Wozu denn? Schönenborn: Wir sind doch jetzt auch keine anderen Menschen geworden. Ich finde sowieso: Das einzige, was du bist, sind deine Lieder. Welche Lieder dürfen   im Bergischen Löwen auf keinen Fall fehlen? Niesen: Mal sehen. Natürlich werden wir Sachen vom neuen Album spielen, aber ohne „Et jitt kei Wood“, „König“ oder „Rollen“ wird“s wahrscheinlich auch nicht abgehen . . .

Seit fünf Jahren seid ihr mit Cat Ballou ganz oben dabei. Was wünscht ihr euch, wenn ihr an Cat Ballou in fünf Jahren denkt?

Wittwer: Vor allem Gesundheit. Schönenborn: Dass unsere Freundschaft so erhalten bleibt, das darf gerne so bleiben. Aber Stillstand sollte es nicht geben. Und da können wir, glaube ich, mit unserer Entwicklung sehr zufrieden sein. Kraus: Dass wir vom Spirit her so bleiben, wäre prima. Niesen: Ich wünsche mir, nie satt zu sein. Und mit der Einstellung weiter Musik zu machen. Denn das ist einfach die schönste Sache auf der Welt . . . neben Kinderkriegen vielleicht.

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