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Löwen-CenterViele Bensberger sehen Absage als Chance für einen Neuanfang

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Das ehemalige Löwencenter an der Schloßstraße, ein hässlicher grauer Betonklotz, ist dem Verfall preisgegeben. Auf einen Neubau müssen die Bensberger länger warten als gedacht.

Das ehemalige Löwencenter an der Schloßstraße, ein hässlicher grauer Betonklotz, ist dem Verfall preisgegeben. Auf einen Neubau müssen die Bensberger länger warten als gedacht.

Bergisch Gladbach – Die Anfangseuphorie ist verpufft. Die Bensberger Bürger sind weit davon entfernt, ihre Einkäufe in einem neuen Einkaufscenter, das anstelle des maroden Löwen-Centers gebaut werden sollte, erledigen zu können. Für die meisten bedeutet der Stillstand Frust. Aber viele sehen in einem Neuanfang auch eine Chance.

„Ich liebe Bensberg“, sagt Monika Hornung, die sich gerade auf einer Bank an der Naturbühne ausruht – mit Blick auf den unbelebten Betonklotz des früheren Löwencenters. Keine schöne Aussicht. Die Vorstellung, dass die baufällige Kulisse jetzt noch jahrelang bleibt, findet die Seniorin „einfach nur grausam.“ Der Einkaufsstraße fehle ein Anziehungspunkt. „Ich hoffe, dass ich es noch erlebe, dass dort etwas Neues gebaut wird“, sagt die 75-Jährige.

Eigentümer wieder am Zug

Die Oldenburger List-Gruppe, spezialisiert auf die Entwicklung von Handelsimmobilien, verzichtet darauf, an der Schloßstraße in den Bau eines Geschäftshauses zu investieren. So ist Eigentümer Centerscape wieder am Zug – obwohl das Unternehmen das Projekt eigentlich loswerden wollte. Aus bautechnischen Gründen müssen die Planungen für das Gebäude wieder bei null anfangen.

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„Die Stadt hat viele Fehler gemacht. Jetzt ist die Chance auf Jahre vertan“, sagt Juwelier Ulrich Brune. Verwaltung und Politik seien zu unkritisch gewesen, hätten Centerscape blind vertraut. Sein Schmuckgeschäft an der Schloßstraße liegt direkt gegenüber des maroden Gebäudes. Seit der Schließung vor zehn Jahren ist der graue Klotz dem Verfall preisgegeben. Ob ihn das stört? „Wieso? Sieht doch schön grün aus“, spielt Brune ironisch darauf an, dass das Umfeld immer mehr zuwuchert. Unkraut sprießt zwischen den Treppenstufen. Moos macht sich breit. Dazwischen zersprungene Glasscheiben und beschmierte Wände. Nachts mutiere das Ensemble dann zur Geisterruine. „Die Laternen sind ständig defekt“, sagt Brune.

Buchhändlerin Pia Patt versucht, das Beste aus der Situation zu machen. Für sie bedeutet der Neuanfang die Chance „etwas zu bauen, was wirklich zum Ort passt.“ Bis es so weit sei, müssten sich die Bensberger Geschäftsleute gute Aktionen einfallen lassen, um die positiven Seiten der Schloßstraße hervorzuheben.

Die Bensberger Classics im September mussten schon zweimal ausfallen. Heinz Weikert bekam keine Genehmigung für seine Oldtimer-Rallye, weil angeblich die Abbrucharbeiten starten sollten. Und jetzt, wo klar sei, dass er dieses Jahr freie Bahn haben werde, sei die Zeit für die Organisation wahrscheinlich zu knapp. „Ich werde es versuchen“, sagt Weikert.

Lothar Eschbach, Anwohner der Schloßstraße, empfindet die Absage des potenziellen Investors nicht als Tiefschlag. Im Gegenteil. Das sei doch die Gelegenheit für die Stadt, die Sache in die Hand zu nehmen, das Grundstück zu kaufen und selbst zu planen. „Bensberg braucht doch gar nicht so viele zusätzliche Einzelhandelsflächen“, meint Eschbach auch in Hinblick auf die immer größer werdende Online-Konkurrenz.

Das Vertrauen in Centerscape habe er schon längst verloren. Er glaube nicht, dass das Unternehmen ernsthafte Bauabsichten habe. „Die werden alles dransetzen, das Grundstück zu verkaufen.“

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