Rechtsstreit in Bergisch GladbachBaugrube klafft direkt an der Grundstücksgrenze

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Der Bau eines Mehrfamilienhauses an der Sander Straße sorgt für Protest bei den Nachbarn: Bettina Flügel (l.) und Kathrin Brandhern.

Der Bau eines Mehrfamilienhauses an der Sander Straße sorgt für Protest bei den Nachbarn: Bettina Flügel (l.) und Kathrin Brandhern.

Bergisch Gladbach – Fast könnte man meinen, das Haus hinter der Baugrube kippe jeden Moment nach vorn und falle in die Tiefe – so nah am Grundstück verläuft die Kante des Schachts.

Ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohneinheiten wird hier an der Sander Straße gebaut. Einige der unmittelbaren Nachbarn halten das Projekt für überzogen und sehen ihre Interessen missachtet.

Das Ehepaar Engels aus dem rechts angrenzenden Haus hat die Stadt Bergisch Gladbach verklagt, weil diese die Bauvoranfrage des Investors positiv beschieden hat.

Die Höhenentwicklung sei zu massiv und übersteige jedes Maß, argumentieren die Kläger. Außerdem füge sich die Bauweise des Mehrfamilienhauses nicht in die Umgebung ein.

Im Rahmen des Prozesses wollen sich die Richter der 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Köln vor Ort ein Bild von dem Bauvorhaben machen. Der Termin ist erst im September.

Investor will Rendite

Trotzdem haben im Juni bereits die Bauarbeiten begonnen: „Wir fühlen uns auf der sicheren Seite“, sagt Bauherr Dirk Blumenthal und verweist auf die vorliegende Baugenehmigung der Stadtverwaltung.

Von Anfang an hätten Blumenthal und sein Kompagnon Jürgen Berger den geballten Ärger der Nachbarschaft zu spüren bekommen. „Da prallen verschiedene Interessen aufeinander“, sagt Blumenthal und klingt dabei genervt.

„Wir haben das Grundstück nicht gekauft, um einen Kinderspielplatz zu bauen“, stellt er klar, „das Gebäude ist ein Renditeobjekt.“ In einem Jahr soll es fertig sein.

„Wir fühlen uns so ohnmächtig“, sagt Hilde Engels. Was die Formel „höher, breiter, enger“ für das tägliche Zusammenleben bedeute, fasst sie so zusammen: Der neue zweistöckige Wohnblock plus Sattelgeschoss werde ihr Elternhaus um sechs Meter überragen.

Noch der letzte Meter hin zum Nachbarn werde auf dem 530 Quadratmeter großen Grundstück für die neue Immobilie ausgenutzt.

Die Terrasse könnte abrutschen

„Wir werden hier kein Tageslicht mehr sehen“, befürchtet Hilde Engels. Tochter Kathrin Brandhern, die mit ihrer Familie die erste Etage bewohnt, bekommt Beklemmungen, wenn sie auf ihrem Balkon steht. Dieses riesige Loch mache ihr einfach nur Angst: „Unsere Terrasse könnte abrutschen“, sorgt sie sich.

Nicht der Bauherr, nicht die Stadtverwaltung, niemand habe sie darüber informiert, wie die Baugrube abgesichert wird. Bettina Flügge, Nachbarin aus dem Haus links neben der Baugrube, ist empört: „Unsere Lebensqualität ist dahin.“

Aus Angst um ihr Hab und Gut haben Hausnachbarn schriftlich und telefonisch versucht, Kontakt zum Bauamt der Stadtverwaltung aufzunehmen. „Fehlanzeige. Wir haben keine Antwort darauf bekommen, was da nebenan genau gebaut wird“, ärgert sich Egon Engels. Die Stadtverwaltung hätte seiner Meinung nach mit den „alten Sandern“ versuchen müssen, einen Kompromiss zu finden: „Wir sehen uns um den Wert unserer Grundstücke gebracht. Dafür berücksichtigt die Stadt die wirtschaftlichen Interessen von Einzelnen.“

Der Paragraph 34 der Landesbauordnung sehe es nicht vor, dass die Bürger an dem Genehmigungsverfahren beteiligt werden, erläutert Marin Rölen. Das städtische Bauamt entscheide darüber, ob sich das neue Gebäude in die Bauweise der Sander Straße einfüge.

Ein Bebauungsplan liege nicht vor. Wegen des schwebenden Gerichtsverfahrens will sich Rölen zu dem Fall nicht weiter äußern.

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