Refrather SchwerfelstraßeSorge um die Natur des Viertels

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In der Schwerfelstraße entsteht ein Mehrfamilienhaus. Vielen Anwohnern ist es zu groß.

In der Schwerfelstraße entsteht ein Mehrfamilienhaus. Vielen Anwohnern ist es zu groß.

Bergisch Gladbach – Steiles Spitzdach, recht kleine Fenster, klassische Zimmereinteilung, direkt nebenan die Garage fürs Auto, gepflegter Vorgarten. Daran sind sie meistens zu erkennen, die typischen Ein- bis Zweifamilienhäuser der 50er- und 60er-Jahre.

Großzügige Wohnviertel mit dieser Bauform sind auch in Bergisch Gladbach entstanden. „Diese Häuser geben einer Straße doch eine ganz besondere Atmosphäre“, findet Günter Helmig. Er wohnt seit 27 Jahren in seinem Eigenheim an der Schwerfelstraße in Refrath.

Doch in seinem Wohnviertel würden immer mehr Altbauten abgebrochen und durch deutlich größere Neubauten ersetzt. Über diese Veränderung sind Helmig und rund 20 weitere Nachbarn besorgt.

Dicht an der Grundstücksgrenze

„Große alte Bäume verschwinden. Die neuen Baukomplexe haben mehr Geschosse und reichen ganz dicht an die Grundstücksgrenze. Die Straße wird nach und nach völlig verändert “, sagt Helmig. An die strikten Bauvorschriften, wie sie vor nahezu 60 Jahren galten, kann Hauseigentümer Rudolf Schillings sich gut erinnern: „Eineinhalb Geschosse und die Traufe zur Straße.“

Dass diese Vorgabe nicht mehr gelte, sei „angesichts der modernen Klötze“ offensichtlich. Auf Nachfrage bei der Stadtverwaltung erfuhren die Anwohner, ein Neubau werde genehmigt, wenn er sich in die bestehende Bebauung einfüge. „Uns erschreckt das Ausmaß, in dem hier gebaut wird“, beschreibt es Susanne Achenbach.

Sie zog mit ihrer Familie vor fünf Jahren an die Schwerfelstraße. Bewusst hätten sie sich orientiert an der Bebauung mit Einfamilienhäusern, freistehend oder in Reihen. Achenbach: „Eben für Kinder geeignet und die Schule in der Nähe.“ Aktuell entsteht nun auf dem Grundstück eines früheren 50er-Jahre-Eigenheims ein Neubau mit sechs Eigentumswohnungen und Tiefgarage.

Vom Nachbargrundstück weiß Helmig, es sei bereits an einen Investor verkauft. „Auf rund 1100 Quadratmetern sollen zwei Komplexe mit jeweils sechs Wohnungen gebaut werden.“

Nun sorgen sich die Anwohner, es könnten nach und nach alle Altbauten verschwinden. Nur selten würden jüngere Generationen die Häuser übernehmen und sanieren. „Diese Entwicklung ist in vielen Wohnvierteln von Bergisch Gladbach zu beobachten“, stellt er fest.

Sein Nachbar Schillings bedauert den Verlust vieler Bäume und Gärten. „Die Baumschutzsatzung hätte nicht gekippt werden dürfen“, sagt er. Aber diese Satzung habe nicht dafür gesorgt, dass grundsätzlich kein alter Baumbestand gefällt werden darf, korrigiert Pressesprecher Martin Rölen: „Der Neubau an der Schwerfelstraße wäre auch mit einer Baumschutzsatzung genehmigt worden.“

Relevant für die Entscheidung der Bauaufsicht über einen Bauantrag am Beispiel der Schwerfelstraße sei der Paragraf 34 des Baugesetzbuchtes. Neue Häuser müssten sich der Umgebung anpassen, so Rölen. „Jeder Eigentümer kann nach eigenen Plänen bauen, solange er nicht gegen dieses Baurecht verstößt.“

Grün-Charakter soll erhalten werden

Einschränkungen für Neubauten könnten sich durch einen Bebauungsplan ergeben (siehe „Die Gesetzeslage“). Aber den gebe es für die Schwerfelstraße nicht. Grundsätzlich können sich die Anwohner bei der Bauaufsicht erkundigen und die Pläne einsehen.

„Das haben wir gemacht“, sagt Helmig. Der Refrather organisierte daraufhin ein Nachbarschaftstreffen, um sich über die Veränderungen in der Straße auszutauschen. 20 Anwohner nahmen daran teil. „Wir fragen uns, wie sich die Verwaltung und auch die Ratsfraktionen die weitere Wohnentwicklung hier vorstellen“, erklärt Susanne Achenbach.

Auch ihre Wünsche haben die Anwohner ausgetauscht. Auf den vorderen Plätzen stehen: den Grün-Charakter erhalten, familienfreundliches Bauen, die Häuser nicht so groß und so eng aneinander bauen.

Die Gesetzeslage

Mit einem Bebauungsplan können Kommunen für Wohnviertel oder Neubaugebiete festlegen, wie gebaut werden darf. Damit sollen ein einheitlicher Siedlungscharakter gewahrt und ausufernde Bauformen verhindert werden. Festgelegt wird unter anderem „das Maß der baulichen Nutzung“. Zum Beispiel die Anzahl der Vollgeschosse oder die Höhe der Häuser, etwa Trauf- oder Firsthöhe. Für die Schwerfelstraße gibt es keinen Bebauungsplan.

Es gilt der Paragraf 34 des Baugesetzbuches. Die neuen Gebäude müssen sich in „die Eigenart der näheren Umgebung“ einfügen. „Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.“ Die Aufstellung eines Bebauungsplans um ein konkretes Bauprojekt zu verhindern, ist nicht zulässig. (dr)

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