SanierungRommerscheider Hof wird vor dem Abriss gerettet

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Bergisch Gladbach – Schon auf den ersten Blick sieht man die Wunden, die die Zeit dem Haus geschlagen hat. Bröckelnde Gefache, kaputte Fenster, schimmelige Balken – die Spuren von Verfall und jahrelanger Vernachlässigung sind allgegenwärtig. Doch der Rommerscheider Hof, den viele für das älteste Fachwerkwohnhaus der Stadt halten, steht immer noch. Zerstört haben ihn weder Kriegs- und Notzeiten, Regen oder Feuer noch Stürme, Modernisierungswahn oder Abrisswut. Trotzdem schien es lange nur noch eine Frage der Zeit zu sein, wann das Haus der Abrissbirne zum Opfer fallen oder einfach still in sich zusammensinken würde. Nun scheint es gerettet. Mit der Kölnerin Sandra Stumm fand sich eine Käuferin, die das Gebäude als Wohnhaus für sich und ihre Familie restaurieren will.

„Sie wollte ein größeres Haus, ländlich und zugleich stadtnah, und sie hat einen Faible für Altbauten“, erzählt Jörg Stumm über die Suche seiner Tochter. Für ihn hätte es vielleicht auch ein etwas weniger altes Haus getan: „Es sah schon von außen schlimm aus, aber erst von innen . . . “, sagt er und verdreht die Augen angesichts der Arbeit, die auf ihn und andere Handwerker wartet. Seit 30 Jahren verdient er sein Geld mit dem Einbau von Haus- und Gebäudetechnik, hat viel Erfahrung mit Umbauten, allerdings nicht mit so alten Gebäuden.

Sonne scheint durchs Dach

„Hier ist natürlich nichts DIN-genormt“, sagt Thorsten Schrolle vom Amt für Denkmalpflege des Landschaftsverbands Rheinland lächelnd. Was nicht weiter verwundert, stammt doch das Kerngebäude vermutlich aus dem frühen 17. Jahrhundert, einer Zeit, in der die Menschen eher mit marodierenden Soldaten zu tun hatten und froh waren, überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben.

Baulich sei das Haus nicht in allzu gutem Zustand, „es gibt statische Mängel, aber es fällt jetzt auch nicht sofort zusammen“, sagt Schrolle, hat sich aber vorsorglich zur Begehung einen Helm mitgebracht. Im Haus gibt es noch alte, ausgetretene Steinfliesen, daneben gestampfte Lehmböden, die ursprünglich darüberliegenden Dielen sind verfault und inzwischen entfernt. „An den Wänden viele neuzeitliche Materialien“, berichtet der Gebietsreferent, die Stumm Schicht für Schicht abtragen muss, um auf die alten Lehmgefache zu stoßen. Eine steile Stiege führt nach oben, durch manche Stellen des Dachs scheint das Sonnenlicht.

Eben dieses Dach war in der Vergangenheit immer wieder Grund zur Sorge für die Denkmalschützer der Stadt, die um das Haus bangten. Der private Eigentümer hatte ein- oder zweimal vergeblich eine Abbruchgenehmigung beantragt. Um auf das Haus und seine historische Bedeutung aufmerksam zu machen, hatte es der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz 2005 zum „Denkmal des Monats“ erklärt.

Trotz der Schäden, besonders der unteren Schwellhölzer, seien Fachwerkkonstruktionen normalerweise sehr robust und flexibel, betont Schrolle. Den genauen Sanierungsaufwand könne man aber erst absehen, wenn man die Gefache und Balken freigelegt habe. „Es ist immer der Versuch, möglichst viel Originalsubstanz zu erhalten“, sagt der Denkmalpfleger, „aber irgendwann stößt man dabei auch an technische Grenzen.“

Ein Gutachter habe die voraussichtlichen Kosten auf 400 000 Euro geschätzt, sagt Jörg Stumm, weitere 200 000 Euro hätten der Kauf von Haus samt 1000 Quadratmeter Grundstück sowie Abriss späterer Einbauten gekostet. Fördergeld von Land und Bund sei beantragt, erklärte Mascha Ryborsch von der Unteren Denkmalbehörde. Damit soll der Methusalem unter den Gladbacher Fachwerkhäusern fit für die Zukunft gemacht werden.

Rommerscheider Hof

Die mittelalterliche Siedlung Rommerscheid wurde erstmals 1345 als Weiler urkundlich erwähnt. Der Rommerscheider Hof nordöstlich des Weilers befand sich im Besitz der Kommende der Johanniter in Herrenstrunden (heute Malteser Komturei). Der Hof wurde erstmals 1510 genannt, als ihn der Komtur Nikolaus Stolz für 24 Jahre an Johann von Dorpen verpachtete. Das heute noch existierende Gebäude stammt aus drei Bauepochen und steht wegen seiner architektur- und siedlungsgeschichtlichen Bedeutung seit 1984 unter Denkmalschutz. (spe)

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