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KeimbelastungWarum das Leitungswasser in Bergisch Gladbach nach Chlor riecht

Lesezeit 6 Minuten
Um der Ursache der Verunreinigung auf die Spur zu kommen, sind 40 Proben ausgewertet worden. Im oberen Teil der Laurentiusstraße und der Straße Am Broich sind coliforme Keime gefunden worden.

Um der Ursache der Verunreinigung auf die Spur zu kommen, sind 40 Proben ausgewertet worden. Im oberen Teil der Laurentiusstraße und der Straße Am Broich sind coliforme Keime gefunden worden.

Bergisch Gladbach – In Gladbacher Leitungswasser sind coliforme Keime nachgewiesen worden. Noch ist die Ursache völlig unklar. Klar ist nur, dass bei einer Routinekontrolle an der Einleitungsstelle zum Marienkrankenhaus am vergangenen Freitag eine Verunreinigung mit Bakterien nachgewiesen wurde. Das Gesundheitsamt sieht für die Bürger keinen Grund zur Besorgnis.

Mit Hochdruck wird jetzt nach der Ursache geforscht. Mit zum Expertenteam gehört auch Professor Martin Exner, Direktor des Instituts für Hygiene und Öffentliche Gesundheit der Universität zu Bonn. Erste Ergebnisse liegen bereits vor: Bei Stichproben sind gestern in den Leitungen der Straßen Am Broich und im oberen Teil der Laurentiusstraße Keime im Wasser gefunden worden. Ob die Ursache des Eindringens der Bakterien darin liegt, dass Leitungen durch die Kanalbauarbeiten beschädigt worden sein könnten, wird nicht bestätigt.

„Es ist noch viel zu früh, konkrete Ursachen zu benennen“, sagt Igor Hradil, Sprecher der Belkaw, die für die Trinkwasserleitungen im Stadtgebiet zuständig ist. Dafür müssten weitere Untersuchungen erfolgen. Fest stehe lediglich, dass die Quelle der Verunreinigung im östlichen Umkreis des Krankenhauses liegen müsse. Für die Klinik selbst gab es gestern Mittag bereits Entwarnung: Hier ist das Wasser wieder in Ordnung.

Vorsorglich hat das Gesundheitsamt des Rheinisch-Bergischen Kreises die Anordnung erlassen, das Wasser in der weiträumigen Umgebung des Krankenhauses leicht zu chloren (0,1 bis 0,3 Milligramm pro Liter), um die Keime zu töten. „Wir legen die Latte der Sicherheit sehr hoch“, sagt Alexander Schiele, Sprecher des Rheinisch-Bergischen Kreises. Das Gebiet der Wasserdruckzone 2 der Belkaw erstreckt sich von der Nußbaumer Straße im Westen über ganz Hebborn, östliche Teile von Schildgen, östliche Teile der Stadtmitte sowie die Paffrather Straße (siehe Grafik und „Hier wird gechlort“). Insgesamt sind 83 Straßen betroffen.

„Es sind aber bei weitem nicht alle Straßen verkeimt“, beruhigt Hradil. Denn viele besorgte Anwohner haben sich bereits bei der Belkaw gemeldet, weil ihnen der Chlorgeruch unangenehm aufgefallen war. Besonders bei der Entnahme von warmem Wasser, kann es zu einer leichten Geruchsbelästigung kommen, die aber „gesundheitlich unbedenklich ist“, versichert Schiele.

Hinweise auf eine fäkale Verunreinigung, beispielsweise durch Escherichia-coli-Bakterien, gebe es nicht. „Das Abkochgebot haben wir nicht ausgesprochen, weil keine akute Gefahr besteht“, erklärt Schiele. Wie lange die eingeleitete Desinfektion durch Chlor noch anhält, ist ungewiss. Seit vergangenem Freitag seien insgesamt 40 Proben genommen worden, teilt Hradil mit, „um den Bereich einzugrenzen“.

Ansprechpartner bei Fragen ist das Kundencenter der Belkaw: (0 22 02) 2 85 58 00.

Edith Fischnaller sieht Krankenhaus auf der sicheren Seite

In den Trinkwasserleitungen des Marienkrankenhauses sind Bakterien gefunden worden. Uta Böker sprach mit Dr. Edith Fischnaller, der Leitenden Krankenhaushygienikerin der Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe, Träger der Bergisch Gladbacher Klinik.

Frau Dr. Fischnaller, die Aufregung war sicher groß, als im Marienkrankenhaus eine Belastung des Trinkwassersystems festgestellt wurde. Wie ist das herausgekommen?

Zuerst bekommt man schon einen Schreck. Bei einer Routinekontrolle des Krankenhauses ist am Freitagmittag an der Eingangsstelle zum Haupthaus festgestellt worden, dass mit dem Wasser etwas nicht stimmt. Erst vor zwei Wochen hatte es eine Kontrolle der Belkaw gegeben, da war noch alles in Ordnung.

Wie hat das Krankenhaus reagiert?

Wir haben sofort die betroffene Leitung durch die Belkaw schließen lassen, um ein weiteres Eindringen der Keime von außen zu verhindern. Die Klinik wird über ein zweites Leitungssystem versorgt, das wir seitdem nutzen. So war das Krankenhaus von Anfang an auf der sicheren Seite.

Dann bestand für die Patienten keine Gefahr?

Nein, zu keinem Zeitpunkt. Auf den Stationen, wo immungeschwächte Patienten versorgt werden, gibt es sowieso zusätzliche sterile Filter, die am Wasserhahn angebracht sind. Zum Beispiel auf der Intensivstation. Zur Vorsicht chloren wir über Belkaw das gesamte Trinkwassernetz der Klinik und der anderen Gebäude.

Wie ist die Situation im Moment?

Gerade eben habe ich erfahren, dass die Leitungen des Krankenhaus wieder keimfrei sind. Trotzdem wird zur Vorsicht weiterhin gechlort, bis die Ursache der Verunreinigung gefunden ist.

Was sind coliforme Keime?

Der Name leitet sich ab von Escherichia-coli-Bakterien, die zu der Familie dieser Keime gehören. Erst eine genaue Analyse kann klären, welche Bakterienart genau vorliegt. Das ist bei den in Bergisch Gladbach gefundenen Keimen noch nicht geschehen. Hinweise auf eine fäkale Verunreinigung durch Escherichia-coli-Bakterien konnten jedoch nicht gefunden werden.

Wie gefährlich sind die Erreger?

Eine Gefährdung für die Gesundheit besteht in der Regel nicht. Menschen, deren Immunabwehr geschwächt ist, können vorsorglich das Wasser abkochen. Das gleiche gilt auch für die Zubereitung von Säuglingsnahrung.

Vorfall in Kürten

Im Juli und August 2014 schreckte der Fund von Coli-Bakterien und coliformen (coli-ähnlichen) Bakterien im Kürtener Trinkwasser die Bürger auf. Im Juli 2014 waren im Hochbehälter Lingenstock Biesfeld Coli-Bakterien nachgewiesen worden, im August 2014  in einer  Leitung zum Hochbehälter. Das Gesundheitsamt des Kreises hatte daraufhin ein Abkochgebot für Trinkwasser erlassen  und dem Wasser Chlor zur Abtötung der Keime zugesetzt, Erst nach jeweils etwa einer Woche war das Abkochgebot aufgehoben worden.

Auch in Kürten untersuchte Professor Dr. Martin Exner die Situation; nahm über mehrere Wochen Wasserproben.  Während die coliformen Bakterien  offenbar  aus dem Netz des Lieferanten Aggerverband eingespült worden waren, konnte Exner die Herkunft der Colibakterien nicht schlussendlich ermitteln: Das Prüflabor  von Gemeinde und Aggerverband hatte die kontaminierten Proben bereits entsorgt.

Die Art der Probenentnahme, Schwachstellen am Hochbehälter und an den Schächten des Leitungsnetzes könnten laut Exner die Verkeimung herbeigeführt haben. Bis in diesem Sommer gab das Kürtener Wasserwerk dem Trinkwasser eine geringe Dosis Chlor bei. Die seit langem geplante Sanierung des Hochbehälters Lingenstock wurde vorgezogen.

An diesen Stellen wird gechlort

Akazienweg, Alte Wipperfürther Str., Am Broich, Am Eichenberg, Am Grünen Weiher, Am Heidetor, Am Kamelsbuckel, Am Mühlenberg, Am Reiferbusch, Am Steinberg, Am Steinernen Kreuz, Am Urnenfeld, Am Vogelherd, Am Wapelsberg, Amselweg, An der Engelsfuhr, An der Flora, An der Strunde, Auf dem Horn, Auf dem Kirchenfeld, Auf dem Lichmich, Buschhorner Weg, Dr.-Robert-Koch-Str., Eichenweg, Engelsgut, Eschenweg, Föhrenhöfchen, Fuchskaule, Gemarkenweg, Gerstenschlag, Gertrudenstr., Haferbusch, Hannenbusch, Hauptstr., Hebborner Berg, Hebborner Feld, Hebborner Kirchweg, Hebborner Str., Heiligenstock, Hornstr., Hubertusstr. Im Aspert, Im Drosselhain, Im Kleefeld, In den Stämmen, In der Schlade, Irlenfelder Weg, Jägerhof, Jägerstr., Johannesstr., Kalmüntener Str., Keltenweg, Kürtener Str., Langemarckweg, Laurentiusstr., Lochermühle, Meisenweg, Mutzer Feld, Mutzer Heide, Mutzer Str., Nußbaum, Nußbaumer Berg, Nußbaumer Feld, Nußbaumer Garten, Nußbaumer Str., Nußbaumer Winkel, Odenthaler Str., Olpensgut, Paffrather Str., Pannenberg, Pappelweg, Peter-Landwehr-Str., Platanenweg, Reuterstr., Roggenacker, Romaneyer Str. , Römerfeld, Rommerscheider Str., Sonnenweg, Theodorstr., Töpferweg, Überm Rost, Unterboschbach, Unterhebborn, Voiswinkeler Str., Vollmühlenweg, Waldstr. , Weizenfeld, Zaunkönigweg, Zum Waschbach

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