JubiläumIn Kürten-Biesfeld wird das 150-jährige Bestehen der Schule gefeiert

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Um 1918 entstand vermutlich diese Aufnahme. Zu sehen sind rechts die Lehrer Peter Hoek, Agathe Henseler und Jung.

Um 1918 entstand vermutlich diese Aufnahme. Zu sehen sind rechts die Lehrer Peter Hoek, Agathe Henseler und Jung.

Kürten – Vor 150 Jahren im Dorfe Biesfeld geschah Bemerkenswertes. Eine Volksschule wurde gebaut, zweistöckig, wuchtig, massiv aus Stein, direkt an der großen Chaussee, neben dem Pfarrkapellchen und einigen Fachwerkgehöften. Die Kirche, wie wir sie heute kennen, gab es noch nicht, ebenso wenig das Pfarrhaus.

„Der Neubau eines Schulhauses zu Biesfeld, veranschlagt zu 3480 Thlr. soll am Montage den 17. des Monats Morgens um 10 Uhr im Gasthause bei Gebrüder Frielingsdorf (heute „Zur Post“, d. Red.) zu Biesfeld öffentlich an den Wenigstfordernden verdungen werden. Plan und Kostenanschlag liegen bis dahin bei mir zur Einsicht offen.“ Friedrich Kerp, der damalige Kürtener Bürgermeister, rückte diese Bekanntmachung mit Datum vom 6. Juni 1861 in den „Öffentlichen Anzeiger“. Die Vergabe gelang, das günstigste Angebot lag sogar ein Prozent unterhalb der Kalkulation.

Zeittafel

1867 Schulgründung: zwei Klassen, zwei Wohnungen

1882 Anbau dritte Klasse und eine Wohnung

1932 Ausbau vierte Klasse

1945 320 Kinder in der Schule, meist katholisch; neu wird eine evangelische Klasse eingerichtet

1951 Einrichtung Volksschule Eichhof

1962 Neues Schulhaus, Abriss Alte Schule

1968 Gründung der Gemeinschaftsgrundschule Biesfeld, Auflösung der Volksschulen Offermannsheide und Eichhof

1979 Einweihung der Turnhalle

1995 Anbau von zwei Klassenräumen

1997 Fertigstellung der Aula

2005 Eröffnung der Offenen Ganztagsgrundschule nach weiterem Anbau

Die Schule war damals das erste richtige Haus im kleinen Biesfeld und das mit Abstand größte. Die Kinder kamen von den Siedlungen morgens zu Fuß zur Schule, aus Dahl, Durhaus, Eiserwarr, Sülze, Eichhof und Oberbörsch. Nachmittags marschierten sie wieder zurück, bei Sonne, bei Regen, bei Schnee. Die Kinder, das ist zu erahnen auch nach 150 Jahren, müssen das Dorf mit Leben gefüllt haben. Der Schulbau muss für alle in Biesfeld ein einschneidendes Ereignis gewesen sein. Das Leben wandelte sich in Biesfeld.

Bauskizzen finden sich im Gemeindearchiv, die Frontpartie des Hauses, der Schulsaal im Erdgeschoss für 110 Kinder, für den Hauptlehrer Wohnzimmer und Fremdenzimmer angrenzend, im Obergeschoss der zweite Schulsaal, wiederum für 110 Kinder.

Jungen und Mädchen wurden damals getrennt unterrichtet. Zeichnungen zeigen das Katheder, an dem der Lehrer stand. Für die Kinder gab es Schultische und Schulbänke, wohl für sechs Kinder eine – Massenabfertigung statt individueller Charakterförderung.

Historische Bilder hat Gabi Engels, Rektorin im Jubiläumsjahr, zusammengetragen. Beim Schulfest am Freitag, 13. Oktober, sind sie zu sehen, mit Motiven aus dem heutigen Alltag der Schüler. Vergleichen mag Gabi Engels nicht, jede Zeit stehe für sich. Heute gehen zur Gemeinschaftsgrundschule Kürten-Biesfeld knapp 170 Kinder, die Erst- bis Viertklässler werden von zehn Lehrerinnen unterrichtet. Die Schule befindet sich, wie vor 150 Jahren, mitten im Dorf.

Wenn auch das Dorf viel größer geworden ist als in den Jahren um 1867. Und der Ort wächst weiter, das große Baugebiet Biesfeld-West wird Familien anziehen. Auf den alten Bildern ist die Weite der bergischen Landschaft zu erahnen. Streusiedlungen gab es dutzendfach, typisch fürs Bergische.

Das Programm

Gefeiert wird am Freitag, 13. Oktober, ab 15 Uhr. Besucher sind willkommen. Auf dem Schulhof gibt es eine Ausstellung zur Geschichte der Schulen, in den Klassen finden Aktionen statt und es ist ein Luftballon-Weitflug-Wettbewerb geplant. Kinder, Eltern, Ehemalige und Freunde sind eingeladen. „Wir freuen uns auf ein Fest mit ganz vielen Gästen“, sagt Schulleiterin Gabi Engels. Um einen Eindruck zu bekommen, wie Schule vor 150 Jahren war, werden historische Ausstellungsstücke aus dem Schulmuseum Katterbach präsentiert. (cbt)

Bauernfamilien hatten viele Kinder, das Land wurde unter ihnen aufgeteilt. Oft waren die Parzellen zu klein für ein Auskommen. Den Vätern blieb nur die Arbeit als Ackerer, Tagelöhner und Knecht. Im Jahr 1854 lebten in den Bürgermeistereien Kürten und Olpe rund 2700 Menschen, etwa 1200 waren jünger als 16 Jahre. Die Schulen waren damals überfüllt.

Der Weiler Obercollenbach, heute mit „K“ im Namen, war vor dem Straßenbau einer der Hauptorte gewesen und hatte seit etwa 1810 ein Schulgebäude. Es sollen über 300 Kinder in einem einzigen Klassenraum unterrichtet worden sein, berichtet der Biesfelder Heimatkenner Otto Müller aus alten Dorfgeschichten. Ein neues Schulhaus musste her, und es entstand im kleinen Nachbarort Biesfeld an der neuen Chaussee.

Die Namen einiger prägender Pädagogen: Fräulein Agathe Henseler, Julius Koch, Josef Cadera, Klaus Pimpels, in den 1990ern die Leiterin Doris Semkat. Lehrer Eisenbach unterrichtete von 1834 bis 1884, er gilt als erster Hauptlehrer an der Biesfelder Schule. Auf den wenigen Schwarz-weiß-Fotos, die erhalten sind, schauen die Kinder ernst in ihre bäuerliche Umgebung. Die Mädchen tragen Kleider, ihre Haare sind brav nach hinten gekämmt, viele tragen eine weiße Schleife. Sie wirken schon wie junge Erwachsene, obwohl sie vielleicht erst zehn, elf Jahre alt sind. Oft mit Matrosenjacken und dunklen Anzügen posieren die Jungen, auch sie schauen sehr ernst.

Auf einer Aufnahme, von der wir wissen, dass sie um 1918 entstand, sind 50 Jungen und Mädchen gemeinsam versammelt, mit den Lehrern Hoeck, Henseler und Jung. Die Bilder sprechen auf ihre Weise: Schule ist ein Ort, der viel mit Zucht und Ordnung zu tun hat. Dass ein Kind gern zur Schule gegangen ist, ist in diesen Aufnahmen nur schwerlich anzusehen. Körperliche Strafen waren an der Tagesordnung. Kinder hatten Angst vor den Pädagogen, die mehr Aufseher als Lehrer waren. Wer nicht richtig antwortete oder abgelenkt war, bekam den Rohrstock zu spüren oder wurde an den Ohren durch die Klasse gezogen. „Heute lachen die Kinder, wenn so etwas erzählt wird. Aber es war nicht zum Lachen“, sagt Gabi Engels. Heute ist es anders.

Schule im 21. Jahrhundert ist eine lebendige, quirlige, lebhafte Sache, mit aufgeweckten Mädchen und Jungen. Spaß soll der Schulbesuch machen, Neugierde aufs Lernen wecken. In Biesfeld gibt es ein Schulprogramm, das die Wissensvermittlung fördert und die Schule als Lebensort darstellt, es gibt eine engagierte Elternpflegschaft und einen Förderverein, der vieles bewirkt. Neben der Schule steht den Kindern eine Offene Ganztagesbetreuung bis in den Nachmittag hinein offen.

Schule ist permanent im Wandel, auch in Biesfeld. Freies Lernen heißt das Prinzip, das Gabi Engels und ihren Kolleginnen am Herzen liegt. Zwei Schulstunden bekommen die Kinder morgens Zeit, um sich intensiv mit Rechnen oder Deutsch zu befassen. Seit vier Jahren ist Gabi Engels die Leiterin der Grundschule, Britta Pütz ihre Vertreterin. Zweimal im Monat gibt es eine Kinderkonferenz, in der Kinder aus allen Klassen ihre Wünsche nennen können. Schule, sagt Gabi Engels, solle ein Platz zum Leben und Lernen sein.

An- und Umbauten gab es nach 1867 mehrmals, 1882 das erste Mal. 1932 wird berichtet, dass der Schüler-Andrang so stark war, dass Klassen vormittags und nachmittags unterrichtet werden mussten, im Schichtbetrieb. Das alte Schulhaus blieb über die Jahrzehnte unverändert, und irgendwann war es nicht mehr zeitgemäß. 1962 legte man das Gebäude der damaligen Katholischen Volksschule Biesfeld nieder, das moderne Flachgebäude entstand. 1968, nach der Schulreform, gründete sich die heutige Gemeinschaftsgrundschule. Im Jahr 2018 steht damit dann das nächste Fest vor der Türe: 50 Jahre Grundschule Biesfeld.

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