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Mann hinter den KulissenJoachim Badorek ist Manager von Kabarettist Jürgen Beckers

Lesezeit 6 Minuten
Joachim Badorek bespricht sich mit Kabarettist Jürgen Beckers.

Joachim Badorek bespricht sich mit Kabarettist Jürgen Beckers.

Rhein-Berg – „Papa, is dat Rimini?“, mimt der Kabarettist auf der Bühne ein kleines Kind, dem es auf dem Autorücksitz des VW Käfer langweilig wird, und antwortet gleich darauf als der angesprochene Papa: „Nein, dat is ers Moitzfeld“.

Schweigen auf dem Rücksitz, Gelächter im großen Saal des Bergischen Löwen. Im Halbdunkeln neben der Bühne steht ein Mann und lächelt. Er mag den Humor des Mannes im Scheinwerferlicht, könnte sich über manche Pointe immer wieder kaputtlachen – obwohl er jede Szene bald auswendig kennt.

Schließlich ist Joachim Badorek aus Kürten der Manager des Kabarettisten im Scheinwerferlicht: Jürgen B. Hausmann alias Jürgen Beckers, für den Badorek Jahre zuvor gelegentlich als Fahrer im Karneval eingesprungen war.

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Lautlos öffnet Badorek die Tür, neben der Bühne. Gleich ist Pause, da will er hinter der Bühne sein. „Kennengelernt habe ich Jürgen über Willibert Pauels“, erinnert er sich: „Das war auch backstage, ich habe damals den Bergischen Jung zu den Auftritten gefahren.“

Pauels und Beckers hatten damals auch außerhalb des Karnevals bereits gemeinsam Programme auf die Bühne gebracht, etwa in Hennef, wo auch eine DVD-Aufzeichnung entstand. Als Pauels dann krank wurde, sich wegen Depressionen in Behandlung begab und in der Folge konsequent von den großen Bühnen des Karnevals Abstand hielt, traf es sich wie ein glücklicher Zufall, dass Beckers einen neuen Manager brauchte.

Der gelernte Kaufmann, langjährige Inhaber einer Elektronikfirma und Unternehmensberater Badorek, den viele nur unter seinem Spitznamen „Jogi“ kennen, sprang ein – und übernahm von jetzt auf gleich das komplette Management von Beckers Frau, die wieder in ihren Beruf als Lehrerin zurückkehren wollte.

Freund und engster Vertrauter

„Jogi ist längst auch als Freund mein engster Vertrauter“, sagt Beckers. Vor allem seine Loyalität, seine Vielseitigkeit und Spontanität schätze er besonders, sagt der 53-Jährige und grinst: „Und er ist ein exzellenter Handwerker: Zuhause hat er mir sogar ein Schwimmbad gebaut.“ Bühneninspizient, Büroleiter und persönlicher Berater – oft ist Badorek von allem etwas. So wie zwei Stunden vor Beckers Auftritt im Bergischen Löwen in Bergisch Gladbach.

Zusammen mit dem Techniker Reinhold Scharbau, Musiker Harald Claßen und dem Merchandising-Verantwortlichen Franz-Josef Nießen sitzen Beckers und Badorek in der Garderobe. „Gegessen wird immer zusammen“, sagt Beckers. Vorher aber wartet noch Arbeit auf den Kabarettisten. Badorek hat eine dicke Mappe mit Post mitgebracht. Fanpost, Interviewwünsche und Anfragen für Auftritte. Allein 100 Gastspiele mit seinem Kabarettprogramm hat Beckers jedes Jahr, hinzu kommen an die 80 Auftritte im Karneval. Und ganz besondere Gastspiele: Wie dieses Jahr bei der Tagung der Deutschen Bischofskonferenz in Bensberg, zu der Beckers für einen Auftritt eingeladen war.

„Da ist es gut, wenn man einen hat, der einem alles etwas vom Hals hält“, sagt Beckers und klopft seinem „Mann für alles“ auf die Schulter. Wenn er etwas braucht – Badorek besorgt’s. Selbst wenn’s aufwendiger ist, auch gerne über Nacht. So wie die Attrappe des VW-Käfers, die im aktuellen Programm auf der Bühne steht. „Die Regisseurin hat angerufen und gesagt, wie sie aussehen soll, und einen Tag später war sie fertig“, erinnert sich Badorek an das gute Zusammenspiel mit dem Team der Gladbacher Firma „Sign Factory“, die auch maßgeblich am aktuellen Bühnenbild mitgewirkt hat. Mindestens einmal die Woche fährt Badorek von Kürten zu Beckers nach Aachen, sonst nutzt er die Fahrten zu Auftritten oder die Zeit hinter der Bühne, um mit seinem „Chef“ alles rund um die Post, Finanzen, Bestellungen, Steuern und Co. zu besprechen.

Kein Job wie jeder andere, aber einer, der „unglaublich viel Spaß macht“

„Mein Job ist es, ihn von dem täglichen Klein-klein zu entlasten“, sagt Badorek. Kein Job wie jeder andere, aber einer, der „unglaublich viel Spaß macht“, wie Badorek sagt. Aber keiner mit 40-Stunden-Woche. Da ist es gut, dass Badoreks drei Kinder mittlerweile erwachsen sind. Auf Ende August freut sich der 60-Jährige besonders: Dann wird er Opa. Wie es ist für einen Künstler zu arbeiten, der mal Lehrer für Griechisch, Latein und Geschichte war? „Was das Lateinische angeht, komme ich mit meinem rudimentären Wissen aus Asterix und Obelix ganz gut parat“, sagt Badorek augenzwinkernd, packt die Aktenmappe weg und holt das Essen: Grillpfanne und Nackensteak. Nicht nur Beckers mag’s vor dem Auftritt gerne deftig. „Wenn Jogi bei uns zu Hause ist, koch ich auch gern mal für ihn“, sagt der leidenschaftliche Hobbykoch Beckers.

Die Stimmung in der Garderobe hinter der Bühne ist entspannt, schließlich ist das Programm gut eingespielt. „Wenn’s gerade ein neues ist, probe ich vor den Auftritt auch noch einmal die Lieder – wie vor einer Klassenarbeit“, sagt Beckers lächelnd.

An diesem Abend reicht ein Soundcheck. Sein Musiker Harald Claßen und er sind auf der Bühne ein eingespieltes Team. Auch wenn mal was schief geht. So wie vergangenes Jahr in Kamp-Lintfort, als Beckers in die Käfer-Attrappe „einstieg“, und diese ebenso umfiel wie die Bühnenwand hinter ihm. Glücklicherweise stand Badorek gerade hinter der Bühne, fing die kippende Kulisse auf und reagierte sofort: „Ich glaube, Jürgen hat den Rückwärtsgang eingelegt.“

Kölner Karneval ist ein Highlight

Einer der aufregendsten Termine jedes Jahr ist im Oktober der Vorstellabend vor dem Kölner Karneval. „Die Rede ist für mich immer wie eine Staatsexamensprüfung“, sagt Beckers. Woran Badorek merkt, dass der Chef aufgeregt ist? „Die Frequenz der Toilettengänge ist dann vor einem Auftritt doch etwas höher“, sagt der 60-Jährige schmunzelnd. An diesem Abend im Bergischen Löwen reicht einer, dann spucken sich Beckers und Badorek in der Kulisse über die Schulter, Badorek wünscht „Toi, toi, toi“, und Beckers geht auf die Bühne.

Nach der Karnevalssession im Frühjahr 2015 ging auf einmal gar nichts mehr. Beckers wurde krank. Burn-out. Er ging in die gleiche Klinik, in der sich zwei Jahre zuvor auch Willibert Pauels hatte helfen lassen. „Die komplette Frühjahrs-Tournee musste verschoben werden“, erinnert sich Badorek. „Wir haben das mit vereinten Kräften aber ganz gut hinbekommen: Alle Veranstaltungen sind nachgeholt worden, als Jürgen wieder zurück auf der Bühne war.“

Apropos Bühne. Da steuert das Programm allmählich den Zugaben entgegen. Beckers hat wie vor jedem Auftritt Landkarten und Stadtpläne studiert. Und streut jetzt mal wieder Lokalkolorit ein: „Bergisch Gladbach wird immer schöner“, leitet er einen imaginären Dialog zwischen zwei Zeitgenossen ein. „Wegen der Neubaugebiete?“, fragt er. „Nee, meine Schwiegermutter ist nach Bensberg gezogen.“ Der Saal johlt – bis auf ein paar Gäste aus Bensberg.

Obwohl seine Programme seit dem Jahr 2011 stets vom Fernsehen aufgezeichnet worden sind und gerne wiederholt werden – das Bühnenerlebnis lassen sich auch solche Fans nicht entgehen, die eigentlich alle Programme schon kennen. So wie die Familie aus Leverkusen, die nach dem Programm wie zahlreiche andere Fans im Foyer auf Beckers warten: „Wir haben uns vorgestern noch eine Aufzeichnung von Ihnen zum x-ten Mal angesehen, aber wir lachen immer noch jedes Mal über jeden Witz“, sagt der Familienvater. Joachim Badorek lächelt: Das kann er nur zu gut nachvollziehen.

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