Erhöhung 2013Streit um Pacht in Rösrath schwelt seit Jahren

Lesezeit 4 Minuten
Elisabeth (M.) und Gert Rustemeyer empfinden die Pachterhöhung als „Härte“. Auch Nachbarin Ursula Nau ist betroffen.

Elisabeth (M.) und Gert Rustemeyer empfinden die Pachterhöhung als „Härte“. Auch Nachbarin Ursula Nau ist betroffen.

Rösrath – Wer einen Vertrag schließt, kann sich auf das Vereinbarte verlassen – sollte man meinen. Gert und Elisabeth Rustemeyer aus Forsbach erlebten jedoch, dass es nicht immer so ist. 1974 schlossen sie einen Erbpachtvertrag mit der Gemeinde Rösrath. Sie pachteten ein 858 Quadratmeter großes Grundstück im Baugebiet Überhöfer Feld.

Vereinbart waren eine Laufzeit von 75 Jahren und ein Erbpachtzins von 2,40 Mark pro Quadratmeter und Jahr. Dieser Betrag sollte unverändert bleiben, der Vertrag wurde ausdrücklich „ohne Preisgleitklausel“ geschlossen. Zu zahlen waren demnach jährlich 2059,20 Mark. Das entspricht heute 1052,86 Euro.

39 Jahre später, im Sommer 2013, erhielt das Ehepaar Rustemeyer jedoch eine Mitteilung der Stadt Rösrath, dass der dauerhaft fixe Erbpachtzins nicht aufrechtzuerhalten sei.

Betroffen waren auch andere Pächter im Wohngebiet Überhöfer Feld. Für das Grundstück der Rustemeyers stieg die seit 39 Jahren unveränderte Pacht um 211 Prozent auf 3276,92 Euro. „Das ist maßlos“, findet Gert Rustemeyer. Der pensionierte Gymnasiallehrer wehrt sich seit fast vier Jahren mit Briefen, Gesprächen und juristischen Mitteln. Er war mehr als 25 Jahre Ratsmitglied und bis 1989 CDU-Fraktionschef, danach stellvertretender Bürgermeister. Daher verfügt er bis heute über einen guten Draht zur Kommunalpolitik. Doch es bleibt bei der erhöhten Pacht.

Grundlage ist Urteil aus 1985

Grundlage dafür ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs von 1985. Danach darf auch eine laut Vertrag fixe Pacht erhöht werden, wenn sie nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zu den gestiegenen Lebenshaltungskosten steht. Der Fachbegriff dafür heißt „Äquivalenz-Störung“.

Diese ist festzustellen, wenn sich der Index der Verbraucherpreise gegenüber der Zeit des Vertragsabschlusses um mehr als 150 Prozent verändert hat. Damit gibt es eine exakte Grundlage für das Vorgehen der Stadt. Auch die neue Höhe der Pacht folgt der Rechtsprechung.

Fast so hoch wie monatliche Pension

Rustemeyer hingegen fordert eine „bürgerfreundliche Verwaltung“. Die Stadt könne eine „Härte“ für ihn und seine Frau abmildern. Dabei solle sie dem Grundsatz der „Billigkeit“ folgen. Die jährliche Pacht von 3276,92 Euro sei fast so hoch wie seine monatliche Pension. Das heißt: Er muss rund ein Zwölftel seiner Pension, also 8,3 Prozent, für die Pacht aufwenden. Das könne er „auf Dauer nicht leisten“, schrieb er an die Fraktionschefs im Stadtrat.

Zweimal traf er Bürgermeister Marcus Mombauer (CDU) im Rathaus, auch an CDU-Landtagsmitglied Holger Müller wandte er sich. Doch die Stadt blieb bei ihrer Haltung. Sie verklagte Rustemeyer auf Nachzahlung der seit 2013 erhöhten Pacht, das Landgericht Köln gab ihr Recht. Rustemeyer wandte sich an die Kommunalaufsicht beim Rheinisch-Bergischen Kreis: Sie stellte fest, dass die Stadt rechtmäßig handele.

Das könnte Sie auch interessieren:

Sie widersprach auch Rustemeyers Argumentation, er werde schlechter behandelt als andere Pächter. Laut Rustemeyer sind ehemalige Mitarbeiter der Gemeinde Rösrath von der Erhöhung ausgenommen. Die Kreisverwaltung stellt dagegen fest, dass die „Äquivalenz-Störung“ bei diesen Pächtern noch nicht eingetreten sei.

Verträge etwa zur gleichen Zeit abgeschlossen

Bürgermeister Mombauer sagt auf Anfrage, bei allen Erbpachtverträgen werde die Pacht erhöht, sobald die rechnerische Grundlage gegeben sei. Rustemeyer wiederum kann nicht nachvollziehen, dass das bei anderen Pächtern erst später der Fall sein soll – die Verträge seien etwa zur gleichen Zeit geschlossen.

Mombauer äußert Verständnis für Rustemeyers Sicht: „Ich kann das rein menschlich nachvollziehen.“ Er sieht aber „ein krasses Missverhältnis“ zwischen der vertraglich fixierten Pacht und der rechtmäßigen Forderung der Stadt. Rustemeyer sei über viele Jahre begünstigt worden. „Irgendwann muss damit Schluss sein.“

Übrigens hat die Stadt dem Ehepaar Rustemeyer auch angeboten, ihr Grundstück zu kaufen für 169.000 Euro. Das ist ein Quadratmeterpreis von 197 Euro. Marktüblich sind zurzeit 360 Euro. Doch Rustemeyer müsste dafür einen Kredit aufnehmen, mit einer monatlichen Belastung von etwa 600 Euro. Das sei für ihn und seine Frau nicht zu schultern, hält er fest. Angesichts der heutigen Grundstückspreise und Mieten schüttelt Mombauer darüber den Kopf. Zu Rustemeyers Widerstand gegen die Pacht-Forderung sagt er: „Es ist ein Punkt erreicht, wo er sich selbst schadet.“

Rundschau abonnieren