PortraitAutorin Uta Harst schreibt in Worte gefasste Musik

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Künstlerin Uta Harst aus Rösrath-Hoffnungsthal schreibt Lyrik und Prosatexte.

Künstlerin Uta Harst aus Rösrath-Hoffnungsthal schreibt Lyrik und Prosatexte.

Rösrath – „Ursprünglich wollte ich Opernsängerin werden“, erzählt Autorin Uta Harst. Sie habe schon die Ausbildung am Aachener Konservatorium begonnen, doch wegen ihres übergroßen Lampenfiebers habe sie sich schließlich anders entschieden.

Sie studierte Germanistik und Philosophie, promovierte, unterrichtete an einem Gymnasium – und fing an zu schreiben. Die Nähe zur Musik sei aber erhalten geblieben. „Daher kommt es, dass meine Sprache auch Melodie ist – in Worte gefasste Musik“, sagt die Autorin, die im Oktober als Preisträgerin beim ersten Literaturwettbewerb der Gruppe 48 von sich reden machte. Der musikalische Einfluss sei nicht nur in ihrer Lyrik, sondern auch in Prosatexten erkennbar.

Ohne sperrige Sätze

Beim Leser von Harsts neuestem Roman „Rückkehr nach Amazonien“ kommt zumindest an, dass es eine angenehme Lektüre ist – ohne sperrige Sätze, die den Lesefluss bremsen. Die Geschichte dreht sich um eine pensionierte Klavierlehrerin, die auf ihre Jugend in Aachen zurückblickt.

Da sind Parallelen zur Biografie der Autorin unübersehbar: 1946 im sächsischen Wurzen geboren, wuchs sie in Aachen auf, auch sie war Lehrerin und ist nun im Ruhestand. Auf die Frage, ob der Roman viel von ihrem eigenen Erleben wiedergebe, antwortet Harst mit einem klaren Ja. Daher habe sie das Buch auch einer Freundin gewidmet, die sie seit ihrer Kindheit kenne.

Zugleich betont die Autorin, die Handlung sei insgesamt fiktiv. Eingeflossen seien auch Zitate aus dem Shakespeare-Drama „Der Sturm“, auch das Buchcover greift ein Motiv daraus auf. Das Stück erzählt die Geschichte von Prospero, der als Herzog von Mailand von seinem Bruder vertrieben wurde, auf eine Insel flüchtete und schließlich in seine Heimat zurückkehrt.

Anküpfen an Klassisches und antike Mythen

An klassische Stoffe oder antike Mythen knüpft Harst auch an anderer Stelle an, mitunter im Zusammenspiel mit bildenden Künstlern. Der 2016 erschienene Band „Saitensprünge“ bringt Zeichnungen der Künstlerin Ruth Tauchert mit Texten von Harst zusammen, Ausgangspunkt war eine Eros-Skulptur im Akademischen Kunstmuseum Bonn, die beide faszinierte.

Auch den Band „Götterspiel“, ebenfalls 2016 erschienen, haben Harst und Tauchert gemeinsam gestaltet: In Gedichten und Bildern setzen sie sich mit antiken Mythen auseinander. Tauchert ist Mitglied in der Künstlerinnen-Vereinigung Gedok Bonn, Harst arbeitet dort ebenfalls mit – sie leitet die Fachgruppe Literatur.

Zum Schreiben kam Harst schon in ihrer Studienzeit, ihr besonderes Interesse galt der Lyrik. „Ich bin eher ein Mensch, der sehr stark verknappt“, erklärt die Autorin. Der Prosa habe sie sich daher erst später zugewandt, doch die Leser hätten sofort sehr positiv reagiert. Ein Freund habe ihr gesagt: „Deine wahre Stärke liegt in der Prosa.“

Arbeit an zwei Manuskripten

Zurzeit arbeitet Harst, die mit ihrem Ehemann seit 1992 in Hoffnungsthal wohnt, parallel an zwei Manuskripten. „Eines ist zunächst liegengeblieben, weil sich eine andere Idee vordrängte“, erzählt sie. Doch diese Arbeitsweise ist ihr angenehm: Bei früheren Projekten habe sie nach Fertigstellung eines Buchs „einen leichten Entbindungsschock“ empfunden, dieses Problem trete bei zwei gleichzeitig bearbeiteten Büchern nicht auf. Wenn sie eines beende, bleibe noch das andere Projekt.

Wenn eine Idee gereift sei, schreibe sie ein Buch „relativ schnell runter“, sagt Harst. Ganz anders sei es mit ihrem ersten Buch „Kentaurenträume“ gewesen, das erst nach acht Jahren fertig wurde. Das liegt an dem schwierigen Thema und der persönlichen Nähe dazu: Harst verarbeitet die Geschichte ihres Doktorvaters Hans Schwerte, der als Literaturwissenschaftler nach ihren Aussagen „ein liberaler Geist“ war, aber seine NS-Vergangenheit verleugnete.

Doktorvater war SS-Hauptsturmführer

Als er emeritiert war, wurde publik, dass er es im Nazi-Regime mit seinem wirklichen Namen Hans Ernst Schneider bis zum SS-Hauptsturmführer und Abteilungsleiter im persönlichen Stab des Reichsführers SS gebracht hatte – was er nach 1945 aber aus seinem Leben löschte, indem er eine neue Identität annahm. Sie habe davon im „Spiegel“ gelesen, erinnert sich Harst. Für sie sei das eine „Erschütterung“ gewesen.

Im Rösrather Kulturbetrieb trat Uta Harst bisher kaum in Erscheinung – bis sie mit dem Preis der Gruppe 48 viel Aufmerksamkeit auf sich zog. Hinzu kommt, dass sie im täglichen Leben als Uta Oberkampf bekannt ist, während sie ihren Autorennamen Uta Harst nur in literarischen Zusammenhängen benutzt. Uta Harst sei ihr Mädchenname, erklärt sie: Er schaffe eine gewisse Distanz zwischen ihrem Alltag und ihrer Arbeit als Autorin.

Veröffentlichungen

Rückkehr nach Amazonien. Roman, Free Pen Verlag, Bonn 2016. 203 Seiten, ISBN 978-3-945177-34-1, 10 Euro.

Saitensprünge. Eine Suite zu Zeichnungen von Ruth Tauchert. Free Pen Verlag, Bonn 2016. 56 Seiten, ISBN 978-3-945177-30-3, 9,90 Euro.

Götterspiel. Mit Bildern von Ruth Tauchert. Free Pen Verlag, Bonn 2016. 120 Seiten, ISBN 978-3-945177-37-, 12 Euro.

Kentaurenträume. Erinnerungen an „68“. Südwestbuch Verlag, Stuttgart 2012. 99 Seiten,

ISBN 978-3-942661-85-0, 9,90 Euro.

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