Unternehmen in Bergisch GladbachMarkisen, Segel, Gartenmöbel: Musculus arbeitet mit der Sonne

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Die Stoffe in allen Farben und mit Aufdrucken werden in der Firma Musculus maschinell und manuell zugeschnitten, je nach Bedarf.

Die Stoffe in allen Farben und mit Aufdrucken werden in der Firma Musculus maschinell und manuell zugeschnitten, je nach Bedarf.

Bergisch Gladbach – Die kleine Bodenklappe in der Produktionshalle ist mit einem Handgriff geöffnet. Langsam gleitet ein fertiges, aufgerolltes und in Folie verpacktes Markisentuch mit einer Breite von acht Metern wie auf einer langen Rutschbahn durch das eckige Loch. Um die langen sperrigen Tuchrollen von der Produktionshalle im Obergeschoss nach unten zum Versand zu transportieren, hat sich die Firma Musculus die praktische Lösung mit der Bodenklappe einfallen lassen. Am Ende der „Rutschbahn“ im Erdgeschoss nimmt ein Mitarbeiter die Ware an. „Rund 250 Tücher müssen täglich nach unten gebracht werden. Für den Aufzug sind die meisten Rollen zu groß“, erklärt Sandra Musculus.

Eine Tonne Markisentücher aus Bergisch Gladbach

In der Manufaktur des Bergisch Gladbacher Spezialisten für Markisen, Sonnenschutz und Gartenmobiliar wird jeder Meter für die Produktion genutzt. Rund eine Tonne Markisentücher in allen Farben und Designs werden hier während der Hochsaison von April bis September verarbeitet. An vier langen beleuchteten Glastischen schneiden Mitarbeiter an halbautomatischen Maschinen die Stoffbahnen zu.

Zu wenig Platz für die Arbeit

An einem weiteren Tisch werden kürzere Bahnen manuell geschnitten. An insgesamt sechs weiteren Tischen gleiten die Nähmaschinen über die bunten Stoffbahnen. „Wir haben kürzlich eine neue Zuschneidemaschine angeschafft“, sagt Sandra Musculus. „Wir könnten noch eine weitere einsetzen, aber uns fehlt einfach der Platz.“ Auch im ebenerdigen zweiten Produktionsbereich, in dem alle PVC-beschichteten Materialien beispielsweise zu Segeln, Bannern oder Markisen verarbeitet werden, ist keine Ecke mehr frei.

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Oberstes Gebot bei der Verarbeitung der spinndüsengefärbten und imprägnierten Acrylstoffe: keine Falten, keine Knicke. „Wenn die einmal drin sind, glättet sich das Material nicht mehr. Deshalb wird jedes Tuch gerollt“, erklärt Sandra Musculus. Exakte Zuschnitte genau nach der Musterung sollen die gleichfarbigen Nähte nahezu unsichtbar machen.

Warum die Firma sogar Aufträge ablehnen muss, erfahren Sie im nächsten Abschnitt.

Wegen Auslastung Aufträge ablehnen

Die emsige Geschäftigkeit beim Schneiden, Nähen, Aufrollen und Verpacken spricht für sich: Der Laden brummt. „Wir sind völlig ausgelastet und müssen schon Aufträge ablehnen“, sagt Georg Musculus während er zügig für einen Kunden Muster von neuen Designs zuschneidet. Der 64-jährige Geschäftsmann arbeitet seit 1968 im Betrieb und kennt jeden Arbeitsschritt der Fertigung aus dem Effeff. „Unser Vorteil am Markt sind unsere große Auswahl, der hohe Qualitätsstandard und die zuverlässige Lieferung innerhalb von ein bis zwei Wochen. Das bieten bundesweit nicht mal eine Hand voll Betriebe, was uns wiederum Unabhängigkeit gibt“, erklärt Musculus.

Das Unternehmen liefert europaweit und in die USA überwiegend an Fachhändler. Die Metallgestelle für die Montage kauft der Betrieb fertig dazu. So bekommt auch der Privatkunde, der Haus oder Terrasse beschatten will, bei der Gladbacher Firma „alles aus einer Hand“.

1942 in Köln gegründet

Der Blick in die Firmenchronik zeigt schnell: Bei Familie Musculus hat der Vorname Georg Tradition und ist im Firmennamen fest verankert. Georg Musculus gründete 1924 die Firma in Köln. Sein Sohn Georg Friedrich Musculus baute das Unternehmen nach dem Zweiten Weltkrieg wieder auf, verlagerte es im Zuge der Betriebserweiterung 1980 nach Bensberg und übergab die Firmenleitung 1991 an seine Söhne Georg Christian und Klaus. Deren Kinder Sandra, Christopher und Lucas sind inzwischen auch in verschiedenen Bereichen des Familienbetriebs tätig.

Qualität wegen guter Ausbildung

71 Beschäftigte arbeiten in dem Unternehmen, darunter fünf Auszubildende. „Wir bilden in drei Berufen aus und sichern uns damit das Fachpersonal. Denn gut ausgebildete Leute sind für unsere Branche schwer zu finden“, sagt Sandra Musculus, die für das Personal und den Einkauf zuständig ist. Alle Mitarbeiter seien fest angestellt und teilweise schon Jahrzehnte im Betrieb tätig. „Letztlich profitiert das Unternehmen vom Engagement und Fachwissen der Beschäftigten. Das wäre mit Aushilfen und Leiharbeitern nicht möglich“, weiß die Kauffrau.

Neuer Standort in Bensberg?

Da die Produktionskapazitäten erreicht sind, will die Unternehmensleitung schon seit langem in Bensberg an der Overather Straße einen neuen Standort bauen und die Produktion erweitern. Das Grundstück, bisher grüne Wiese, besitzen Georg und Klaus Musculus längst. Der Neubau im künftigen Gewerbegebiet Vinzenz-Pallotti-Straße scheiterte bisher am Bebauungsplan, der vor Gericht nicht bestand. Seit Ende 2013 gibt es einen Beschluss für einen neuen Plan, an dem die Stadt Bergisch Gladbach seitdem arbeitet. „Wir brauchen rund 3000 Quadratmeter für die Produktion. Jetzt haben wir knapp 2000 Quadratmeter. Eigentlich könnte am neuen Standort von uns aus in sechs Monaten alles klar sein“, erläutert Georg Musculus zum Stand der Planungen.

Expansion steht fest

Doch der Unternehmer ist vorsichtig geworden mit seinen Plänen in Bensberg. Deshalb hat er sich auch schon woanders umgesehen. „Wir haben als Unternehmer auch Verantwortung. Wenn wir den Neubau bis Ende 2016 nicht über die Bühne haben, gehen wir mit dem Betrieb nach Köln. Da habe ich drei Flächen zur Auswahl“, sagt er. Dass die Firma Musculus expandiert, steht fest. Es ist nur die Frage, wo das sein wird.

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