BrühlEhepaar richtet Haus für fünf Flüchtlinge her – rechte Parolen an Wände gesprüht

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Fünf Flüchtlinge aus Eritrea und Afghanistan wollen in Kürze in dieses Haus in Badorf einziehen.

Fünf Flüchtlinge aus Eritrea und Afghanistan wollen in Kürze in dieses Haus in Badorf einziehen.

Brühl – Ein Anruf machte Karola Meck-Theben am jüngsten Donnerstagmorgen ziemlich fassungslos, „vielmehr unendlich traurig“, sagte sie.

Der Bauleiter, der den Umbau ihres im März erworbenen Hauses in Badorf verantwortet, informierte sie darüber, dass mehrere Wände des dreigeschossigen Gebäudes in der vergangenen Nacht mit fremdenfeindlichen Schmierereien wie „Nigger raus“ und Hakenkreuzen verunstaltet wurden.

Er entdeckte die Parolen in schwarzer Schrift bei Arbeitsbeginn an diesem Morgen. Zudem war in einem Raum der Geruch von verschütteter Buttersäure deutlich wahrzunehmen. Gemeinsam informierten daraufhin Karola und Claus Meck-Theben an diesem Vormittag die Polizei und erstatteten Strafanzeige. Die Beamten fuhren zu dem Haus, machten Fotos und suchten nach Spuren.

Der Fall wurde noch am gleichen Tag zum Staatsschutz nach Köln geschickt, die weitere Ermittlungen einleiten werden. „Es werden Farbspuren genommen und es wird nach DNA-Anhaftungen und Fußabdrücken gesucht“ erklärte ein Sprecher des Staatsschutzes. Die Chance, brauchbare Spuren zu finden, seien in diesem Fall nicht unwahrscheinlich.

Denn die Beschädigungen waren an der Rückseite des Hauses. Die Täter seien vermutlich über einen seitlich angrenzenden Zaun geklettert, so ein Beamter.

Dem Ehepaar Meck-Theben sei schnell klar geworden, dass die Schmierereien nicht von ungefähr kommen, wie sie in einem Gespräch mit dieser Zeitung berichteten, und dass vor allem über die künftige Nutzung des Hauses falsche Fakten die Runde machten und so für Beunruhigungen sorgten.

„Uns ist sehr daran gelegen, dem entgegenzutreten und darüber zu informieren, was wir mit dem Umbau dieser Bestandsimmobilie beabsichtigen“, so Claus Theben.

„Entstehen sollen hier drei Wohnungen. Wir wollen damit fünf Menschen, fünf Flüchtlingen, die wir seit eineinhalb Jahren als offizielle Paten der Stadt Brühl betreuen, inzwischen sehr gut kennen und mögen, mit einer Mietwohnung einen Start in ein eigenständiges Leben ermöglichen“, erklärte er.

„Keine Unterkunft für 15 Flüchtlinge“

„Wir bauen keine Unterkunft für 15 Flüchtlinge, wie uns zu Ohren gekommen ist“, stellte er klar. Um den Anwohnern das mitzuteilen, haben die Eigentümer nun einen Brief verfasst und rund 50 Kopien in Badorf verteilt.

Als sie Ende März mit dem Umbau des Hauses begannen, hatten sie bereits bei einigen Nachbarn geklingelt, um sie über ihr Projekt zu informieren, und seien dabei auf Zustimmung und auch Skepsis gestoßen. Von ihrem Vorhaben blieben sie aber überzeugt.

Als das Ehepaar vor knapp zwei Jahren eine Informationsveranstaltung der Stadt über Flüchtlinge besuchte, gefiel ihnen der Gedanke der Patenschaft. Sie sahen darin eine Begegnung auf Augenhöhe, die Neuankömmlingen eine gute Unterstützung bei ihrem Einleben bieten kann. Eine Hilfe, die sie sich vorstellen konnten, gut zu leisten.

So absolvierten sie den entsprechenden Qualifizierungskurs für Paten und es entstand der Kontakt zu fünf Männern im Alter von 18 bis 31 Jahren. Vier von ihnen, sie sind christlichen Glaubens, flohen vor Terror und Verfolgung aus Eritrea und einer aus Afghanistan. Derzeit wohnen sie in einer städtischen Flüchtlingsunterkunft jeweils zu viert in einem Zimmer. Das sei für die Flüchtlinge keine einfache Situation, weiß Claus Theben.

Besuch eines Integrationskurses

„Alle besuchen einen Integrationskurs, auch zusammen lernen wir immer wieder Deutsch und merken die Fortschritte. Zudem begleiten wir die Flüchtlinge bei Amtsterminen“, erzählte Karola Meck-Theben. „Die Unterstützung betraf nun auch die Wohnungssuche“, so die Brühlerin. „Die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch mit der Stadt klappt dabei sehr gut“, ergänzte sie.

In einer Stellungnahme bedauerte die Verwaltung den geschilderten Vorfall außerordentlich, „weist aber ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei der Sachbeschädigung lediglich um die Tat beziehungsweise Meinung eines Einzelnen oder einiger Weniger handelt und für die Stadt Brühl und ihre Bürger keinesfalls repräsentativ ist“. Ferner heißt es in dem Schreiben: „Wenn nun Bürger neu angekommenen Mitbürgern privaten Wohnraum zur Verfügung stellen, so unterstützt das nicht nur die Anstrengungen der Stadt, sondern ist in besonderem Maße geeignet, Integration zu fördern.“

Kennelern-Treffen mit den Anwohnern

Daher begrüßten die Vertreter der Stadt einen gemeinsamen Dialog, zu dem Karola und Claus Meck-Theben in ihrem Brief an die Nachbarn auffordern. „Gern möchten wir nach Fertigstellung des Hauses die Anwohner und neuen Mieter zu einem Kennenlern-Treffen einladen“, betonte noch einmal der Eigentümer, „um Vorurteile abzubauen und Angst zu nehmen.“ Auch die Verwaltung hat ihr Kommen bereits zugesagt.

Den Gedanken, mit dem Umbau eines Hauses Flüchtlingen ein Stück weit eigenen Lebensraum zu bieten, kann Nachbar Christian Booten nachvollziehen und gut verstehen.

Auch, dass man sich darüber im Ort Gedanken mache. Bisher sei es im Dorf aber friedlich gewesen, äußerte er auf Nachfrage der Zeitung nach dem Vorfall. Und er sei zuversichtlich, dass das auch künftig so bleibe.

Der Brief im Wortlaut

Liebe Nachbarn, wir sind die neuen Eigentümer des Hauses in Badorf. Wie wir auf unserer Hauswand lesen konnten, bestehen völlig falsche Vorstellungen über die Nutzung unseres Privathauses. Wir können verstehen, dass es Vorbehalte gegen Menschen anderer Herkunft, anderer Religionen und Hautfarbe geben kann. Aber die Parolen auf unserer Hauswand – mit Hakenkreuzen und rassistischen Sprüchen – überschreiten Grenzen, nicht nur des guten Geschmacks.

Wir betreuen seit 18 Monaten ehrenamtlich eine Gruppe von fünf Flüchtlingen als offizielle Paten der Stadt Brühl. Vier von ihnen kommen aus Eritrea (übrigens christlichen Glaubens), eine aus Afghanistan. Sie wohnen zurzeit in einer Flüchtlingsunterkunft der Stadt Brühl. Sie sind zwischen 18 und 31 Jahre alt. Alle besuchen zurzeit einen Integrationskursus, sprechen schon gut Deutsch und versuchen, sich in Deutschland zu integrieren. Dazu gehört unserer Meinung nach auch das Leben in einer normalen Wohnung. Wir werden die drei Wohnungen in unserem Haus an unsere Schützlinge vermieten. Die Stadt Brühl ist über unser Vorhaben informiert, aber die Vermietung dieses Hauses ist unsere reine private Angelegenheit. Die uns zu Ohren gekommenen Gerüchte, dass dort über 15 Flüchtlinge wohnen sollen, sind völlig absurd.

Wir wollten und wollen immer noch nach Fertigstellung des Hauses die Nachbarschaft zu einem Kennenlernen mit uns und den neuen Mietern einladen. Denn wir finden es wichtig, auch wenn Vorbehalte bestehen, jedem eine Chance zu geben. Leider sprechen die unfreundlichen Sprüche auf unserer Hauswand eine andere Sprache. Wenn Sie Fragen an uns haben, sprechen Sie uns an, oder rufen Sie uns an.

Vielen Dank und herzliche Grüße,

Dr. Karola Meck-Theben,

Dr. Claus Theben

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