Fleischwarenhersteller RemagenHürther Produktion soll nach geplatztem Verkauf wachsen

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250 000 Würste und 100 000 Frikadellen werden jeden Tag in der Fleischwarenfabrik  Remagen hergestellt.

250 000 Würste und 100 000 Frikadellen werden jeden Tag in der Fleischwarenfabrik  Remagen hergestellt.

Hürth – Seit neun Generationen ist der Fleischwarenhersteller Remagen in Familienhand – und nach dem jüngst geplatzten Verkauf des traditionsreichen Unternehmens an den Kölner Fleischwarenhändler Wolfgang Weil und Sohn wird es dabei nach Angaben von Firmenchef Frank Remagen auch bleiben. Remagen kündigt millionenschwere Investitionen am Standort in Hürth an, und mit seinen Töchtern Nina und Nane Remagen steht nun die zehnte Generation in den Startlöchern. „Wir werden das Unternehmen als reinen Familienbetrieb fortführen“, sagt Frank Remagen.

Geplante Geschäftsübernahme nicht mehr möglich

Erst im Oktober hatte er die Übernahme des Geschäfts durch die Kölner bekanntgegeben. „Das Angebot war einfach zu gut“, so erklärt der Fleischwarenfabrikant heute seine Verkaufsabsichten. Doch inzwischen habe der Käufer aus gesundheitlichen Gründen um Auflösung des Vertrags gebeten. Joachim Weil sei vor einigen Wochen erkrankt, deshalb sei die geplante Geschäftsübernahme nicht mehr möglich gewesen. An einen Verkauf denkt Remagen nun nicht mehr. „Ich bin ja nicht selbst mit der großen Glocke über den Markt gegangen und hab’ nach einem Käufer gesucht. Aber es gibt einfach eine Summe, bei der man schwach wird.“ Wie gut das Angebot war, will der Firmenchef nicht verraten: „Über Zahlen spreche ich nicht.“

Die Geschäfte des Familienunternehmens Hardy Remagen führen nun Nane Remagen, Bernd Johnen, Frank Remagen und Nina Remagen (v.l.). Vater und Töchter sind Gesellschafter.

Die Geschäfte des Familienunternehmens Hardy Remagen führen nun Nane Remagen, Bernd Johnen, Frank Remagen und Nina Remagen (v.l.). Vater und Töchter sind Gesellschafter.

„Bei uns im Unternehmen war mit dieser geänderten Lage ein schnelles Umdenken und Handeln gefragt“, sagt Remagen. Im Mittelpunkt der Überlegungen habe die Verantwortung für das Unternehmen und für die 300 Mitarbeiter gestanden. Das Ergebnis: Frank Remagen, bislang alleiniger Gesellschafter, hat seine Töchter Nina und Nane, die bereits in der Geschäftsleitung arbeiten und auch bei einem Verkauf im Unternehmen geblieben wären, in den Gesellschafterkreis aufgenommen. Sie verstärken die Geschäftsführung, zu der auch Produktionsleiter Bernd Johnen gehört, der seit 16 Jahren im Unternehmen ist und dem Frank Remagen bereits einen Großteil der Verantwortung für das operative Geschäft übertragen hat. „Das tägliche Geschäft läuft auch ohne mich“, sagt Remagen, der nun aber weiter im Unternehmen tätig bleiben wird.

Das tägliche Geschäft: Bei Remagen ist das die Produktion von Fleischprodukten, die vor allem an Gastronomiebetriebe geliefert werden. Allein 250 000 Würstchen werden an der Hasenkaule am Tag hergestellt, dazu 100 000 Frikadellen, die am Fließband gebraten werden. „Wir sind der verlängerte Küchenblock für die Gastronomie“, erklärt Frank Remagen die Arbeitsteilung. Das Erfolgsmodell des Familienunternehmens sei die Kombination aus traditionellem Handwerk und industrieller Fertigung, zum Teil nach mit großen Abnehmern abgeschmeckten Rezepten. Gerade erst entwickelte Produktionsleiter Johnen mit Küchenchefs des Münchener Starkochs Alfons Schuhbeck eine Wildfrikadelle.

Currywurst aus Hürth auch auf Mallorca

Remagens Produkte werden in ganz Deutschland in Autobahnraststätten, Möbelhaus-Restaurants und Kantinen verspeist, sogar auf Mallorca gibt’s die Currywurst aus Hürth. Die Hürther liefern seit Jahren die Stadionwurst für den 1. FC Köln, Bayer Leverkusen, den FC Augsburg, den VfB Stuttgart und die TSG Hoffenheim.

Einem Trend folgend, hat Remagen inzwischen auch vegetarische Produkte im Programm. In den Restaurants einer schwedischen Möbelhauskette können vegetarische Hotdogs der Hürther Fleischwarenfabrik gegessen werden. Remagen ist aber überzeugt, dass Fleischprodukte das Hauptprodukt bleiben werden.

Betriebsfläche wird erweitert

Nach dem geplatzten Verkauf will Remagen nun aus eigener Kraft weiter wachsen. Fünf Millionen Euro wird das Unternehmen nach Angaben des Firmenchefs in diesem und in der ersten Hälfte des kommenden Jahres am Standort in Kalscheuren investieren, wo der Betrieb seit 40 Jahren ansässig ist. Die Betriebsfläche soll noch einmal um 3000 auf dann 14 000 Quadratmeter erweitert werden. Auf der Erweiterungsfläche plant das Unternehmen eine neue Produktionsanlage für Frikadellen, mit der die Kapazität verdoppelt werden soll. „Wir werden ein noch besseres Produkt mit weniger Energie herstellen“, so Remagen. Auch die Kühltechnik will er modernisieren.

Ladenlokal wird umgebaut

Darüber hinaus wird das Unternehmen den Direktverkauf seiner Produkte wieder selbst übernehmen. 13 Jahre lang war das Geschäft auf dem Werksgelände verpachtet, die Pächterin sei Ende vergangenen Jahres in den Ruhestand gegangen. Das Ladenlokal wird nun komplett entkernt und umgebaut. Nach Karneval soll der Direktverkauf wieder starten – „pünktlich, wenn die ersten Grills aufgebaut werden“, kündigt Frank Remagen an. Mit dem Wachstum sollen auch mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. „Wir stellen eigentlich ständig ein“, sagt Firmenchef Remagen. Fachkräfte seien aber schwer zu finden, weil immer weniger junge Leute Metzger werden wollten. „Ich würde sofort fünf Metzger auf Vorrat einstellen, wenn ich welche bekommen würde“, so Remagen.

Familienbetrieb in zehnte Generation

Mit dem Aufnahme seiner Töchter Nina und Nane in den Gesellschafterkreis bereitet Frank Remagen (57) die Übergabe des Familienbetriebs Hardy Remagen an die zehnte Generation vor. Zur Geschäftsführung gehört außerdem Produktionsleiter Bernd Johnen.

Nina Remagen (27) hat bei der Rewe Group in Köln eine Ausbildung zur Groß- und Außenhandelskauffrau gemacht, anschließend Betriebswirtschaft studiert und Erfahrungen in der Systemgastronomie gesammelt. Schon im Alter von zwölf Jahren half sie im Familienunternehmen mit. Seit vier Jahren arbeitet sie fest im Betrieb und leitet heute die Marketing- und Vertriebsabteilung.

Nane Remagen (26) absolvierte zunächst ein duales Studium Industriemanagement an der Europäischen Fachhochschule in Brühl und schloss anschließend auch noch eine Ausbildung zum Metzger ab. In Augsburg erwarb sie schließlich ihren Meisterbrief. Sie ist seit drei Jahren im Unternehmen tätig und für die Produktion mitverantwortlich.

300 Jahre Geschichte

Bis ins Jahr 1718 reicht die Geschichte des Fleischwarenherstellers Remagen   zurück. Keimzelle  ist eine Metzgerei, die  Theodor Remagen  in der Lintgasse in Köln führte.

Hardy Remagen übernahm das Unternehmen im Jahr 1963 und zog 1977 an die Hasenkaule nach Hürth-Kalscheuren. Der Betrieb hatte damals  eine Fläche von  1000 Quadratmetern.

Seit 1997 führt Frank Remagen die Hardy Remagen GmbH & Co KG. Das Unternehmen macht aktuell mit 300 Mitarbeitern 60 Millionen Euro Jahresumsatz und soll weiter wachsen. (aen)

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