350 FlüchtlingeLetzte Station vor der Abschiebung in der Boelcke-Kaserne

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Einen Teil der Boelcke-Kaserne nutzt das Land als Flüchtlingsunterkunft. Für diese gibt es einen separaten Eingang.

Einen Teil der Boelcke-Kaserne nutzt das Land als Flüchtlingsunterkunft. Für diese gibt es einen separaten Eingang.

Kerpen – Am Freitag treffen sich Vertreter der Stadt Kerpen mit einem Repräsentanten der Bezirksregierung, um Details zur geplanten Umwandlung der landeseigenen Flüchtlingsunterkunft in der Boelcke-Kaserne zu einer speziellen Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge mit „geringer Bleibeperspektive“ in Erfahrung zu bringen.

Wie schon bekannt ist, sollen in der Boelcke-Kaserne vorrangig Menschen aus den westlichen Balkanstaaten und aus Georgien untergebracht werden, die bislang in anderen Landesunterkünften leben.

Aus Balkanstaaten und Georgien

500 Plätze für Flüchtlinge gibt es in der Kaserne. Rund 350 davon werden nun mit Flüchtlingen aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, aus dem Kosovo, aus Mazedonien und Serbien belegt werden, die als sichere Herkunftsländer eingestuft sind. Dazu kommen Menschen aus Georgien.

Ihre Asylverfahren sollen dort binnen einer Woche abgehandelt werden. Zuzüglich Wartezeiten bei der Antragstellung und – im Falle einer Ablehnung – einem möglichen Klageweg rechnet die Bezirksregierung mit einer Verweildauer der Menschen von durchschnittlich zwei bis drei Monaten in der Kaserne.

Bei „sicheren Herkunftsländern“ geht die Bundesregierung davon aus, dass es in diesen keine generelle politische Verfolgung gibt.

„Antragstellende aus sicheren Herkunftsstaaten erhalten während der Anhörung die Möglichkeit, Tatsachen oder Beweismittel vorzubringen, die belegen, dass ihnen – abweichend von der Regelvermutung – im Herkunftsland dennoch Verfolgung droht“, erklärt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dazu. „Ist dieser Nachweis erfolgreich, können sie ihren Anspruch auf Asyl geltend machen.“

Andernfalls bleibe ihnen noch ein beschleunigtes Klageverfahren mit verkürzten Widerspruchsfristen. Während dieses Verfahrens müssen die Menschen bis zur Entscheidung in der Flüchtlingsunterkunft wohnen. Sie dürfen diese aber frei betreten und verlassen. Sie müssen sich aber innerhalb eines bestimmten Umkreises, etwa innerhalb der Kreisgrenzen aufhalten. Sie dürfen nicht arbeiten. Versorgt werden sie wie alle Flüchtlinge in Landesunterkünften mit Sachleistungen sowie einem Taschengeld für den persönlichen Bedarf. Verläuft das Asylverfahren für die Flüchtlinge negativ, sollen sie umgehend aus den Unterkünften wieder in ihre Heimatländer gebracht werden.

Statt von „Abschiebungen“ reden die Behörden hier von „freiwilligen“ und von „zwangsweisen Rückführungen“. Die meisten Menschen würden sich für eine freiwillige Rückführung entscheiden, heißt es bei der Bezirksregierung. Diesen Weg nutze ein „Großteil der Asylsuchenden nach entsprechender Beratung“.

Dafür gibt es dann auch finanzielle Anreize. Komme es doch mal zu Abschiebungen, würden im „Vorfeld alle erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen ergriffen“.

Neben der Boelcke-Kaserne werden noch fünf weitere Einrichtungen im Land für Menschen im „beschleunigten Asylverfahren“ genutzt, unter anderem in Leverkusen. Kerpen und Leverkusen seien wegen ihrer großen Aufnahmekapazität besonders geeignet.

Die beschleunigten Asylverfahren, die dafür vorgesehenen speziellen Aufnahmelager und die Definition der „sicheren Herkunftsländer “ sind umstritten. So sollen offenbar Menschen davon abschreckt werden, überhaupt erst nach Deutschland zu kommen.

Kritiker weisen daraufhin, dass in den Westbalkanländern Roma diskriminiert würden. Sie sprechen von „Abschiebelagern“. Aufgrund der kurzen Fristen seien die Asylverfahren kaum ordnungsgemäß durchzuführen. Wegen der Residenzpflicht sei es für die Flüchtlinge außerdem schwierig, Rechtsanwälte und Dolmetscher zu erreichen.

Die Bezirksregierung weist dagegen daraufhin, dass durch die beschleunigten Asylverfahren und die speziellen Aufnahmelager die Asylsuchenden nicht erst auf die Kommunen verteilt werden müssten. Das führe zu einer „Entlastung der Städte und Gemeinden“.

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