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A9-BesoldungPirat attackiert Kerpener Bürgermeister wegen persönlichem Referenten

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Pirat Jannis Milios schießt gegen Dieter Spürck.

Pirat Jannis Milios schießt gegen Dieter Spürck.

Kerpen – Bundesweite Aufmerksamkeit fand das Bündnis, das die Piratenpartei im Rat mit CDU, FDP und BBK eingegangen ist und welches in einen „Koalitionsvertrag“ mündete. Der sichert Bürgermeister Dieter Spürck (CDU) eine knappe Mehrheit im Stadtrat. CDU, FDP und die mit der BBK zu einer Fraktion vereinigten Piraten, die einen Vertreter im Rat stellen, haben dort 24 Sitze. Dazu kommt die Stimme Spürcks. Gegenüber stehen 22 Sitze von SPD, Grüne, Linken und UWG. Bislang schien es so, als sei das Bündnis stabil.

Doch nun hat Jannis Milios, in Kerpen wohnender Kreistagsabgeordneter der Piraten und Vorsitzender des Piraten-Kreisverbandes, mit einer Attacke im Internet das Einvernehmen zwischen Piraten und CDU in Kerpen wohl auf Dauer gestört. Spürck mache in Kerpen ernst mit der Einführung des „bedingungslosen Grundeinkommens“, witzelte Milios im Internet-Portal Facebook. „Erste Testperson ist der Vorsitzende der Jungen Union Rhein-Erft, der im zarten Alter von 23 Jahren schon Beamter auf Lebenszeit ist und mit A-10-Besoldung ins Berufsleben starten darf. Kerpen – eine Stadt am Rande des Nothaushaltes“, heißt es da.

Der Eintrag zielt darauf ab, dass Spürck den Kreisvorsitzenden der Jungen Union, André Hess, als seinen persönlichen Referenten eingestellt hat. Der Brühler Hess ist indes nicht 23, sondern 25 Jahre alt. Spürck versuchte im Internet die Gemüter zu beruhigen: „Liebe Leute, bitte auf den Teppich bleiben. André Hess ist mein persönlicher Referent und hat eine Verwaltungsausbildung mit Fachhochschulabschluss absolviert. Weder seine Besoldung noch seine Lebenszeitverbeamtung haben etwas mit der Nähe zum Bürgermeister zu tun.“

Zudem sei Hess mit A 9 besoldet – ein Salär, das er auch bei seinem vorherigen Arbeitgeber, der Stadt Brühl, erhalten habe, die von einem SPD-Bürgermeister geführt werde. Auch erbringe Hess eine Leistung – was also nichts mit einem „bedingungslosen Grundeinkommen“ zu tun habe. Milios hat inzwischen sowohl Altersangabe als auch Besoldungsgruppe in seinem Eintrag berichtigt.

Hess selber betonte, dass es sich bei seiner Anstellung in Kerpen nicht um einen „Versorgungsposten“ handele. Er habe die fachliche Qualifikation dafür. Spürck wirft Milios eine „Neiddebatte“ vor. Er betont, es sei „landauf, landab Standard“, dass „ein persönlicher Referent des Bürgermeisters dessen Parteibuch“ habe. Dieses sei dem „besonderen Vertrauensverhältnis“ geschuldet und nicht „ehrenrührig“. Ansonsten habe er von seiner Amtsvorgängerin Marlies Sieburg (SPD) alle Mitarbeiter des Bürgermeisterbüros übernommen.

Milios bleibt bei seiner Kritik und redet etwa von „Patronage“. Da sei ihm als „Kreisvorsitzender einfach mal der Kragen geplatzt“: Es sei auch so, dass die Piraten in Kerpen von der CDU nicht mit dem nötigen Respekt behandelt würden. So werde man bei vielen Themen übergangen.

Gespräch vereinbart

So sei es schlecht gewesen, wie die Stadt mit dem von Kohlegegnern bei Manheim veranstaltete Camp for the future umgegangen sei. Auch sei ein von den Piraten gewünschtes Bürgerportal im Internet von der Stadt ohne Rücksprache wieder eingestellt worden.

Ob der Streit nun zum Auflösen des Bündnisses zwischen CDU, FDP, BBK und Piraten in Kerpen führen wird, ist offen. Spürck betont, es gebe im Rat eine gute Zusammenarbeit zwischen ihm und mit dem dortigen Piratenvertreter Bernd Janotta. Mit dem will Milios nun ein Gespäch führen. Janotta selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Immerhin, so berichtet Milios, habe er etwas erreicht. Seit sechs Wochen warte er auf einen Gesprächstermin beim Bürgermeister. Nun sei dies auf einmal möglich: „Spürck möchte ein Treffen mit uns Piraten.“

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