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BauernregelnBundesumweltministerin Hendricks stellte sich in Kerpen dem Protest

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Landwirte kamen mit Treckern nach Kerpen, um der Ministerin die Meinung zu sagen, Die Rücktrittsforderung zogen sie zurück.

Landwirte kamen mit Treckern nach Kerpen, um der Ministerin die Meinung zu sagen, Die Rücktrittsforderung zogen sie zurück.

Kerpen – „Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Schweinestall zu klein“, oder „Haut Ackergift die Pflanzen um, bleiben auch die Vögel stumm“. Mit diesen und ähnlichen „Bauernregeln“ hat Bundesumweltministerin Barbara Hendricks den Landwirten ordentlich auf die Füße getreten.

Auf der Homepage des Ministeriums wurde die Kampagne veröffentlicht, auch erste Plakate wurden aufgehängt. Die Bauern machten ihrem Unmut in einer Trekkerdemo vor dem Kerpener Ausbildungszentrum Luft, das Hendricks gestern besuchte.

Rund 50 Junglandwirte aus dem Regierungsbezirk – einer war sogar aus Schleswig-Holstein angereist – fuhren mit ihren Treckern vor dem Ausbildungszentrum vor. „Ist das Niveau ganz weit unten, hat Barbara ’nen Spruch gefunden“ oder „Tritt sie Bauern in der Not, ist die Hendricks dumm wie Brot“ konterten die Landwirte.

Hendricks hatte im Gespräch mit Bernhard Conzen, Präsident des Rheinischen Landwirtschaftsverbandes, zugesichert, sich der Kritik der Bauern am Tor der Ausbildungsstätte zu stellen. Die Landwirte hatten auch Parolen mit Rücktrittsforderungen vorbereitet.

Die wurden aber wieder eingerollt, nachdem sich Hendricks in einem heute erschienenen Interview in der Rheinischen Post entschuldigt hatte. Die Kampagne war flugs wieder eingestampft worden. „Ich weiß, dass Sie sich geärgert haben“, räumte die Ministerin über Megafon ein. „Sie fühlen sich in Ihrer Berufsehre persönlich angegriffen“. Aber über die angerissenen Themen müsse man reden.

Das Problem sind vordergründig konträre Interessen von Landwirtschaft und Umweltschutz. „Der Nitratgehalt im Grundwasser ist zu hoch, das ist unbestreitbar“, sagte Hendricks. Die Landwirte wiesen allerdings zurück, dass das ausschließlich an ihrer Düngepraxis liege.

„Die moderne Gesellschaft ist schuld“, sagte ein Nachwuchslandwirt. Biolandwirtschaft schmälere den Gewinn um 50 Prozent. Hendricks sicherte zu, sich für eine EU-Förderung der Landwirte einzusetzen, die verantwortlich mit der Natur umgingen und „im öffentlichen Interesse tätig sind“. Einig waren sich beide Seiten, dass die EU-Bürokratie in Brüssel ein Hemmschuh sei. „Die Bürokratie macht uns kaputt“, war aus den Reihen der Demonstranten zu hören.

Alte Verordnung

„Die Emotion muss aus dem Thema raus“, kritisierte auch Bernhard Conzen die Plakataktion. Da könne nur ein Dialog helfen. Und in den fühlen sich die Bauern laut Conzen zu wenig eingebunden, wenn es um eine Düngeverordnung geht, „die endlich in Brüssel verabschiedet werden muss“. Die alte Verordnung stelle die Landwirte beim Thema Umweltschutz an den Pranger. Es gebe nur „einen gemeinsamen Weg hin zu einer zukunftsfähigen Landwirtschaft“, sagte Conzen. „Sonst wird unsere Arbeit nicht dauerhaft Früchte tragen.“ Den Landwirten seien Umwelt und Klima wichtig. „Wir brauchen keine Diffamierung. Jetzt, da die Kampagne eingestellt wird, kann ein sachlicher Dialogprozess starten.“

Barbara Hendricks sagte den Dialog zu, bevor sie „von den Bauern zu den Bauleuten“ wechselt, um das Ausbildungszentrum zu besichtigen, in dem praktische Ausbildung, Duale Studiengänge und Berufskolleg vereint sind. Ulrich Goos, Leiter des Ausbildungszentrums, betonte, dass die Baugewerke dringend Nachwuchs benötigten und in allen Ausbildungsgängen noch Plätze frei seien.

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