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Neue NutzungBurg Hemmersbach in Horrem wird Seminarhotel

Lesezeit 5 Minuten
Der Blick auf die malerische Burg bleibt Spaziergängern verwehrt.

Der Blick auf die malerische Burg bleibt Spaziergängern verwehrt.

Kerpen-Horrem – Dass die Heiligenfigur am Wassergraben noch steht, grenzt an ein Wunder, so bedenklich wird sie von Baumwurzeln zur Seite geneigt. Die Frauengestalt gibt den Blick frei auf die Vorburg von Burg Hemmersbach in Horrem mit ihrem zauberhaften Zwiebelturm. Efeu rankt sich um die steinerne Heilige, selbst um ihren Hals. Über den Boden hinweg windet sich die Grünpflanze an der anderen Seite an einem Baum hinauf. Es scheint, als würde der Stamm die Skulptur so in einem labilen Gleichgewicht halten. Verwunschen auch der Park ringsum. Der frühere Tennisplatz ist völlig mit Blättern bedeckt. Gespielt wurde dort schon lange nicht mehr. Gleiches gilt für die über und über verkrautete Tischtennisplatte am Wegesrand. „Das wird alles noch hergerichtet“, versichert Nathalie Deltour bei einem Rundgang. Sie ist Seminarberaterin bei der französischen Firma Châteauform’, die aus Burg Hemmersbach ein Seminarhotel machen möchte. Das Unternehmen hat einen langjährigen Mietvertrag für die Burg Hemmersbach abgeschlossen.

Châteauform’ betreibt in Frankreich, Spanien, Norditalien, Südengland und Deutschland insgesamt 45 Schlösser und andere herrschaftliche Häuser als reine Schulungszentren, Weiterbildungsorte, Tagungshotels oder Orte, an denen beispielsweise Firmenvorstände tagen und übernachten können. „Auf Schloss Krickenbeck bei Düsseldorf haben wir 160 Zimmer, auf Schloss Ahrenthal bei Sinzig und Schloss Löwenstein in der Nähe von Aschaffenburg jeweils 64 Zimmer.“

Die Kapazität von Burg Hemmersbach soll mit 100 Betten genau dazwischenliegen. In dem früheren Gebäude unweit der Villa Trips, das auf Parterre eine Reithalle und im ersten Obergeschoss eine Tennishalle beherbergte, sollen bis 2017 rund 100 Schlafzimmer entstehen.

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Die Seminare selbst sollen in der Vorburg stattfinden, die Burg Hemmersbach U-förmig umgibt und den Spaziergängern in Horrem den Blick auf das Hauptgebäude verwehrt. In der Vorburg soll es Tagungsräume in Größen bis zu 200 Quadratmeter geben, darunter auch einen kreisrunden Raum. Darin soll es 95 Plätze geben. An der Vorburg befindet sich der gepflegte Vorplatz von Burg Hemmersbach.

Die Burg selber soll Speisesäle, Salons, Bars und andere gesellschaftliche Räume für die Seminarteilnehmer bieten, die dort gemeinsam ihre Abende verbringen können. Arbeiten in der Vorburg, Freizeit im Burggebäude und Schlafen im erweiterten und umgebauten Reit- und Tennisgebäude – so sieht die Aufteilung für das Châteauform’ in Horrem aus.

Château ist französisch für Schloss. Form’ ist die Abkürzung für formation, was auf Französisch Weiterbildung bedeutet – Weiterbildung im Schloss also. Die Atmosphäre in den Häusern solle familiär sein, erläutert Deltour weiter: „Es gibt ein Schlosspaar, das sich um die Gäste kümmert, eine »Nanny«, die für die individuellen Buchungen, wie Taxi-Transfer oder Flughafen-Abholung zuständig ist, aber auch über Allergien und andere besondere Anforderungen der Gäste unterrichtet ist und sie individuell betreut.“ Auf der Burg werde es ein Küchenteam geben. An der Bar können sich die Gäste zwanglos selbst bedienen.

In unmittelbarer Nachbarschaft der ehemaligen Reithalle rumort es unterdessen. Nachbar Guido de Crouppé wohnt am Weißen Weg und blickt von seinem Grundstück aus direkt auf die Baustelle neben der Reithalle, wo auch noch ein dritter Parkplatz entstehen soll. Er und andere Nachbarn vom Weißen Weg wollten nun die Rechtmäßigkeit der städtischen Baugenehmigung überprüfen, sagt de Crouppé. „Selbst bei kleinsten Änderungen am Zaun“ seien ihnen von der Genehmigungsbehörde bei der Stadt Probleme bereitet worden. „Plötzlich werden Schneisen geschlagen, ein großer Parkplatz wird angelegt und ein Pferdestall in ein Hotel umgewandelt.“

Die Stadtverwaltung hatte gegenüber dieser Zeitung betont, es gebe keinerlei Beanstandung wegen des Naturschutzes oder des Denkmalschutzes. De Crouppé will klären, ob seine Nachbarn, die zum Teil über große Grundstücke verfügten, nun auch ihre Gärten bebauen dürften.

Nathalie Deltour betont, dass das Verhältnis von Châteauform’ mit den direkten Nachbarn in den anderen Häusern gut sei: „Dort haben wir keine Probleme. Viele Menschen aus der Umgebung arbeiten bei uns.“ Auch in Horrem würden bereits im ersten Jahr etwa 25 Mitarbeiter beschäftigt. Sie bestätigte de Crouppés Vermutung, dass die Zufahrt zu dem Parkplatz an der ehemaligen Reithalle über die Parkstraße und einen Weg durch den Park um Burg und Vorburg herum erfolgen soll.

Gerüchten, es handele sich bei Châteauform’ um ein reguläres Hotel mit viel Laufkundschaft, Tagesgästen und entsprechend mehr Autoverkehr, trat Deltour entgegen: „Wir sind ein reines Seminarhotel, Sie können nicht für eine Nacht bei uns einbuchen.“

Die Eröffnung von Châteauform’ auf Burg Hemmersbach soll „zwischen März und Mai 2017“ sein.

Historie

Die Geschichte des Adelssitzes  kann  bis ins Mittelalter in das  Jahr 1077 zurückverfolgt werden. Über die Jahrhunderte war Hemmersbach  Sitz von Rittern, Freiherren und  Reichsgrafen,  zuletzt war sie  Heimat der Formel-1-Legende Wolfgang Graf Berghe von Trips, der  beim Rennen in Monza 1961 ums Leben kam, sodass die gräfliche Linie des Adelsgeschlechtes erlosch.

Das Erbe der Familie Berghe von Trips, die die Burg von 1751 bis 1978 bewohnt hatte, ging in  den 1980er-Jahren in die Hände  der „Gräflich Berghe von Trips’schen Sportstiftung zu Burg Hemmersbach“ über, die in der Villa auf dem Gelände ein Rennsportmuseum eröffnete. Die Burg selber wurde verkauft. 2002 wurde sie zur „Byteburg“, als der deutsche Softwareentwickler Dr. Kai Krause dort einzog.  Ab dem Frühjahr 2017 soll sie nun zu einem Seminarhotel werden. (rj)

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