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AbgaseDiesel-Skandal und die Software-Updates kosten die Autobesitzer Nerven

Lesezeit 4 Minuten
Autoverkäufer Joel Jordan von Euro-Car Rhein-Sieg verbucht einen Wertverlust für Dieselfahrzeuge von etwa zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Autoverkäufer Joel Jordan von Euro-Car Rhein-Sieg verbucht einen Wertverlust für Dieselfahrzeuge von etwa zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Rhein-Sieg-Kreis – „Eigentlich wollte ich meinen Skoda Octavia nach dem Sommer verkaufen“, sagt Felix Bialonski. Ob und wie gut er seinen Diesel jetzt noch abstoßen kann, fragt sich der 32-Jährige Vielfahrer aus Bad Honnef jetzt: „Mein Wagen bekommt zwar ein Software-Update, aber keine Garantie für Folgeschäden, die eventuell am Motor auftreten können.“ Sauer ist er auf die Autoindustrie, die von einer „Abgas-Thematik“ spreche: „Dabei ist das ein handfester Skandal!“

Eine öffentliche Entschuldigung vermisst er ebenso wie kundenfreundliches Verhalten – seinen Skoda musste er für das Update nach Bonn bringen, sich dafür freinehmen. „Ich fühle mich als Verbraucher veräppelt.“

Deshalb hat sich der Commercial Manager bei Vodafone in Düsseldorf jetzt auch einer Sammelklage auf Rückzahlung des Kaufpreises angeschlossen – in Bialonskis Fall etwa 20.000 Euro. „Mein nächster Wagen wird sicher kein Diesel.“

Umstieg auf E-Autos

Der Rhein-Sieg-Kreis setzt in seinem Fuhrpark künftig auf E-Mobilität. Zurzeit verfügt der Kreis noch über 20 Dieselfahrzeuge. Die Mitarbeiter des Kreises sind aber auch schon mit drei Wagen mit Hybrid-Antrieb und einem Elektroauto unterwegs. „Wir werden die Dieselfahrzeuge Schritt für Schritt durch E-Autos ersetzen“, erläutert Katja Eschmann von der Pressestelle des Kreises. „Vier davon sind bestellt.“

Landrat Sebastian Schuster, der Chef der Kreisverwaltung, ist noch mit einem Dieselfahrzeug unterwegs, einem BMW 730d – „der schadstoffärmste, der in dieser Klasse seinerzeit überhaupt zu bekommen war“, wie Eschmann betont. Allerdings werde auch Schuster demnächst auf ein Hybrid-Auto umsteigen. (pf)

Völlig eingebrochen sei die Nachfrage, berichtet Willi Schmitz, der in Niederkassel-Mondorf ein Fiat-Autohaus betreibt. „Die Kunden sind total verunsichert. Ich bin seit 50 Jahren im Beruf, aber so eine Diskussion habe ich noch nicht erlebt.“ Schätzungsweise 40 Prozent der Fahrzeuge, die Schmitz normalerweise verkauft, haben einen Dieselantrieb. Schmitz geht davon aus, dass die Diesel-Diskussion wirtschaftliche Folgen für sein Unternehmen hat.

Dennoch ist er auch weiterhin vom Dieselmotor überzeugt. „Das ist für mich als Kfz-Meister der Antrieb überhaupt.“ Der Niederkasseler verkauft auch Wohnmobile. „Elektromotoren können Sie bei so schweren Fahrzeugen vergessen. Da gibt es zum Diesel eigentlich keine Alternative.“

Tankstellennetz für Erdgasfahrzeuge

Ebenfalls keine Alternative – zumindest im Rhein-Sieg-Kreis – ist für Schmitz der Erdgas-Antrieb. „Es gibt auch Kunden, die sich dafür interessieren.“ Das Problem sei jedoch das unzureichende Tankstellennetz für Erdgas-Fahrzeuge.

„Eine gewisse Unsicherheit bei den Kunden“ stellt Werner Ottersbach fest. Der Inhaber einer Hennefer Kfz-Werkstatt geht davon aus, dass der Handel mit Dieselfahrzeugen langfristig leiden wird. Er räumt auch Autos mit E-Antrieb eine Zukunft ein, „allerdings gibt es das Problem mit der Reichweite“.

Beim Autohaus Heubach in Troisdorf stagniert der Verkauf von Dieselautos schon seit zwei Monaten, wie Günter Heubach erklärt. Er ist spezialisiert auf Autos des japanischen Herstellers Suzuki, für den die Umrüstung kein Thema sei, verkauft aber auch andere Marken. Das Geschäft mit zwei kleineren Modellen mit Hybrid-Antrieb von Suzuki laufe sehr gut.

Bereits auf die sinkende Nachfrage eingestellt hat sich Euro-Car Rhein-Sieg in Sankt Augustin. Der Händler für EU-Fahrzeuge hat fast ausschließlich Benziner im Angebot: 137 Fahrzeuge mit Benzinmotor werden im Netz angeboten, nur zwei mit Diesel. „Ich kaufe mir ein Auto für viel Geld“, zitiert Verkäufer Joel Jordan ein Argument verunsicherter Kunden, „und dann will es nach einem Jahr keiner mehr haben.“

Werteverlust der Fahrzeuge

In der Tat verbucht auch Jordan einen Wertverlust für Dieselfahrzeuge von etwa zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr: „Wir müssen uns nach dem richten, was der Markt hergibt“; bei gesunkener Nachfrage ist das Angebot von Dieselfahrzeugen viel größer geworden.

Dennoch: Als Zugfahrzeuge mit viel Kraft, beispielsweise um Pferdehänger zu ziehen, blieben Diesel vorerst unverzichtbar, meint der Verkäufer. Große Geländewagen stehen daher auch bei Euro-Car Rhein-Sieg noch mit Dieselmaschine auf dem Hof an der Einsteinstraße. „Ich weiß, dass die Hersteller weitere Entwicklungen geplant haben“, sagt Jordan; mit veränderten Grenzwerten für Euro 6 rechnet er ebenso wie möglicherweise mit weiteren Schadstoffklassen.

„Etwa 50 Prozent unserer Kunden fahren Diesel, darunter viele Handwerksbetriebe mit kleinen Lieferwagen“, berichtet Andreas Quadt vom Seelscheider Meisterbetrieb Quadt, der sich selbst vor zwei Monaten noch ein Dieselfahrzeug gekauft hat. Die Kfz-Werkstatt Quadt wird aktuell auch von Kunden angefragt, die eine Empfehlung möchten. Und die lautet, „abzuwarten und das Dieselauto bloß nicht für kleines Geld zu verkaufen“.

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