MilchMilchpreisverfall macht den Landwirten in Neunkirchen-Seelscheid zu schaffen

Lesezeit 3 Minuten
80 Milchkühe hat Marcel Andree (rechts), der den Hof von seinem Onkel Michael Aumüller (links) übernommen hat.

80 Milchkühe hat Marcel Andree (rechts), der den Hof von seinem Onkel Michael Aumüller (links) übernommen hat.

  • Marcel Andree ist Milchbauer aus Neunkirchen-Seelscheid.
  • Dem Landwirt, gerade mal 28 Jahre alt, fällt es derzeit nicht leicht, zuversichtlich nach vorn zu schauen.
  • Die Wiedereinführung der Milchquote sei aber keine Lösung, sagt sein Onkel.

Neunkirchen-Seelscheid – Am Rand der tiefen, langen Grube wirken die beiden Männer sehr klein. Sie haben keinen Sinn für die traumhafte Landschaft rund um Krawinkel, wo am Horizont das Siebengebirge und Winterscheid in der Abendsonne leuchten.

Sie schauen hinab in die Leere, die für ein Millionen-Projekt steht, für die Zukunft des Milchviehbetriebs, für Optimismus.

Einen hochmodernen Stall will Marcel Andree bauen, geplant 2014, als der Milchpreis fast doppelt so hoch war wie jetzt. Dem Landwirt, gerade mal 28 Jahre alt, fällt es derzeit nicht leicht, zuversichtlich nach vorn zu schauen: „Ich fühle mich dem Markt ausgeliefert.“

Alles zum Thema Neunkirchen-Seelscheid

80 Kühe hat Andree, der den Betrieb mit 82 Hektar Grünland und Ackerflächen vor einem Jahr von seinem Onkel Michael Aumüller übernommen hat. Dessen Herz hängt noch an dem Hof, und seine Hände packen gern mit an.

„Nur als Familienbetrieb kann man in diesen Zeiten überleben“, sagt der 63-jährige, der in den letzten Jahrzehnten noch nie einen solchen Preisverfall erlebt hat. 18 bis 20 Cent zahlen die Molkereien derzeit pro Liter – und die Bauern drauf, so Andree. Welcher Preis wäre wirtschaftlich? „Alle reden von 40 Cent“, sagt der Onkel und zuckt mit den Achseln.

Ein paar Cent weniger würden auch reichen, meint Aumüller, der 1988 den Betrieb der Schwiegereltern übernommen hat. Die Belastung damals, „arbeitsmäßig und finanziell“, sei groß gewesen, mit drei Kindern und etlichen Baustellen.

Wiedereinführung der Quote sei keine Lösung

Dann kamen bessere Zeiten, die Märkte für die Milch wuchsen, in Russland, in China. Es gab die Quote. Die sinkenden Milchpreise waren vorhersehbar, das räumt der 28-jährige Landwirtschaftsmeister ein. Doch nicht in diesem Ausmaß. Die Wiedereinführung der Quote sei aber keine Lösung.

Er habe schon die Futterkosten gesenkt, ein früherer Schnitt ergebe besseres, gehaltvolleres Grünfutter, andere Maissorten sorgten für mehr Energie. Neuinvestitionen werden aufgeschoben, der alte Traktoren halt noch einmal repariert.

Privater Luxus gestrichen

Privater Luxus, wie eine Urlaubsreise, gestrichen. „Ich weiß nicht, an welcher Stellschraube ich noch drehen könnte.“ Er liefere schon einen Teil seiner Milch nicht mehr an die Molkerei, sondern an eine Hofkäserei. Der Standort sei ungünstig für Direktvermarktung.

Liegt in der geplanten Vergrößerung des Betriebs auf 150 Milchkühe der Schlüssel? Marcel Andree ist skeptisch: Der moderne Stall müsse diese Größe haben, „sonst lohnt sich die Investition nicht“.

Im Schnitt 60 Kühe

Im Rhein-Sieg-Kreis gibt es derzeit 231 Milchviehbetriebe, meist kleinere, von Familien betriebene Höfe. Sie halten nach Angaben der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen durchschnittlich 60 Kühe, von denen jede rund 7700 Liter Milch im Jahr gibt.

Pro Jahr schließen etwa zwei Prozent der Betriebe, so Kammersprecher Bernard Rüb. Die Milchviehhalter haben einen Anteil von rund einem Fünftel: Insgesamt gibt es 1025 Bauernhöfe, die eine Fläche von 43 611 Hektar bewirtschaften. (coh)

Rundschau abonnieren