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DichterwettstreitPoetry Slam im Eitorfer Jugendcafé für junge Poeten

Lesezeit 4 Minuten
Rosen für alle gab es beim Zwölften Eitorfer Poetry Slam, den Siegstein nur für Lian Hamood (2.v.r.) als Siegerin. Den zweiten Platz belegte Daniel Adam (rechts), auf den dritten kam Nadja Hochholz (Mitte).

Rosen für alle gab es beim Zwölften Eitorfer Poetry Slam, den Siegstein nur für Lian Hamood (2.v.r.) als Siegerin. Den zweiten Platz belegte Daniel Adam (rechts), auf den dritten kam Nadja Hochholz (Mitte).

Eitorf – Ohne Smartphone, das gab selbst Teilnehmer Joe Angelo Ertel aus Gummersbach zu, wäre der Zwölfte Eitorfer Poetry Slam für die meisten der jungen Teilnehmer schwierig zu bewältigen gewesen: „Ich bin super vorbereitet“, schmunzelte er, „ich habe alles auf dem Handy.“

Nicht nur der 17-Jährige scrollte bei seinem Auftritt auf dem kleinen Bildschirm herum und las vom Display ab: Papier war am Rednerpult im Jugendcafé eher die Ausnahme. Und doch, da waren sich Veranstalter, Publikum und Jury einig: „So eine hohe Qualität hatten wir lange nicht mehr“, lobte Alina Leis.

Die Schülerin am Bodelschwingh-Gymnasium in Herchen gehörte zur fünfköpfigen Jury, der die schwierige Aufgabe zufiel, aus den sieben Kandidaten die oder den besten Texter und Vortragenden auszuwählen.

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In der U-Bahn geschrieben

Jeweils fünf Minuten Zeit hatten die Teilnehmer, beim Dichterwettstreit in zwei Runden ihre selbst geschriebenen Texte vorzutragen. Die Geschichte eines jungen Kriegsflüchtlings, einer verlorenen Liebe, Philosophieren über die eigenen Dämonen, das Verzweifeln am Alltag, am eigenen Leben: Intensiv waren die Texte der jungen Autoren.

Intensiv war auch manch eine Darbietung: „Hey“, begann die erst 16-jährige Nadja Hochholz aus Eitorf ihren Part ganz leise, um dann wie bei einem Lied die Dramaturgie des Vortrags mehr und mehr zu steigern: „Du glaubst, du hast keine andere Wahl als dich selbst zu hassen.“

Der Slam – also der Schlag ins Gesicht, durch Worte, durch die Stimme – war ihr Programm bei einer eindringlichen Ansprache an ein Gegenüber, das vielleicht noch zuhören konnte, aber längst nicht mehr zu erreichen war.

Die Nähe des Poetry Slam zur Musik wurde auch in anderen Vorträgen deutlich. Kim Fassbender (18) aus Nümbrecht rappte seinen Text, den er in der U-Bahn auf dem Smartphone geschrieben hatte: „Deine Lippen bewegen sich, doch ich höre nicht, was du sprichst.“

Überhaupt das Schreiben: Der Prozess des Dichtens, das Ventil des Textens, die Gedanken und Gefühle zu Papier – oder zu Smartphone – zu bringen, war ein immer wiederkehrendes Motiv. „Wenn ich traurig bin, dann sitzt eine Schreibmaschine in meiner Brust. Ich weine auf Papier mit Tränen und mit Tinte“, trug Daniel Adam (18) aus Eitorf vor.

„Ich verstecke mich hinter der Tinte“, erklärte auch Baha Adilbeh (18) aus Windeck, der sich erst am Slam-Abend spontan zum Auftritt im Eitorfer Jugendcafé entschlossen hatte und in seinem Vortrag die Macht des Wortes und der Gedanken thematisierte: „Wenn man den Menschen eine Geschichte gibt, finden sie vielleicht Antworten.“

Entscheidung über Gewinner fällt schwer

Viel Applaus spendeten die etwa 140 Zuschauer den Kandidaten bei ihren zwei Vortragsrunden, die auch in diesem Jahr von Christian Panknin moderiert wurden. Die Wahl der ersten drei Sieger fiel dann auch nicht leicht. Lange kreisten im Publikum die Stifte über den Zetteln, auf denen der Favorit angekreuzt werden sollte.

Auch die Jury – neben Leis bestehend aus Imke Frobeen (Lehrerin am Bodelschwingh), Annika Becker (Lehrerin am Siegtal-Gymnasium in Eitorf), Schüler Niklas Becher und Ralf Rohrmoser-von Glasow, Redakteur dieser Zeitung, benötigte Zeit, um sich zu beraten, bevor sie den begehrten Siegstein an den ersten Platz, Lian Hamood aus Windeck, überreichte.

Die 17-jährige hatte mit ihrem theatralischen Vortrag und der „Geschichte von Jamal“ überzeugt: „Die Politiker reden und reden, und die Leute sterben und sterben.“ Platz zwei ging an Daniel Adam, Nadja Hochholz kam auf den dritten Platz.

Die Wartezeit bis zur Kür der Sieger wurde jedoch bestens ausgefüllt: Lässig und mit viel Charisma absolvierte der Eitorfer Comedian Aziz Büyükkömürcü seinen ersten Auftritt vor Publikum. „Vor Freunden“ hat er seine selbst verfassten Gags sonst präsentiert, aber auch das junge Publikum hatte er sofort in den Bann gezogen mit seinen Schnurren, die er von absurden Trink-Anlässen bis zur ebenso absurden Politik von Trump oder Putin spannte.

Auch das Eitorfer Musik-Duo „Sahnewirbel im Kaffee“ sparte nicht mit Seitenhieben: So sang Clarissa Senft in Begleitung von Markus Wolters von der bunten Vielfalt im Sumpf, „bis der Storch kam und alles verstummt“.

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