Waffenarsenal in Hennef„Nicht auszudenken, was hätte passieren können“

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Hennef Feuerwehrleute Munition

Feuerwehr, THW und LKA begutachten den Ort der Explosion.

Hennef – Mit einer Baggerschaufel rissen Kräfte des Technischen Hilfswerks (THW) das Dach der ausgebrannten Garage neben dem Einfamilienhaus an der Straße An der Obstwiese ein. Es war der vorläufig letzte Akt eines ungewöhnlichen Großeinsatzes, bei dem am Montagnachmittagillegal gesammelte und unsachgemäß gelagerte Munition mitten in einem dicht bebauten Wohngebiet explodierte. Etwa 340 Einsatzkräfte hatten bis in die Nacht zu tun.

Zwei Granaten gesprengt

Rund 70 Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Sie wurden in der Mensa der Gesamtschule Meiersheide betreut und versorgt. Die Autobahn 560 und die Bahnstrecke blieben für mehrere Stunden gesperrt. Kurz nach 23 Uhr konnten sie in ihre Häuser zurück, nachdem zwei Granaten mit panzerbrechender Munition kontrolliert gesprengt worden waren. Damit war die akute Gefahr für die Bewohner abgewendet.

Der 51 Jahre alte Sammler, der mit Mutter und Stiefvater in dem Haus lebt, war zu diesem Zeitpunkt im polizeilichen Gewahrsam. Nachdem er zunächst von seinem Recht Gebrauch gemacht hatte, sich nicht zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu äußern, zeigte er sich später kooperativ und erklärte der Polizei, wo in dem Gebäude welche Munitionsteile zu finden seien.

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Gefunden wurden drei Eimer mit teils verschossener, teils scharfer Gewehr- und Pistolenmunition sowie eine Handvoll Treibladungen, deren Besitz verboten ist. Außerdem entdeckten die  Experten der Tatortgruppe Sprengstoff/Brand des Landeskriminalamtes (LKA) Handgranaten, die nicht mehr explosiv waren – letztlich Attrappen. In der Brandruine fanden sich zahlreiche Hülsen von Granaten, ohne Sprengwirkung. Sie zählen als Altmetall.

Keine Haftgründe

Der 51-Jährige ist inzwischen wieder auf freiem Fuß. Da er einen festen Wohnsitz und eine Arbeit hat, liegen keine Haftgründe vor. Nach bisherigen Ermittlungen  gibt es keine Hinweise auf politische Hintergründe oder andere Erkenntnisse über  den ehemaligen Zeitsoldaten. Begonnen hatte der bislang größte Einsatz dieses Jahres mit ein paar Rauchwölkchen, die aus einer Kunststoffkiste  aufstiegen.

Die ersten Wehrleute, die kurz nach 15.30 Uhr zuerst eintrafen, wussten nicht, was sie erwartete. Einer berichtete von einem Gespräch mit einem Mitarbeiter des  Kampfmittelbeseitigungsdienstes. Der hatte gefragt, wie viele Einsatzkräfte beim Eintreffen in der Nähe der Garage gewesen seien. Sie alle sollten sich glücklich schätzen, dass sie nicht Opfer von Detonationen der gefährlichen Sprengmittel geworden seien. 

Ohrenbetäubender Knall

Maja Ohlendorf war eine von denen, die den ersten ohrenbetäubenden Knall live mitbekommen hat – sie wohnt im Haus direkt gegenüber. Die 18-Jährige  hatte gelesen und die Anfahrt der Feuerwehr gar nicht mitbekommen. Plötzlich habe es gekracht. Und kurz darauf hatte jemand an die Terrassentür geklopft. „Da stand ein Uniformierter vor mir und forderte mich auf, das Haus zu verlassen. Wir mussten über das Feld nach hinten weg gehen“, erinnert sie sich.

Matthias Wolff ist noch erschüttert von dem Geschehen. „Meine kleine Tochter hat mit vielen anderen Kindern jeden Tag auf der Straße vor der Garage gespielt. Nicht auszudenken, was hätte passieren können.“ Peter Landsberg kennt Frank M., den Sammler, seit fast 40 Jahren. „Er hat mit meinem Sohn früher bei uns auf dem Grundstück Fußball gespielt“, weiß er noch. „Mit dieser verantwortungslosen Sammelleidenschaft hat er eine rote Grenze weit überschritten“, lässt er seinem Unmut freien Lauf. Steven Petri zieht am Mittwoch in das Haus gegenüber. „Es ist schon ein mulmiges Gefühl“, meint er, „aber andererseits bin ich froh, dass es passiert ist, bevor wir eingezogen sind.“

Wie es zu dem Brand kommen konnte, ist noch unklar. Nach Polizeipressesprecher Stefan Birk ist die Munition unsachgemäß gelagert worden. Sie stand in der prallen Sonne, Hitze ist eine mögliche Erklärung. Vielleicht hat aber auch der Phosphor einer Brandgranate reagiert, sie ging wohl bei der  vierten großen Detonation hoch. Die Entschärfer des LKA, die rund 700 Einsätze im Jahr haben, wissen von der Sammlerszene, die überall dort, wo Kriegsgeschehen war, mit Metalldetektoren suchen geht. Im Internet werden die gefundenen  Militaria angeboten.

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