BetriebsschließungAuf Sulzer-Gelände soll wieder Gewerbe

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Im März hatten die Mitarbeiter gegen die Schließung des Werks protestiert.

Im März hatten die Mitarbeiter gegen die Schließung des Werks protestiert.

Lohmar – Zwei entscheidende Entwicklungen gab es in den vergangenen Tagen im Fall der Ende 2017 schließenden Firma Sulzer, früher ABS Pumpen AG, in Scheiderhöhe. Zum einen ging es im Stadtrat um die Sicherung des freiwerdenden Betriebsgeländes. Zum anderen begann in der Firma die entscheidende Phase der Sozialplan-Verhandlungen für die über 170 Beschäftigten.

Der Stadtrat hat die Sorge, dass der Schweizer Konzern nun auch das Gelände einfach verkauft, nachdem er trotz des bestehenden Vertrages zur Standort-Garantie bis 2019 schon vorher das Aus für den traditionsreichen Betrieb erzwang.

Doppelbeschluss im Stadtrat

Einstimmig votierten die Fraktionen für einen Doppelbeschluss: erstens für die Aufstellung eines Bebauungsplans zur Sicherung einer weiteren gewerblichen Nutzung des Geländes, weil Gewerbegebiete in der Stadt fehlen. Und zweitens eine Satzung „zur Ausübung des Vorkaufsrechts“ auf das Gelände für die Stadt Lohmar.

Als dieser Beschluss im Stadtrat fiel, lagen in Scheiderhöhe dem Betriebsrat und der Arbeitgeberseite die unterschriftsreifen Verträge nach aufreibenden Sozialplanverhandlungen vor. Die zeitliche Parallelität ist reiner Zufall.

112 Mitarbeiter kommen in Transfergesellschaft

Zur Blütezeit in den 80er Jahren hatte die ABS Pumpen AG weltweit 1000 Beschäftigte , davon am Standort Scheiderhöhe 600. Ihre Zahl sank stetig. Nun sind es noch 170 Mitarbeiter. Nach dem Sozialplan sollen 112 davon ab 1. Januar 2018 für zwölf Monate in eine Transfergesellschaft zur Weiterqualifizierung kommen. Sie erhalten Kurzarbeitergeld (60 beziehungsweise 67 Prozent), aufgestockt von Sulzer auf 85 Prozent des bisherigen Nettolohns.

Für 28 weitere Kolleginnen und Kollegen höheren Alters gibt es Vorruhestands- und Altersteilzeitregelungen.

16 Beschäftigte wechseln in die Sulzer Vertriebsgesellschaft nach Bonn. 13 sollen noch ein halbes Jahr im Scheiderhöher Betrieb zur Liquidierung des Standorts bleiben. Die sechs letzten Auszubildenden werden auf Lohnkosten von Sulzer ihre Ausbildung in Fremdfirmen fortführen, vier sind bereits untergebracht. Das Durchschnittsalter der Belegschaft (inklusive Azubis) ist mit 49 Jahren sehr hoch.

Etwa 25 Prozent der Belegschaft sind unter 40 Jahre, rund 50 Prozent älter als 50. (ca)

Nach Informationen dieser Zeitung stehen in dem noch unveröffentlichten Sozialplan weitgehende Regelungen für die Belegschaft (siehe Infokasten). Eberhard Temme (CDU) lobte in der Ratssitzung, mit Bebauungsplan und Vorkaufsrecht könne die Stadt nun mitsprechen und mitgestalten.

Schärfer noch formulierte es Benno Reich von den Unabhängigen Wählern: „Nachdem wir so hilflos und machtlos gegenüber diesem Konzern standen, bin ich dankbar, dass wir das Heft wieder in die Hand nehmen.“

Uwe Grote (SPD) dankte den Beschäftigten für ihre Proteste: „Sie haben alles versucht, den Standort zu retten.“ Horst Becker (Grüne) meinte, einen großen Industriebetrieb werde man für den Standort wohl kaum wieder finden, aber die Stadt habe nun eine gute Grundlage, dort Handwerksbetriebe anzusiedeln.

Immerhin handelt es sich um ein 2,2 Hektar großes Areal. Das entspricht der Größe von vier bis fünf Fußballfeldern. Bürgermeister Horst Krybus berichtete, es hätten sich sogar schon Interessenten bei ihm gemeldet.

Der Tauchpumpenspezialist und Erfinderunternehmer Albert Blum hatte ABS (Albert Blum Scheiderhöhe) 1957 gegründet. 1989 verkaufte er die Firma an Scanpump in Schweden, wo man zum Cardo-Konzern kam. Dieser ging nach Verhandlungen schließlich an die schwedische Assa Abloy AB über und wurde kurz danach unter anderem mit dem Standort Lohmar-Scheiderhöhe 2011 an die Sulzer AG in der Schweiz verkauft.

Im Gespräch mit dieser Zeitung dankte Betriebsratschef Christophe Hassenforder den Beschäftigten und allen anderen Unterstützern auch in der Kommunalpolitik für ihren Beistand.

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