ParcoursTrimm-dich-Pfade im Rhein-Sieg-Kreis laden zum Sport an der frischen Luft

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Balancieren wird auf dem Motorik-Parcours Gymnasium Altenforst zur Herausforderung.

Balancieren wird auf dem Motorik-Parcours Gymnasium Altenforst zur Herausforderung.

Rhein-Sieg – Trimmy ist wieder da. In den 70er-Jahren wies der kantige Kerl den Weg zu den Trimm-dich-Pfaden. Die Initiative des Deutschen Olympischen Sportbundes sollte die Wohlstandsbürger runter vom Sofa und in Bewegung bringen. Mit dem Boom der Fitnessstudios war das Training an frischer Luft zwischenzeitlich out, erlebt aber eine Renaissance: Outdoor-Parcours schießen wie Pilze aus dem Boden. Wir haben drei getestet.

Spielerisch schwitzen

Viel Chrom, viel Grün: Wie ein futuristischer Spielplatz wirkt die Anlage im Sankt Augustiner Zentrum West. Der merkwürdige Name „4F-Circle“ erschließt sich durch die Gebrauchsanleitung: Wissenschaftler haben das Training für Koordination, Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit konzipiert. Hinweis vorab: Aufwärmen sollte sein. Doch das hier ist kein Spielplatz. Hier geht's ernst zur Sache. Dazu passt optisch die erste der zwölf Stationen; sie wirkt mit ihrer gebogenen Fläche wirkt wie ein Folterinstrument. Ich bin gespannt.

Der „Rückenstrecker plus“ erweist sich als Wohltat für den verspannten Büromenschen. Man legt sich nicht rückwärts, sondern mit der Vorderseite auf die Rundung und hebt langsam den Oberkörper bis zur Streckung. Klappt. Kleine Bildchen zeigen, wie man's richtig macht. Es gibt drei Schwierigkeitsgrade für Anfänger, Fortgeschrittene und Cracks.

Nun der Beinheber. Halb so schlimm: Einsteiger dürfen die Oberschenkel abwechselnd heben. Cracks werden mehr gefordert. Der „Mehrgenerationen-Parcours“, so heißt es auf einer weiteren Tafel mit einem Bild eines älteren Menschen, soll allen Spaß machen. Und die Hemmschwelle senken. Was Senioren schaffen können, das kriegt auch die Sofakartoffel um die 50 hin.

Allerdings nicht ohne Anstrengung, das ist der Sinn der Sache. Der Spaß kommt aber nicht zu kurz. Der Slalomlauf um die in Schwung versetzten, an Ketten hängenden Autoreifen ist lustig. Ebenso der Pedalolauf, bekannt von Kinderfesten, hier gerät man Gott sei dank nicht aus der Spur. Und auch der überdimensionale „heiße Draht“ bereitet Vergnügen: Die Füße balancieren auf einem federnden Balken, währenddessen die Arme eine Schlinge um ein Rohr führen. Körper-Koordination auf zwei Ebenen, das schafft der Schreibtisch-Arbeiter nur mit größter Mühe. Die tolle, 2013 eröffnete Anlage erhält zwei Minuspunkte. Die Hinweisschilder sind verschmutzt, die Schrift ist zum Teil stark verblasst. Und fürs Zielwerfen muss man sich selbst einen Ball mitbringen: Die Wurfgeräte haben Scherzkekse von der Kette befreit und vom Platz entfernt. Unsportlich.

Zeitaufwand: Etwa 60 Minuten. Erreichbarkeit: Der Mehrgenerationenparcours liegt im Naherholungsgebiet „Grünes C“ an einem Radweg. Die Haltestelle „Sankt Augustin Zentrum“ der Stadtbahnlinie 66 ist etwa zehn Gehminuten entfernt (Karl-Gatzweiler-Platz, Brücke über die Rathausallee, dann rechts dem schmalen asphaltierten Weg folgen). Parkplätze gibt's am Huma-Einkaufszentrum.

Tief durchatmen

Auf dem Weg zu Trimmy: Es gibt ihn noch, den klassischen Retro-Trimmdichpfad, und zwar in Much im lauschigen Wald und dennoch ganz in der Nähe des Mucher Ortskerns.

An der B 56, gegenüber der Einfahrt vom Golfclub Overbach, steht ein großes Schild, steile Treppen führen bergauf, der Anstieg dient als Aufwärmphase. Ein weißes Rechteck mit kleinem Pfeil darunter weist den Weg, den man rechts- oder linksrum gehen kann.

Die 13 Stationen auf dem 1,4 Kilometer langen Rundweg sind nicht nummeriert. Die Übungen werden auf grünen Schildern mit Piktogrammen dargestellt. Es gibt zwei Schwierigkeitsstufen, Geübte machen mehr Wiederholungen. Einige Erklärungen sind auf den ersten Blick nicht sofort verständlich für den Freizeitsportler 2017. So wird auch das Denkvermögen gefordert. Leider fehlen einzelne Tafeln, beim Rumpfdrehen ist sogar der ursprünglich angekettete Stab verschwunden. Im Wald findet sich aber reichlich Ersatz.

Die meisten Holz-Geräte sind vorbildlich gepflegt und für Groß und Klein geeignet. So stehen für Klimmzüge gleich drei höhenversetzte Reckstangen bereit; zwei horizontal verankerte Rundbohlen, die anfangs enger zusammen, am Ende weiter auseinander liegen, ermöglichen Rumpfbeugen. Auf den 50 bis 100 Metern zwischen den Stationen kann der Puls sich normalisieren, wer mehr braucht, kann ja auf dem federnden Untergrund joggen. Die Laubbäume spenden Schatten und Sauerstoff. Die Vögel zwitschern, ab und zu brummen auf der nahen Straße Pkw und Lkw vorbei.

Fazit: Zurück in die Kindheit, nur einer fehlt: Trimmy! Zeitaufwand: 40 bis 60 Minuten. Erreichbarkeit: Mit dem Linienbus (576 und 577, Haltestellen Much-Schwimmbad oder -Kirche).

Wackelpartie

Wer sich durch die Schlängellinien tastet, hat mal X-, mal O-Beine. Nebenan warten große und kleine Fußstapfen, durch deren Gittersohlen das Grün unterm Podest zu sehen ist – zwei von zehn Stationen auf dem Motorik-Parcours am Gymnasium Altenforst. Dieser liegt am Rande des alten Bolzplatzes zwischen Schule und Aula, ist zwar umzäunt, aber für jeden zugänglich. Bei der Eröffnung 2010 waren ausdrücklich auch Seniorengruppen angesprochen worden, diese außergewöhnlichen Geräte zu nutzen. Überwiegend turnen aber Fünft- und Sechstklässler darauf herum. Ruhiger wird es nach Schulschluss, freitags schon mittags. Um 17 Uhr werden die Tore geschlossen.

Mit festem Schuhwerk oder barfuß kann man balancieren, wippen und schwingen. Eine Herausforderung ist die Metallplatte, die an vier Ketten hängt. Gar nicht so einfach auch das Geviert aus Holz, das auf dicken Stahlfedern ruht und durch Körper nur auf und ab und hin und her bewegt wird. Kantige Streben bieten noch einigermaßen Halt, schräge, runde Flächen fordern den Gleichgewichtssinn mehr, und der Gang auf den abgerundeten in Schlangengestalt wird schnell zur Rutschpartie. Die Landung im Sand ist aber weich.

Zum Gehen, Laufen, Hüpfen lädt ein wellenförmiges Podest ein, ebenfalls auf Spiralfedern gebettet. Große Schritte von Wackeltritt zu Wackeltritt sind bei der nächsten Station gefragt. Probieren geht auf diesem Parcours über studieren: Tafeln mit Erklärungen gibt es nicht. So bleibt der Sinn der nummerierten, hohen Pfähle dem nicht Eingeweihten leider verschlossen.

Fazit: Mal was anderes.Zeitaufwand: 15 bis 30 Minuten.Erreichbarkeit: Buslinien 501 und 503 (Haltestelle Altenforst) oder 506 (Königsberger Straße).

Fitness an der frischen Luft

In den vergangenen Jahren sind einige Parcours in der Region entstanden.

In Troisdorf eröffnete nach der Anlage im Sportpark Oberlar, Wim-Nöbel-Straße 2, eine zweite in Friedrich-Wilhelms-Hütte am Stadtteilhaus, Lahnstraße 18.

Im Kurpark Hennef gibt es auch spezielle Geräte für Senioren, außerdem ein Kneippbecken.

In Ruppichteroth-Schönenberg ist eine kleine Fitness-Anlage grade im Bau.

Viele können sich vielleicht noch an die Wald-Trimm-dich-Pfade in Hennef-Geistingen und in Troisdorf-Spich erinnern. Doch die Geräte an diesen Pfaden waren über die Jahre durch die Witterung marode geworden und mussten daher inzwischen abgebaut werden.

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