Orchester „Sinfonia Rhein-Sieg“Die Freude am gemeinsamen Ton

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Leidenschaftliche Amateure versammelt das Orchester, das am kommenden Samstag Konzertpremiere feiert.

Leidenschaftliche Amateure versammelt das Orchester, das am kommenden Samstag Konzertpremiere feiert.

Sankt Augustin – Musik machen, das ist „wie Medizin“ für Günther Riedinger. „Da hat man nur gute Gedanken.“ Jeden Dienstag nimmt der 74-Jährige aus Hangelar eine kräftige Dosis davon.

Dann nämlich probt das Orchester „Sinfonia Rhein-Sieg“, in dem der pensionierte Physiker und Mathematiker Geige spielt. Im Herbst 2016 aus dem Beueler Musikverein hervorgegangen, bereiten die etwa 30 Aktiven derzeit ihr erstes Konzert vor.

„Ganz pianissimo“, fordert Dirigent Petros Sargisian, als Konzert-Cellist der einzige Profi im just eine Woche alten Verein, beim Einstieg in die Probenarbeit an diesem Dienstagabend: Das berühmte Intermezzo aus Mascagnis „Cavalleria Rusticana“ studiert das Orchester ein.

Doch nicht zart genug steigt der Ton im Probenraum im Kloster der Steyler Missionare auf, nach wenigen Takten unterbricht Sargisian seine Musiker. „Was komplett anderes“ sind die schwebenden Töne der säuselnden Streicher für Pascal Bolz, der mit 15 Jahren jüngstes Mitglied des Orchesters ist. „Steffen, der auch hier mitspielt“, hatte ihn vom Ittenbacher Bläsercorps nach Sankt Augustin mitgenommen, beide schätzen die Abwechslung.

Andere bringen mehr Erfahrung im klassischen Repertoire mit. „Seit 69 Jahren“ spielt Theo Schwarzer aus Siegburg-Kaldauen Geige, der mit 76 Jahren der Senior im Ensemble ist. „Das Orchester macht sich gut“, freut er sich über die Fortschritte, „sie üben“. Und auch der Dirigent ist nach Schwarzers Geschmack.

„Super“ findet Querflötistin Sabine Schneider aus Bad Godesberg den Einsatz Sargisians – „für jeden individuell“ bearbeite der 56-Jährige bei Bedarf die Noten. Technische Klippen werden so entschärft, der Spaß steht schließlich im Vordergrund.

„Das ist mein Orchester“ befand daher auch Viola Hupe, Bankangestellte aus Sankt Augustin. „Das Betriebsklima ist gut“ – in der Tat stehen zum Geburtstag eines Mitglieds Sekt, Wein und Knabbereien für die Pause neben den leeren Instrumentenkoffern –, und „der Dirigent macht gute Vorgaben“, so die 35-Jährige, die Cello spielt, seit sie zwölf ist. Länger hat sie noch nicht in einem größeren Orchester mitgespielt, drei Kinder forderten Zeit. Ganz weggelegt hat sie das Instrument aber nie. Anders als Annegret Schrinner, die an einem Pult der zweiten Geigen Platz genommen hat. „Relativ spät“ hat sie als Kind mit dem Unterricht begonnen, erzählt die Arbeitsmedizinerin; auch im Studium spielte sie, dann aber folgten 15 Jahre Pause, bis sie in einem Erwachsenenorchester der Sankt Augustiner Musikschule wieder anfing. Ausgleich zum Berufsalltag bei der Telekom ist das Orchesterspiel auch für Doris Schwarzner, die mit ihrer Geige schon 2008 zum Beueler Musikverein stieß. Ein Stück zu erarbeiten macht ihr Freude, der Prozess vom erschreckten „Oh Gott“ bei der ersten Probe bis zum aufführungsreifen Durchlauf.

Breites Repertoire

Konzertpremiere feiert das Orchester Sinfonia Rhein-Sieg mit Solisten für Gesang und Cello am Samstag, 29. April, 16 Uhr, in der Aula der Steyler Missionare in Sankt Augustin, Arnold-Janssenstraße 32. Auf dem Programm stehen Werke unter anderem von Haydn, Verdi, Puccini, Bruch. Der Eintritt ist frei, über Spenden freuen sich die Musiker. Auch Mitspieler für das „ambitionierte Laienorchester“ sind herzlich willkommen. Das Repertoire reicht von klassischen sinfonischen Werken bis zu „ gehobener Unterhaltungsmusik“.

Geprobt wird dienstags von 19.30 bis 21.30 Uhr im Kloster der Steyler Missionare. Interessenten wenden sich telefonisch an den Dirigenten Petros Sargisian, 0152/01 92 66 50 oder schreiben eine E-Mail.

petros_sargisian@yahoo.de

Bassist Wolfgang Irsen, 74, hat erst vor wenigen Jahren zu seinem heutigen Instrument gefunden. Klavier hatte er einst gelernt, „aber da haben sie wenige Möglichkeiten des gemeinsamen Musizierens.“ Seine Frau Elisabeth aber spielt seit sechs Jahren Geige im Orchester „und hat da so einen Spaß“. Kontrabass war die Antwort auf Irsens Frage, was denn noch gebraucht werde. Und seither legt er zupfend und streichend das Klangfundament für die Sinfonia.

„Es gibt auch Berufstätige“ raunt Susanne Barning dem Berichterstatter zu, als sie leicht verspätet ihre Geige aus dem Koffer nimmt, den Bogen spannt und das Schulterkissen montiert. „Am Wochenende“ kommt die Logopädin aus Beuel zum Üben. Und das reicht dann? „Ich bemühe mich.“

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