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Gedenken an Friedrich Wilhelm KleinschmidtDer Oberförster machte Siegburg gesund

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Ein Obelisk und Hornmusik für einen verdienten Förster: Friedrich Wilhelm Kleinschmidt ließ versumpfte Teiche trockenlegen.

Ein Obelisk und Hornmusik für einen verdienten Förster: Friedrich Wilhelm Kleinschmidt ließ versumpfte Teiche trockenlegen.

Siegburg – Ein gut drei Meter hoher Obelisk, gerahmt von gepflegtem Grün, eingefriedet durch einen schmiedeeisernen Zaun, ist das für einen Oberförster nicht ein bisschen viel der Ehre? Nein. Der durch dieses Denkmal Geehrte, Friedrich Wilhelm Kleinschmidt (gestorben 1878), hat sich um Siegburg verdient gemacht. In der Mitte des 19. Jahrhundert befreite er seine Mitbürger von der Plage eines Sumpffiebers, in dem er rund 120 alte, von den Mönchen der Abtei angelegte Teiche trockenlegen ließ. Damals sprach man von „Wechselfieber“ oder gar vom „Siegburger Fieber“.

Gestern machte sich eine Delegation aus Mitarbeitern und Ehemaligen des Bundesforstamts und Vertretern der Stadt auf den Weg zu der Gedenkstätte in der Widdauer Wiese unweit der Agger. Anlass war die 20 Jahre zurückliegende Restaurierung des Denkmals, das kurz nach dem Tod Kleinschmidts 1878 errichtet wurde.

Der Leiter des Forstreviers Wahner Heide , Klaus Oehlmann, hatte Mitte der 90er-Jahre bemerkt, wie verfallen das Denkmal war, so dass er sich auf die Suche nach Mitstreitern für die Restaurierung machte. Eingedenk der Tatsache, dass die Kosten dafür im Siegburger Rathaus auf immerhin 30 000 Mark geschätzt wurden. „Jeder wusste was, jeder hatte was“ , nach dieser Devise habe man das Projekt in Eigenregie in Angriff genommen.

Ludger Krebs, Architekt aus Lohmar, baute aus den alten Steinen der Bodenplatte ein neues Fundament für den Obelisken. Der Zaun entstand unter der Leitung von Metallbaumeister Werner Fuchs in der Ausbildungswerkstatt der Kreishandwerkerschaft. Langzeitarbeitslose und Jugendliche packten mit an.

Seitdem treffen sich die Helfer einmal im Jahr am Denkmal, um gemeinsam zu essen und zu trinken und vor allem, um nachzuschauen, ob noch alles in Ordnung ist. Einmal ärgerte sich die Runde über Farbschmierereien auf dem Denkmal. Zum 20. Jahrestag der Restaurierung ging es besonders feierlich zu: Mit Jagdhornmusik von den Bläsern Heinz Peter und Theresia Rademacher sowie Uschi Trülsch. Zur Stärkung gab es Wildschweinbraten aus dem Ofen.

Achim Urmes, Leiter des Bundesforstbetriebs Rhein-Weser, hält es für völlig undenkbar, heute wie einst Oberförster Kleinschmidt vorzugehen und Feuchtbiotope in einem wertvollen Naturschutzgebiet derartig trockenzulegen. Das gäbe mindestens Anzeigen bei EU und Unterer Landschaftbehörde sowie Ärger seitens der Landesregierung. Allerdings spiele heute auch das Sumpffieber, das mit der Malaria vergleichbar sei, keine Rolle mehr. Urmes sieht einen Zusammenhang mit der Säkularisation des Benediktinerklosters unter Napoleon: Als die alte Karpfenwirtschaft der Mönche eingestellt wurde, seien die Teiche der Versumpfung anheimgefallen.

An der Feier nahm auch Siegburgs stellvertretende Bürgermeisterin Susanne Haase-Mühlbauer teil. Sie kündigte an, sich dafür einzusetzen, dass künftig ein Wegweiser auf das Denkmal mit der kuriosen Geschichte hinweist.

Das Siegburger Fieber war gefürchtet

Schlimm waren die Zustände, die Andrea Korte-Böger 2012 in der 33. Ausgabe der „Siegburger Blätter“ in einem Artikel über die Weiher erwähnt. 1809 wies der damalige Bürgermeister auf das „ungesunde Klima der Stadt“ hin. Siegburg habe eine Menge schädlicher Teiche mit Schilfbewuchs, „dessen Wurzeln Millionen von Insekten zum Aufenthalt dienen und mit solchen unter einem unerträglichen Gestank verfaulen und die Luft vergiften“.

Niemand blieb vom „Siegburger Fieber“ verschont, auch nicht in der 1840 gegründeten Kattunfabrik, deren Inhaber Christian Gottlieb Rolffs eine Entsumpfung der Gebiete forderte. Doch seitens der preußischen Regierung geschah nichts, so dass 1849 die Stunde des Oberförsters schlug: Friedrich Wilhelm Kleinschmidt ließ in Eigenregie 25 der „dem Forstfiskus“ gehörenden Weiher trockenlegen. Da diese Arbeiten nach einem Jahr „vorbildlich abgeschlossen“ wurden, empfahl die preußische Regierung Kleinschmidt auch für die Trockenlegung weiterer städtischer Weiher.

1858 wurde im Rathaus vermeldet: „Sämtliche Weiher in der Umgebung von Siegburg sind abgelassen. Das Fieber ist verschwunden.“ Freunde des Oberförsters errichteten 20 Jahre später das Denkmal in der Widdauer Wiese.

Warum der Trerichsweiher verschont blieb, ist Korte-Böger zufolge nicht bekannt. „Als stadteigener Teich ohne natürlichen Zufluss gehörte er auf jeden Fall in die Liste der gesundheitsgefährdenden Wasserflächen und hätte der Trockenlegung anheim fallenmüssen“, so die Archivarin. „Doch er kam ungeschoren davon.“ 1991 wurden der Trerichsweiher an der Stadtgrenze zwischen Siegburg und Troisdorf sowie das umliegende Gebiet unter Naturschutz gestellt. 

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