Neue Doppelspitze des VfLPeter Schönberger und Christoph Schindler im Interview

Lesezeit 7 Minuten
Die neue Doppelspitze des VfL: Geschäftsführer Peter Schönberger (l.) und Sportdirektor Christoph Schindler. 

Die neue Doppelspitze des VfL: Geschäftsführer Peter Schönberger (l.) und Sportdirektor Christoph Schindler. 

Gummersbach – Mit dem Pokalspiel gegen den HC Coburg startet Handball-Bundesligist VfL Gummersbach heute in die Pflichtspielsaison. Acht neue Spieler stehen jetzt in Reihen des Traditionsvereins, dazu kommt ein neuer Trainer. Und auch auf der Kommandobrücke  gab es mit Geschäftsführer Peter Schönberger und dem Sportdirektor Christoph Schindler  personelle Veränderungen.  Wie die beiden Macher auf die  Saison blicken und was sich verändert, darüber sprach Andrea Knitter mit ihnen.

Die Saisonvorbereitung war ein Wechselbad der Gefühle mit vielen Verletzten. Was erwarten Sie heute im Turnier der ersten Pokalrunde? Christoph Schindler: Wir sind unter den vier Mannschaften der einzige Erstligist. Auch wenn Bundesligaabsteiger HC Coburg einer der stärksten Gegner ist, muss unser Ziel das Weiterkommen sein. Peter Schönberger: Wir sollten schon die erste Runde überstehen. Was unser Saisonziel betrifft, sind wir ein bisschen bescheidener geworden im Gegensatz zur vergangenen Saison und hoffen auf einen Platz im gesicherten Mittelfeld. Dazu gehört aber auch ein bisschen Glück, um von vielen Verletzungen verschont zu bleiben.

Apropos Verletzungen, da hat es den VfL in der Vorbereitung ja heftig getroffen. Anfang der Woche kam noch die Hiobsbotschaft vom Ausfall von Max Hermann und Kevin Schmidt, bei denen nicht einmal sicher ist, ob sie jemals wiederkommen. Dazu der Auftritt am vergangenen Wochenende beim Turnier in eigener Halle, als die Mannschaft als Gastgeber abgeschlagen Letzter wurde. Wie optimistisch lässt Sie das in die Saison blicken?

Schindler: Sicher haben wir gegen die SG Flensburg-Handewitt und gegen Vardar Skopje nicht so gespielt, wie wir es uns vorgestellt haben. Man darf bei all dem aber nicht vergessen, dass es der Deutsche Vize-Meister und der Champions-League-Sieger waren und wir vom Verletzungspech gebeutelt sind. Acht Spieler saßen gegen Skopje verletzt hinter der Bank. Für Linksaußen Kevin Schmidt haben wir jetzt mit Marvin Sommer aber kurzfristig einen Ersatz verpflichtet. Trotz allem wollen wir so schnell wie möglich ins gesicherte Mittelfeld der Bundesligatabelle.

Sie haben mit Max Hermann (Schulter) und Eirik Köpp (Knie) zwei Spieler auf den halben Angriffspositionen verpflichtet, die schon verletzt nach Gummersbach kamen. War das nicht ein Risiko? Schindler: Ich möchte nichts kommentieren, was vor meiner Zeit als Sportdirektor war. Eirik Köpp konnte in den vergangenen fünf Monaten nicht trainieren. Dazu kam in der Vorbereitung ein entzündeter Zeh. Er braucht jetzt Spielpraxis, um auf sein altes Level zu kommen.

Als Sie im Mai als Sportdirektor und neuer Geschäftsführer vorgestellt wurden, wurde von der neuen Struktur des Vereins gesprochen. Wie sieht die aus? Schönberger: Die manifestiert sich darin, dass es jetzt einen Sportdirektor und einen Geschäftsführer gibt mit einer klaren Aufgabenteilung und dem dafür nötigen Know-how. Ich habe als Geschäftsführer der Kölner Haie erlebt, wie es ist, keinen Sportdirektor zu haben. Wir haben beim VfL die Zweiteilung auf der Führungsebene, arbeiten aber am selben Thema: der Weiterentwicklung des Vereins.

Herr Schönberger, Sie kommen vom Eishockey, haben Sie sich schon im Handball eingelebt? Schönberger: Ich habe von unserem Akademieleiter Maik Pallach einen zweieinhalbstündigen Crashkurs in Sachen Handball bekommen. Das ist aber nur dafür, dass ich auf der Tribüne auch schon zu Beginn der Saison ein wenig mitsprechen kann. In sportlichen Dingen ist Christoph Schindler gefragt.

Wenn Sie von der Weiterentwicklung des VfL Gummersbach sprechen, was meinen Sie konkret damit? Schönberger: Geld wirft nun einmal Tore, daher gilt es zunächst die strategische Reichweite des Vereins auszubauen, um neue Sponsoren zu finden. Da stehen an erster Stelle die Liveübertragungen der Bundesligaspiele durch den Fernsehsender Sky wie auch das neue Engagement der Öffentlich-Rechtlichen. Weiterhin setzen wir auf Kooperationen mit bereits bestehenden Partnern, die eine große Reichweite haben, wie etwa mit der Familie Dornseifer, in deren Supermärkten wir mit unseren Merchandising-Produkten und Prospekten präsent sein werden. Der VfL Gummersbach wird dort auf den Bildschirmen zu sehen sein, ebenso wie in den Werbeprospekten des Unternehmens mit hoher Reichweite. Zudem bauen wir die Zusammenarbeit mit dem Energieversorger Aggerenergie aus. Hinzu kommt eine Zusammenarbeit mit einigen Golfclubs in der Region. Wir möchten in die Breite gehen, eine Basis für ein besseres Merchandising schaffen, neue Sponsoren gewinnen, um Tickets zu verkaufen. Ich komme jeden Tag ins Büro mit dem Kopf voller Ideen, denn viele Dinge können noch getan werden.

Das geht aber alles nicht von heute auf morgen, oder? Schönberger: Es wird zwei oder drei Jahre dauern. Wir wollen den VfL in dieser Zeit auf eine neue Stufe bringen.

Schaut man auf die Internetseite des Vereins, ist von Aufbruchstimmung aber nichts zu merken. Da wird immer noch zum Start der Vorbereitung eingeladen. Schönberger: Ja, das ist auch noch eine Baustelle. Wir haben die Kommunikation in neue Hände gelegt und sind in der Phase der Umstellung. Natürlich werden wir verstärkt die sozialen Medien wie Facebook oder Instagram nutzen und unseren Internetauftritt überarbeiten.

Mit der neuen Saison gibt es in der Handball-Bundesliga neue und feste Anwurfzeiten, die am Sonntagmittag oder Donnerstagabend sind. Hat das Auswirkungen auf den Dauerkartenverkauf? Schönberger: Nein, die Zahlen sind zur vorigen Saison gleichgeblieben.

Damit Sky aus Gummersbach sendet, mussten Investitionen getätigt werden. Welche waren das? Schönberger: Damit die Bundesligaspiele ein einheitliches Erscheinungsbild haben, müssen alle Vereine den gleichen Boden verlegen. So auch wir. Die Kosten belaufen sich auf 40 000 bis 50 000 Euro. Bei der neuen Beleuchtung der Halle haben wir hingegen keine Zusatzkosten.

Zurück zur sportlichen Situation des Vereins, der immer noch einen großen Namen hat, der mit hohen Erwartungen verknüpft ist. Blicken Sie da nicht mit ein bisschen Sorgen in die Saison? Schindler: Sorge ist das falsche Wort. Wir stehen vor der Aufgabe, acht neue Spieler in die Mannschaft zu integrieren, von denen fünf noch nie in der Bundesliga gespielt haben, drei kein Deutsch sprechen und einer nun auch noch für eine lange Zeit ausfällt. Und dann verletzt sich mit Simon Ernst auch noch unser Mittelmann und neuer Kapitän. Dazu kommt weiteres Verletzungspech, so dass wir nur im ersten Spiel der Vorbereitung gegen Zweitligaaufsteiger Neuss überhaupt mit einem Linkshänder m Rückraum antreten konnten.

Helfen die neuen Strukturen im VfL bei der Integration der Spieler? Schindler: Ja, wir helfen ihnen in Gummersbach Fuß zu fassen, unterstützen sie beispielsweise bei der Wohnungssuche und sorgen dafür, dass sie die Sprache lernen.

Drücken die Handballer dafür wieder die Schulbank? Schindler: Die Schule kommt quasi zu ihnen. Der Sprachunterricht findet in der Schwalbe-Arena nach dem Training statt. Das ist für die Spieler am einfachsten, sie müssen nicht noch zusätzliche Wege zurücklegen. Am Unterricht nehmen aber auch Spieler aus unserer Handball-Akademie sowie die Frauen und Freundinnen teil. Wir haben nicht so viel Geld, also müssen wir bei den weichen Faktoren punkten. Das heißt, wir müssen dafür sorgen, dass die Spieler sich schnellstmöglich integrieren und wohlfühlen. Das hat auch etwas mit Wertschätzung zu tun.

In welchen Regionen der Tabelle liegt denn der Spieleretat des VfL Gummersbach, und wie hoch ist er? Schönberger: Unser Gesamtetat liegt bei rund 4,5 Millionen Euro, zur Höhe des Spieleretats möchte ich nur sagen, dass wir derzeit im unteren Mittelfeld der Bundesliga liegen.

Zurück zum heutigen Pokalspiel: Wird sich die Verletztensituation gegen den HC Coburg etwas entspannen? Schindler: Ja, ich gehe davon aus, dass Marvin Sommer spielberechtigt sein wird. Rechtsaußen Tobias Schröter ist wieder dabei und auch Linkshänder Florian Baumgärtner wird im halbrechten Rückraum spielen können. Nach dem Ausfall von Max Hermann setzen wir gerade auf ihn große Hoffnungen. Dass er es kann, hat er am Ende der vergangenen Saison bei unserem unerwarteten Sieg bei den Füchsen Berlin gezeigt, als er mit Torhüter Matthias Puhle und Julius Kühn zum Matchwinner wurde und letztlich damit den VfL in der Bundesliga gehalten hat. Für ihn war es jetzt ganz besonders ärgerlich, dass er verletzt ausfiel.

Wie bewerten Sie die Vorbereitung mit guten Spielen gegen die Bundesliga-Konkurrenten Hüttenberg und Erlangen, aber auch dem schwachen Auftritt beim eigenen Turnier mit den Spitzenmannschaften? Schindler: Die Ergebnisse aus der Vorbereitung sollte man nicht so hoch bewerten, weder die Niederlagen noch die Siege. Insgesamt würde ich die Vorbereitung schon positiv sehen. Ein guter Saisonstart am kommenden Sonntag gegen die HSG Wetzlar wäre unheimlich wichtig für uns. Schönberger: Sportlicher Erfolg ist immer ein sehr gutes Argument, gerade bei der Suche von Sponsoren. In so einer Situation kann der große Name Vorteil, aber auch Verpflichtung sein. Die Zuschauer und wir müssen der Mannschaft Zeit geben.

Rundschau abonnieren