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VfL GummersbachFlatten: „Der Fernsehvertrag ist ein Quantensprung“

Lesezeit 6 Minuten

Evgeni Pevnov und Andreas Schröder haben bei Bundesliga-Konkurrenten unterschrieben, der Vertrag mit Trainer Emir Kurtagic wird nicht verlängert, weitere Verträge laufen aus. Wohin geht der Weg des VfL?

Bevor ich die Frage beantworte, muss man sich als Gummersbacher vor Augen halten, welche Entwicklung wir in den vergangenen vier Jahren gemacht haben. Mit jungen Leuten und einem den Möglichkeiten unserer Region angepassten Etat haben wir unter anderem mit Simon Ernst und Julius Kühn zwei Nationalspieler entwickelt. Die Fortschritte gelten auch für Andreas Schröder, der vor vier Jahren aus der Zweiten Liga vom TV Neuhausen kam. Ihm und Evgeni Pevnov haben wir ein Angebot unterbreitet, konnten und wollten aber finanziell nicht mit Erlangen und Hannover mithalten – zumal wir für den Kreis mit Moritz Preuss bereits eine Alternativen im Auge hatten.

Bleibt die finanzielle Situation immer noch schwierig? Es gab doch Termine bei großen überregionalen Firmen.

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Ja, denn man darf nicht vergessen, dass wir unseren Konsolidierungskurs weiter gehen und gleichzeitig der deutlichen Leistungsentwicklung unserer Spieler wie zum Beispiel Ernst und Kühn Rechnung getragen haben und diese Verträge bis 2018 rechtzeitig verlängert haben. Bei den Gesprächen in den überregionalen Firmenzentralen lief bei den Vorstellungen unserer Marke auch alles gut, bis die Frage nach der Reichweite gestellt wurde. Und die ist beim VfL in der von großen Firmen gewünschten Form noch nicht gegeben. Man bekommt dann gesagt, dass zehn Meter Bande im Fußball mehr Reichweite bringen, als das Trikot in der Handball-Bundesliga. Daher bieten wir in dieser Saison für unsere Heimspiele ja schon einen Livestream an.

Wie sind die Zugriffzahlen pro Heimspiel ?

Sie liegen bereits durchschnittlich bei 20 000 Zuschauer – in der Spitze hatten wir sogar knapp 30 000, womit wir auch sehr zufrieden sind.

Wird sich die Frage der Reichweite durch die neuen Fernsehverträge ändern, die ab der kommenden Saison mit dem Sender Sky als auch den öffentlich-rechtlichen Sendern gelten?

Das ist ein echter Quantensprung. Die Verträge sichern uns Liveübertragungen aller Spiele. Beim Topspiel werden alleine sechs Kameras im Einsatz sein, im Gegensatz zu heute nur drei. Dazu kommen Spieltagzusammenfassungen sonntags in der Sportschau. Die ARD hat sich zudem verpflichtet, zwölf Spiele live zu zeigen. Zudem wird es endlich den so lange geforderten einheitlichen Spielplan für die Bundesliga geben.

Wie wird dieser aussehen?

In zwei Jahren wird es nur noch zwei Termine pro Spieltag in der Bundesliga geben. Regelspieltage sind Donnerstag, 19 Uhr, und Sonntag, 12.30 Uhr, dazu kommt ein Topspiel am Sonntagnachmittag. Ein Ausweichtermin ist am Samstag, 16 Uhr, an spielfreien Wochenenden der Fußball-Bundesliga gibt es noch einen Samstagtermin um 20.30 Uhr.

Das gilt ab der Saison 2018/19. Wie sieht der Übergang aus?

In der kommenden Saison müssen die Vorgaben bereits zu 75 Prozent erfüllt werden.

Heißt das, dass in Zukunft gegen die Mannschaften, die international spielen, donnerstags gespielt wird und gegen den Rest am Sonntag?

So genau kann man das nicht sagen, das hängt ein wenig von der EHF ab – aber die Bundesligaspieltage sind fix. Mit dem Sonntagstermin wird sich natürlich auch ganz viel ändern.

Wie meinen Sie das?

Wir sind gerade dabei, Konzepte zu entwickeln. Denn mit der veränderten Anwurfzeit können sich auch die Zielgruppen ändern. Zum Beispiel könnten die neuen Zeiten mehr Familien in die Halle locken. Doch auch das Catering für unsere Businesspartner wird sich verändern müssen. Ich denke, wir müssen ganz andere Angebote machen. Im Januar wollen wir uns mit den Fanclubs zusammensetzen und fragen, was wir aus deren Sicht verändern müssen. Die neuen Zeiten sind sicher mit Risiken verbunden, bieten uns aber die Möglichkeit, uns größer aufzustellen.

Apropos aufstellen: Nach Jahren des Aufschwungs scheint der VfL zu stagnieren. Zurück zur Ausgangsfrage: Wohin soll der Weg gehen?

Nach wie vor ist unser Ziel, mit einer jungen mit überwiegend deutschen entwicklungsfähigen Spielern aufgestellten Mannschaft die Lücke zu den oberen Tabellenplätzen weiter zu schließen. Wir haben uns schon vor dieser Saison mächtig ins Zeug gelegt mit der Verpflichtung von Kevynn Nyokas, um ein paar Plätze zu klettern. Durch das große Verletzungspech mussten wir das Ziel mittlerweile revidieren. Wir werden und können ohne weitere Investitionen zusätzlicher Sponsoren auch keine fertigen Spieler kaufen. Wichtig ist aber für uns die mannschaftliche Geschlossenheit, auf die wir weiterhin setzen und mit der wir viel erreichen möchten.

Sie haben schon früh bekanntgegeben, dass der Vertrag mit Trainer Emir Kurtagic zum Saisonende auslaufen wird. Sein Nachfolger steht noch nicht fest, trotzdem haben Sie schon neue Spieler verpflichtet. Wäre es nicht besser gewesen zu warten, bis der neue Trainer sein Konzept präsentiert?

Nein, zuerst findet jeder neue Trainer immer eine Mannschaft vor, die mit Spielern besetzt ist und einen Linkshänder bekommt man im Januar oder Februar nicht mehr so einfach. Mit dem Halbrechten Maximilian Hermann, der ebenso wie Kreisläufer Moritz Preuß vom Bergischen HC kommt, haben wir bereits vor einiger Zeit verhandelt. Es ist doch bei jedem neuen Trainer so, dass er ein fertiges Team übernimmt.

Beide Neuzugänge sind in der Vergangenheit mit schwereren Verletzungen ausgefallen, haben sich beide das Kreuzband gerissen. Ist es kein zu großes Risiko, sie zu verpflichten?

Nein, es gibt doch einige Handballer in der Bundesliga, die, wenn die Kreuzbandverletzung gut behandelt und ausgeheilt ist, ohne Probleme spielen. Maximilian Hermann hat zudem für seine Schulter seine spezielle Reha, die er auch bei uns weiterführen kann. Wie groß sein Potenzial ist, hat mir auch der österreichische Nationaltrainer bestätigt. Beide Spieler haben den durchgeführten Medizincheck natürlich bestanden.

Wie sieht es mit weiteren Spielerverpflichtungen aus?

Wir brauchen noch einen Halblinken, der auch ein Abwehrspezialist ist. Und da führen wir Gespräche.

Gilt das auch für den neuen Trainer?

Wir haben alleine 42 Anfragen von Trainern, dabei wurden sogar zwei von drei Beratern vorgeschlagen. Wasserstandsmeldungen zum Stand der Verhandlungen geben wir grundsätzlich nicht.

Wie sieht Ihr Anforderungsprofil aus? Wird der neue Mann ebenso in die Jugendarbeit eingebunden sein wie Emir Kurtagic?

Ja, Maik Pallach und Jan Schneider sind die Leiter der Handballakademie, doch an einem einheitlichen Trainingskonzept von den Nachwuchsmannschaften bis hin zur Bundesliga möchten wir festhalten.

Wann werden Sie einen neuen Trainer vorstellen?

Wenn wir soweit sind – Ziel wird sein, dies bis nach der WM in Frankreich auch zu sein.

Zum Abschluss: Ihr Tipp für das Spiel gegen den THW Kiel.

Wenn wir so spielen wie gegen Berlin und unsere Mannschaft mit Leidenschaft gemeinsam kämpft , dann wird Kiel als Verlierer nach Hause fahren. Der THW ist, wie sich in den vergangenen Spielen gezeigt hat, nur individuell stark.

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