VfL Gummersbach im Effektivitätsranking„Das darf nicht unser Anspruch sein“

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 Kapitän Simon Ernst hat beim  Ranking der HBL  noch für ordentlich Punkte für Gummersbach gesorgt.

 Kapitän Simon Ernst hat beim  Ranking der HBL  noch für ordentlich Punkte für Gummersbach gesorgt.

Gummersbach – Zum Saisonstart veröffentlichte die Handball-Bundesliga zum zweiten Mal eine Rangliste, die die Effektivität der Nachwuchs- und Anschlussförderung der 38 Vereine im deutschen Profihandball abbildet. Einsam an der Spitze stehen dabei die Füchse Berlin mit 318 Punkten. Auf dem Podium platzieren sich außerdem der SC DHfK Leipzig mit 231 und der TBV Lemgo mit 163 Punkten. Erst auf Platz 15 rangiert der VfL Gummersbach mit 96 Punkten.

Das Eingangskriterium, um in die Wertung zu kommen, sind deutsche Spieler unter 23 Jahre, die in mindestens 75 Prozent der Spiele der vergangenen Saison auf dem Spielbericht standen. Mattes Rogowski, Projektmanager bei der Handball-Bundesliga GmbH in Köln, erklärt, wie die Punktwerte zustande kommen: „Das Ranking durchleuchtet auch die Vergangenheit der Spieler. Nicht nur der Verein, wo der Spieler momentan spielt, bekommt Punkte.“

So profitiert der VfL Gummersbach beispielsweise noch immer davon, dass Nationalspieler Paul Drux in der B-Jugend ein Jahr in Gummersbach spielte, und bekommt dafür Punkte. Außerdem werden Punkte für die Spieljahre als U23-Akteur in der ersten und zweiten Liga vergeben.

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Spieler, die direkt nach der A-Jugend den Sprung in die Liga schaffen, bekommen mehr als Spieler, die den Sprung erst ein oder zwei Jahre später machen. So hat Simon Ernst beim VfL für ordentlich Punkte gesorgt.

„Belohnt werden die Vereine, die auf junge deutsche Spieler setzen“, sagt Rogowski. Gleichzeitig erklärt diese Wertigkeit aber auch, warum Zweitligisten wie Saarlouis oder Bad Schwartau weit vorne im Ranking liegen. In der Zweiten Bundesliga ist es einfacher, Spieler an die Liga heranzuführen – das Spielniveau ist tiefer als in der ersten Liga.

Trotzdem betont Gummersbachs Sportdirektor Christoph Schindler, dass er mit der Platzierung nicht zufrieden ist: „Es darf nicht unser Anspruch sein, Fünfzehnter zu werden. Das ist ein Fingerzeig, dass wir Sachen besser machen müssen.“ Zwar schneide der Verein bei der Vergabe des Jugendzertifikats der HBL, welches die äußeren Rahmenbedingungen bewertet, immer sehr gut ab, Bundesligaspieler habe die Akademie in den letzten Jahren aber nicht hervorgebracht. Vor allem die letzte Saison aller Teams sei ernüchternd ausgefallen, so Schindler. Sowohl das Bundesligateam als auch die U23 in der Dritten Liga entgingen nur knapp dem Abstieg, die A-Jugend rettete so gerade eben die direkte Qualifikation für die neue Bundesligaspielzeit und auch die B-Jugend spielte nicht im obersten Spitzenbereich der Nordrheinliga. Der mannschaftliche Erfolg stehe zwar hinter einer guten individuellen Ausbildung der Akteure zurück, so Schindler. Andererseits bedingen die Faktoren aber auch einander: Nur individuell starke Spieler können auch eine erfolgreiche Mannschaft bilden. Auch, dass bei der U21- und U19-Weltmeisterschaft keine VfL-Spieler dabei waren, wurmt Schindler. „Das sind alles Marker dafür, dass es momentan nicht so gut läuft“, sagt der ehemalige Profi. „Ich gucke unter jeden Stein und stehe in einem intensiven Austausch mit den Trainern und Maik Pallach als Sportlichem Leiter der Akademie“, erklärt Christoph Schindler. „Die Jugendarbeit wird bei mir große Wertschätzung erfahren.“

„Es wird Veränderungen geben müssen und es geht darum, bessere Strukturen zu schaffen“, meint Schindler mit Blick auf die Bereiche Schulkooperationen, Betreuung und Wohnsituation der Athleten sowie Trainingszeiten. Erste Erfolge kann die neue sportliche Führung schon aufweisen: Ein neuer Kraftraum ist eingerichtet und mit „Agosport“ aus Köln kümmern sich neue Athletiktrainer um alle VfL-Teams. „Das ist ein Fingerzeig, dass die individuelle Entwicklung im Vordergrund steht“, so der Sportdirektor.

Besser werden im

Leistungssportbereich

Verbessern muss sich aber auch der Scouting-Bereich des VfL, deutsche Toptalente – am besten noch aus der Region, wie es Akademiegründer Jochen Kienbaum 2005 vorgab – sind rar gesät. Einzig Max Jaeger und, wenn er wieder richtig fit wird, Marcel Timm könnten den Sprung in die erste Liga schaffen. Zuletzt kamen mit dem Israeli Yonatan Dayan und dem Isländer Gudmundur Asthorsson zwei herausragend talentierte Spieler in die Kreisstadt. Dem wichtigsten Merkmal der Jugendförderung entsprechen sie allerdings nicht: Sie sind weder deutsch, noch kommen sie aus der Region. „Der VfL muss im kompletten Leistungssportbereich besser werden, nicht nur die Bundesligamannschaft“, erklärt Christoph Schindler abschließend. Nach zwölf Jahren Handballakademie sollen endlich eigene Jugendspieler in Gummersbach den Weg in die Bundesliga finden. Und nicht wie ehemalige Akteure wie Paul Drux, Marian Orlowski oder Ole Rahmel, die erst woanders glücklich und schließlich sogar zu Nationalspielern wurden.

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