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Spree-UferBerlin ist schon wieder geteilt

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Ein Schiff fährt in Berlin bei Sonnenuntergang auf der Spree. (Bild: dpa)

Ein Schiff fährt in Berlin bei Sonnenuntergang auf der Spree. (Bild: dpa)

BERLIN. „Spree retten!“, „Mediaspree versenken!“ - die Gegner der geplanten Bebauung des Berliner Spree-Ufers lassen die Säbel ordentlich rasseln. Während Hamburg an der Hafencity und Köln am Rheinauhafen baut, ringt die Hauptstadt um die Zukunft an der Spree.

Am Sonntag sollen die Bürger von Friedrichshain und Kreuzberg entscheiden, wie ihr Kiez aussehen soll. Die einen träumen von neuen Badestränden, Bars und grünen Spielplätzen - die anderen wollen Bürohochhäuser, Hotels und moderne Wohnlofts.

Seit der Wende wandelt sich auch Berlin: Aus alt mach' neu, aus Provinz mach' Weltstadt - das scheint das Motto zu sein. Der Potsdamer Platz und das Regierungsviertel präsentieren eindrucksvoll die neue Hauptstadt. Doch zugleich verschwindet viel Altes. Heftige Auseinandersetzungen hatte es um den Palast der Republik gegeben. Dieser Tage wird sein Stahlgerüst abgebaut, bald existiert der Sitz der Volkskammer der DDR nur noch auf Postkarten.

Einige Berliner wollen dieser ständigen Veränderung nicht länger zusehen - und rufen zum Kampf auf. Denn auch das Spree-Ufer zwischen Elsen- und Jannowitzbrücke hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Der Plattenkonzern Universal, der Sender MTV und die Gewerkschaft Verdi sind nur einige der neuen Mieter, die den sonst eher alternativ geprägten Kiezen Friedrichshain und Kreuzberg ein anderes Gesicht geben. Jüngstes Beispiel ist die gerade fertig gestellte Konzert- und Sportarena am Ostbahnhof, rundherum soll die O2-World entstehen. Für die neue Anlegestelle am Fluss musste sogar ein Stück der denkmalgeschützten, von Künstlern bemalten Mauer weichen - als East-Side-Gallery Ziel von Touristen aus aller Welt.

Mediaspree, ein Zusammenschluss von Investoren und Eigentümern, koordiniert diesen Wandel. Der Verein vermarktet den Standort am Fluss, der einst die Stadt teilte. Über Jahre hinweg wichen Industriebrachen Neubauten. Damit soll Schluss sein, sagen die Initiatoren des Bürgerentscheids und fordern lautstark: „Spree-Ufer für alle.“

Als in der vergangenen Woche Wirtschaftsvertreter eine Dampferfahrt entlang des umstrittenen Ufers machten, wurden sie von bunten Schlauchbooten begleitet. Die Aktivisten wollten die „Investoren bejubeln“ und sie mit Konfettikanonen beschießen. „Aus Sicherheitsgründen“ entschied der Reeder, kehrtzumachen. Bei Diskussionsveranstaltungen zur Städteplanung gingen in den vergangen Monaten bereits Scheiben zu Bruch. „Der Ton ist schärfer geworden“, sagt Christian Meyer, Geschäftsführer von Mediaspree. Alternative Bars, wie der Reggae-Club Yaam oder der beliebte Oststrand, müssten ihre Standorte verlassen, und die Mieten würden steigen, wenn die Pläne fortschreiten, fürchten die Gegner. Sie wollen, dass Neubauten nur in einem Abstand von 50 Metern zum Ufer hochgezogen werden, diese sollen die Berliner Traufhöhe von 22 Metern nicht überschreiten. Auch den Wiederaufbau der im Krieg zerstörten Brommybrücke lehnen sie ab. Auf gar keinen Fall soll sie für Autos geöffnet werden.

Auf der anderen Seite versprechen die Investoren tausende Arbeitsplätze, Wohnhochhäuser mit Spreeblick und Showrooms der Modebranche. Der von den Grünen und der Linken verwaltete Bezirk befürchtet schon Entschädigungszahlungen von über 160 Millionen Euro, wenn der Vorschlag der Initiatoren eine Mehrheit bekommen sollte.

Deshalb haben die Bezirksverordneten selbst einen Kompromiss zur Abstimmung angeboten, der weniger Hochhäuser und eine durchgehende Uferpromenade vorsieht. Die neue Brücke sollen nur Nahverkehr, Radfahrer und Fußgänger benutzen. Entschädigungszahlungen für bereits genehmigte Neubauten sollen aber vermieden werden. Mondäner City-Standort oder alternative Flaniermeile - die Entscheidung fällt Sonntag.

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