StadtführerEin Ruhepol zwischen Rosenbeeten

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Über dem blühenden Rosengarten thront die Agneskirche: Günter Leitner liebt den Blick auf das monumentale Bauwerk. (Foto: Hanano)

Über dem blühenden Rosengarten thront die Agneskirche: Günter Leitner liebt den Blick auf das monumentale Bauwerk. (Foto: Hanano)

Hoch oben auf dem Dach des ehemaligen Forts X sind Worte überflüssig. Wenn Günter Leitner im Hilde-Domin-Park den verwunschenen Wandelweg zum Rosengarten emporsteigt, wird er meist schon durch ein vertrautes Miauen begrüßt. Den Namen der rotgetigerten „Hauskatze“, die sich oft genüsslich auf der Mauer räkelt, kennt der Stadtführer ebenso wenig wie die der anderen Besucher. Vertraut sind Leitner viele Gesichter der Menschen, die wie er selbst die Ruhe des Gartens schätzen, hingegen schon. Wenn man sich zwischen akkuraten Beeten voller verschwenderisch blühender Rosensträucher begegnet, reicht ein freundliches Nicken.

Diese „Vertrautheit im Schweigen“ ist nur einer der vielen Aspekte, die der 56-Jährige an dem erhabenen Ort über dem alten Festungsgraben schätzt. „Man trifft hier viele Leute mit Ruhebedürfnis“, sagt Günter Leitner, der den Rosengarten nicht nur beruflich zu seinem Lieblingsplatz erkoren hat. Besonders gern sitzt er auf einer der Bänke, die den Blick auf die monumentale Agnes-Kirche über blühenden Rosen erlauben. Dort genießt Leitner, für den „Kirche im Leben sehr wichtig“ ist, den „Dialog zwischen Schöpfung und Vegetation“. Mindestens einmal pro Woche besucht der Stadtführer seinen Lieblingsplatz, dessen Eingang am Neusser Wall / Ecke Hülchrather Straße liegt. Meist hat er Bücher dabei oder lauscht über sein iPhone klassischer Musik, die das stetige Rauschen der Inneren Kanalstraße völlig vergessen lässt.

Zu verdanken haben er und die anderen Besucher diesen Umstand dem ehemaligen Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer. Als nach dem Zweiten Weltkrieg die militärischen Festungsbauten aus dem frühen 19. Jahrhundert geschleift werden mussten, habe sich der spätere erste Bundeskanzler als wahrer „Rosenfreund“ entpuppt. Anfang der 20er Jahre habe Adenauer sich für eine Andersnutzung militärischer Bauten eingesetzt und mit dem Rosengarten einen „Ort zum Verweilen“ anlegen lassen. Über 70 Rosensorten blühen heute auf dem Dach des ehemaligen Kasernengebäudes, rings herum laden Bänke und eine mit Glyzinien bewachsene Lauben zum Entspannen ein. „Viele Leute kennen diesen Platz gar nicht“, weiß Leitner. Wen er zu dem höher gelegenen Garten führt, der ist begeistert vom „Ruhepol in dieser unruhigen Stadt“. Dort lässt der 56-Jährige, der seit fast 35 Jahren durch die Domstadt führt und für sein Unternehmen „Köln-Blick“ sowie für die Antoniter City Tours arbeitet, seine Führung durch das Agnesviertel ausklingen. Bevor Leitner im Hilde-Domin-Park Gedichte der Namensgeberin vorträgt, führt er von der Kirche St. Agnes zu den nahe gelegenen Geburtshäusern der Schriftstellerin und ihres Kollegen Heinrich Böll. Dass dieser in seinem Roman „Gruppenbild mit Dame“ ein romantisches „Tête-à-tête“ in besagtem Rosengarten spielen lässt, wissen wohl die wenigsten. . .

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Die nächsten Führungen durch das Agnesviertel bietet Leitner für die Antoniter City Tours am kommenden Wochenende an: Am Samstag, 27. und Sonntag, 28. August um jeweils 11 Uhr sowie am 18. September um 17 Uhr startet die Tour an der Agnes-Kirche, Neusser Platz. Kosten: acht, ermäßigt sechs Euro; Anmeldung ist nicht nötig.

 www.antonitercitykirche.de

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