Streit mit ErzbistumMichael Jung stellt die Kardinalfrage

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Michael Jung (Bild: dpa)

Michael Jung (Bild: dpa)

Meckenheim/Rheinbach – Der Priester hatte damit erreicht, dass ein Proklamandum, also die Erklärung des Kardinals über die Gründe von Jungs Amtsenthebung, nicht wie vorgesehen in den Kirchen des Seelsorgebereichs Meckenheim verlesen werden durfte. Das Erzbistum hatte Widerspruch eingelegt. Beide Seiten stimmten letztlich dem Vergleich zu - aber nicht ohne Proteste. Die Prozesskosten werden geteilt.

Denn von Beginn der mündlichen Verhandlung an blitzten die Kernfragen beider Parteien auf: Ist ein weltliches Gericht überhaupt zuständig für Auseinandersetzungen dieser Art, und wenn, dann doch das Verwaltungsgericht, wie Rechtsanwalt Gernot Lehr die Position des Erzbistums deutlich machte. Ex-Pfarrer Michael Jung geht es um die Kardinalfrage: Ist die Kirche nur an ihr eigenes Recht gebunden, oder an das, das für alle gilt? Der Streit - eher eine Marginalie im gesamten Zwist beider Parteien - offenbart so die Tragweite der Auseinandersetzung.

Weil die Kirche mit dem Proklamandum bereits vor den Messen nach außen, sprich an die Medien, gegangen sei, könne Jung durchaus einen zivilen Anspruch aus der Verletzung des Persönlichkeitsrechts geltend machen, erklärte der Vorsitzende Richter Hans Fischer. Er zeigte Verständnis, dass Jung sich „gegen eine verkürzte Darstellung“ wie in der Kirchenverlautbarung wehrt. Streiten könne man wohl, ob das Amtsgericht oder das Verwaltungsgericht zuständig sei.

Das war für Bistums-Anwalt Gernot Lehr gar keine Frage: Wenn überhaupt, sei das Verwaltungsgericht in Köln anzurufen. Aber der Streit über das Proklamandum - Lehr nannte es „eine Art Hirtenbrief“ - sei eine innerkirchliche Angelegenheit zwischen Erzbistum und Pfarrer. Wenn der Kardinal schon „so einen unschönen Schritt gehen muss und einen Pfarrer des Amtes enthebt, dann muss er der Gemeinde dies auch mitteilen“, so der Anwalt. Außerdem habe Jung die Details schon früher, etwa in Pfarrbriefen, bekannt gemacht. Lehr: „Michael Jung hätte auch den kirchlichen Rechtsweg beschreiten können. Eine Beschwerde gegen das Dekret des Kardinals, das dem Proklamandum vorausgehen muss, war möglich.“

„Staat und Kirche sind nun mal nicht losgelöst zu sehen“, hielt Frank Wieland, der Anwalt des amtsenthobenen Pfarrers, entgegen. Außerdem müsse eine Erklärung auch zutreffend sein, „da gelten die Schranken des Gesetzes für alle“, so Wieland. Zwei Sitzungsunterbrechungen und einige Anrufe im Generalvikariat später kam die Einigung: „Das Bistum ist der Ansicht, man sollte jede Chance nutzen, den traurigen Streit zu deeskalieren“, begründete Lehr die Zustimmung Kölns zum Vergleich

„Die Kirche beansprucht alles Recht für sich“, kommentierte Michael Jung das Verfahren. „Am besten soll man gar keine weltlichen Gerichte bemühen.“ Jung hat unterdessen Widerspruch gegen seine Suspendierung beim Dienstherrn eingelegt, über die letztlich in Rom entschieden wird. Bis dahin sieht er sich weiter als Pfarrer in Meckenheim, will aber keine Messen lesen.

Genau das, nämlich seelsorgerisch tätig werden, darf Jung im Seelsorgebereich Meckenheim auch weiterhin nicht, stellte das Erzbistum gestern nochmals klar. „Während der Widerspruch Jungs gegen seine Suspendierung von der Ausübung des priesterlichen Amtes aufschiebende Wirkung hat, bleibt die Enthebung aus dem Amt des Pfarrers auch nach dem Widerspruch voll umfänglich wirksam“, so das Erzbistum.

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