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Abgas-SkandalSchlappe für VW-Konzern in Bonn

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Abgasskandal Auspuff VW

Dicke Luft: VW hat seine Ab­gas-Werte mit einer spe­zi­el­len Software ma­ni­pu­liert.

Bonn – Für die Bonner Richter der 19. Zivilkammer steht außer Frage: Die Manipulation der Abgas-Software in den VW-Dieselfahrzeugen, um sich den Absatzmarkt in Amerika zu sichern, sei eine "vorsätzliche sittenwidrige Schädigung" gewesen. In einem Gütetermin vor seiner Kammer ist Vorsitzender Roland Zickler jetzt mit dem VW-Konzern hart ins Gericht gegangen: Erstmalig hat sich ein Bonner Gericht im Zusammenhang mit dem Abgas-Skandal eindeutig dafür ausgesprochen, dass der VW-Händler wie auch das Unternehmen wegen eines erheblichen Mangels schadensersatzpflichtig sind.

Bonner Kunde hatte geklagt

Der aktuelle Fall: Ein Bonner Kunde hat seinen VW-Händler auf Rückabwicklung des Kaufvertrages seines Fahrzeugs in Höhe von knapp 22 000 Euro abzüglich einer Nutzungspauschale verklagt. Den Audi A4 Avant hatte er im Mai 2014 gebraucht für 22 000 Euro gekauft. Dabei sei es ihm wichtig gewesen, dass das neue Fahrzeug "den neuesten Umweltstandards entspricht". Im September 2015 erfuhr der Kläger jedoch, dass auch sein Fahrzeug von der manipulierten Abgas-Software betroffen ist. Die Entscheidung war klar. So ein Auto, das die Umwelt mehr als das Vierzigfache als das Versprochene belaste, wollte er zurückgeben. Er übergab den Fall seinem Anwalt.

Die Zivilkammer, bei der weitere zehn Klagen anhängig sind, kommt nach "Vorberatung" zu dem Ergebnis: Der Einbau von zwei unterschiedlichen Abgas-Softwares in einem Auto, von dem eine erkennt, wenn es auf dem Prüfstand steht, stelle eine "arglistige Täuschung" dar. Keine Frage, so Vorsitzender Zickler, dass eine bewusst fehlerhaft eingebaute Software einen Mangel darstelle. Das Argument, dass der Händler beim Verkauf nichts von der "Schummelei" wusste, greife rechtlich nicht. Das sei "Händlerpech". Gegenüber dem Kunden sei er in der Pflicht, ein mangelfreies Fahrzeug abzuliefern. Auch eine Nachbesserung durch ein Software-Update für sieben Euro, wie VW sie anbietet, sei kein Argument und für den Kunden nicht zumutbar. Zickler: "Er muss sich nicht auf eine 2. Irrfahrt einlassen", außer der Händler gebe eine weitere Fünf-Jahres-Garantie. Keine Frage, der VW-Konzern, aus dessen Haus die arglistige Täuschung stamme, habe sein Recht verwirkt, dass man ihm ein zweites Mal traut.

Zumutung für den Kunden

Die Kammer bezeichnete es als Zumutung für den getäuschten Kunden, dass der Fall landauf, landab in den Gerichten so gegensätzlich entschieden wird. "Es ist unerträglich für den Bürger, ein zersplittertes Recht zu erleben. Es ist fast ein bisschen Glück, bei welchem Richter man landet." Bis der Bundesgerichtshof (BGH) darüber entscheidet, sei das "eine Fahrt im Nebel". Bis nach Karlsruhe ist noch kein Fall gekommen. Das habe VW bislang verhindert, so Zickler.

Falls die Parteien sich nicht außergerichtlich einigen, wird die Kammer im Juli ein Urteil sprechen. Und das ist nach diesen deutlichen Richterworten absehbar. (AZ: Landgericht Bonn 19 O 76/16)

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