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Neues Möbelhaus in PulheimHängepartie rund um Segmüller

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Trotz des Urteils aus Münster darf das Möbelhaus Segmüller in Pulheim weiter gebaut werden.

Trotz des Urteils aus Münster darf das Möbelhaus Segmüller in Pulheim weiter gebaut werden.

Pulheim – Das Verwaltungsgericht Köln hat die Baugenehmigungen für Segmüller in Pulheim für rechtswidrig erklärt. Wie es jetzt weitergeht, ist unklar.

Worüber streiten die Parteien?

Die Idee, ein Möbelhaus in Pulheim zu bauen, gibt es schon länger. Die Anlage eines Hauses mit einer Verkaufsfläche von 20 000 Qua-dratmetern war bereits im Regionalplan von 2009 vorgesehen. 2013 plante Pulheim ein Haus mit einer Verkaufsfläche von 45 000 Quadratmetern. Dagegen meldeten Leverkusen und Bergheim erhebliche Bedenken an, aber auch die IHK Köln.

Stört ein Möbelhaus in Pulheim die Geschäfte der Nachbarn?

Möbelhäuser haben ein großes Einzugsgebiet. Ein Haus in Pulheim dürfte also Kunden anlocken, die etwa im früheren Smidt und heutigen Ostermann in Leverkusen einkaufen. Und sie bieten sogenannte zentrenrelevante Randsegmente: Das sind Artikel, die es etwa in Bastelläden, Spielwarengeschäften oder Läden für Haushaltswaren gibt. Die finden sich oft in Innenstädten Müssen derartige Fachgeschäfte schließen, findet sich in Bergheim kaum noch ein Nachfolger, fürchtet die Stadt in einer Stellungnahme von gestern.

Segmüller hatte laut IHK ursprünglich etwa 4500 Quadratmeter für zentrenrelevante Randsortimente vorgesehen. Die IHK Köln habe sich etwa für einen Maximalwert von 2500 Quadratmeter für zentrenrelevante Randsortimente ausgesprochen, so Thorsten Zimmermann, Leiter der Geschäftsstelle Rhein-Erft der IHK Köln. Die Städte Leverkusen und Bergheim klagten schließlich gegen den Bebauungsplan der Stadt Pulheim und bekamen vor dem Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) im September Recht.

Warum wurde weitergebaut?

Das Urteil des OVG richtete sich nicht gegen die Baugenehmigung. Mit dem Bau begonnen hat Segmüller auf eigenes Risiko, da es keine Baugenehmigungen mit Bestandskraft gab. Eine Baugenehmigung für das Möbelhaus erteilte Pulheim im August dieses Jahres. Auch dagegen klagten Leverkusen und Bergheim.

Was hat das Verwaltungsgericht Köln entschieden?

Das Gericht hat in einem Eilverfahren entschieden, dass diese Baugenehmigung rechtswidrig ist. Die Stadt hatte zwar den Bau eines Möbelhauses mit 30 000 Quadratmetern Verkaufsfläche und deutlich abgespeckter Fläche für zentrenrelevante Sortimente genehmigt. Pulheim habe dafür allerdings nicht die notwendige wirksame Planung als Sondergebiet gehabt. Das verletze Nachbarkommunen in ihren Rechten, so das Kölner Gericht. Diese hätten auch nicht zu verstehen gegeben, dass eine förmliche Planung bei einer Größe von 30 000 Quadratmetern entbehrlich sei. Mit dieser Größe können die Kommunen sich aber wohl anfreunden.

Was sagen die Beteiligten?

Die Stadt Bergheim betont in einer Stellungnahme, dass sie das Möbelhaus Segmüller in Pulheim nicht verhindern wolle. Sie fordere die Begrenzung der Verkaufsfläche auf 30 000 Quadratmeter und sieht Anhaltspunkte dafür, dass "für die Verantwortlichen des Unternehmens Segmüller eine Verkaufsfläche von 30 000 Quadratmeter erst der Einstieg bedeutet." Zweifel will Bergheim durch einen rechtswirksamen Bebauungsplan ausgeräumt sehen. Florian Segmüller sagte auf die Zukunft angesprochen: "Ich bleibe weiterhin optimistisch". Die Entscheidung des Gerichts hat uns total überrascht, so das Unternehmen in einer Stellungnahme. Bei Baubeginn sei es von der Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans und der Baugenehmigung ausgegangen. Zum jetzigen Zeitpunkt stelle sich für Segmüller keine Frage einer Schuldzuweisung und auch keine Frage einer Schadenersatzforderung . Die gesamte Energie fließe in den Erhalt der Arbeitsplätze und der Absicherung der Existenz unserer Mitarbeiter. Dazu arbeite Segmüller mit Pulheim an einer für alle Beteiligten zufriedenstellend Lösung.

Wie geht es weiter?

Segmüller, so eine Sprecherin des Verwaltungsgerichts, darf nach derzeitigem Stand nicht eröffnen und nicht weiter bauen. Gegen den Weiterbau und die Nutzung des Gebäudes könnten Leverkusen und Bergheim vorgehen. Pulheim hat theoretisch zwei Möglichkeiten: die Stadt kann eine neue Bebauungsplanung beginnen Ein neuer Bebauungsplan lässt sich nicht in wenigen Monaten aufstellen. Falls der Regionalplan geändert werden muss, dauert es in der Regel mehr als ein Jahr, so die Gerichtssprecherin.

Möglichkeit zwei ist eine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht. Den Weg will Pulheim gehen, wie die Stadt gestern ankündigte Eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ergeht in der Regel dann in Wochen. Auf eine Beschwerde der Stadt Pulheim müssten die anderen Verfahrensbeteiligten mit Schriftsätzen reagieren können. Welche Zeit dafür vom Gericht eingeräumt wird, hängt von der Eilbedürftigkeit der Sache und etwa vom Umfang der Schriftsätze ab. 

Das Unternehmen

Das Unternehmen Segmüller wurde 1925 gegründet. Das Einrichtungshaus hat Filialen in Frankfurt, Mannheim, Nürnberg, Stuttgart, Weiterstadt, Friedberg und Parsdorf bei München. In ihnen arbeiten rund 4000 Mitarbeiter .

Segmüller gehört zu den größten Möbelhäusern der Republik. Im Jahre 2012 belegte Segmüller nach einer Übersicht des Magazins Wirtschaftswoche Platz sieben mit einem Umsatz von geschätzt etwas über einer Milliarde Euro . In seine erste Filiale nördlich der Mainlinie investiert das Familienunternehmen 150 Millionen Euro. (raz/mrz)

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