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Prozess gegen Schröder und EschEin Wirtschaftskrimi vor dem Kölner Landgericht

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Grundsteinlegung

Die Grundsteinlegung feiern im September 2004 Kölns OB Schramma, Bauunternehmer Esch, Messechef Witt (v.li.)

Köln – Ab morgen gibt es einen weiteren Wirtschaftskrimi vor dem Kölner Landgericht. Es geht um Bestechung, Untreue und um einen Millionenschaden, den die Stadtsparkasse Köln beziehungsweise die spätere Sparkasse Köln Bonn erlitten haben soll, als sie den Weg Kölns zur Medienstadt begleitet hat. Angeklagt vor der 18. Großen Strafkammer sind Ex-Sparkassen-Chef Gustav Adolf Schröder, Ex-Vorstand Franz-Josef Schäfer und der Immobilienentwickler Josef Esch.

Die Medienstadt Köln

Passanten drehen sich kaum noch um, wenn wieder ein Filmteam auf den Kölner Straßen unterwegs ist. Rund ein Drittel des deutschen TV-Programms entsteht in Köln. Hier sitzt der WDR und 1988 zog auch der Privatfernsehriese RTL nach Köln. Dazu kommen Sender und Produktionsfirmen. Brainpool etwa stellt hier Comedyprogramme her, andere produzieren Teile für den Polizeiruf aus Rostock oder den Tatort aus Münster. In Kölner und Hürther Studios entstehen Shows etwa mit Günther Jauch, in den MMC-Studios in Ossendorf auch Kinofilme. Und die Branche zieht Dienstleistungen an, vom Caterer für Filmcrews bis zu Kulissenbauern. Köln hat sich Mühe gegeben, um starker Standort der TV- und Filmbranche zu werden. Unterstützt hat das die NRW-Regierung. Und wenn es um Standortförderung ging, war die Sparkasse Köln Bonn im Boot. Sie hat dafür einen hohen Preis gezahlt.

Die Vorgeschichte

Die Sparkasse Köln Bonn war zu rund einem Viertel am lange defizitären Studiobetreiber MMC beteiligt. Die weiteren Partner wie RTL, Pro7 und die Brüder Breuer, Kranunternehmer, denen das Grundstück in Hürth gehörte, stiegen einer nach dem anderen aus, so dass sich die Sparkasse allein um die Restrukturierung kümmern musste. Schließlich hatte das Institut Mietgarantien gegenüber dem Besitzer der Studios, einem Oppenheim-Esch-Fonds, abgegeben.

Alles zum Thema Josef Esch

Mitgarantien hatte die Sparkasse auch bei der Burg Hemmersbach übernommen, die den Brüdern Breuer gehörte und nach dem Willen der NRW-Regierung vor 15 Jahren innovativen, neuen Unternehmen aus dem damals boomenden IT-Sektor Raum geben sollte. Ins Fliegen kam das Projekt nicht wirklich. Jetzt ist der ehemalige Sitz der Familie Berghe von Trips ein Tagungshotel.

Richtig teuer wurde für die Sparkasse das Engagement rund um den RTL-Umzug. In Müngersdorf wurde es RTL zu klein. Ossendorf sollte neuer Standort werden. Ein Oppenheim-Esch-Fonds wurde gegründet, Kapital eingesammelt, Finanzierungsvereinbarungen getroffen, die Sparkasse Köln Bonn kaufte Grundstücke und gab Mietgarantien für ein Medienzentrum und Büroflächen ab. Mitte 2003 erklärte RTL dann, man wolle nicht nach Ossendorf und habe ein attraktives Angebot aus Hürth. Damit hatte eine Sparkassen-Tochter eine Eventualverbindlichkeit von 31 Millionen in der Bilanz.

Hektische Aktivitäten brachen aus, um RTL in Köln zu halten. Die ehemaligen Rheinhallen der Messe kamen ins Spiel. Die kaufte die Sparkasse über eine Tochter, verkaufte sie an den Oppenheim-Esch-Fonds, der von Ossendorf nach Deutz "umzog", mietete sie nach den Umbauten zurück und vermietete sie etwa an RTL. Bauverzögerungen und teurere Umbauten zogen Abschreibungen bei der Sparkasse im dreistelligen Millionenbereich nach sich. "Ein solches Risiko wird die Sparkasse nicht wieder eingehen, zumindest solange ich hier Verantwortung trage", sagte dazu der Institutschef Artur Grzesiek bei der Vorlage der Bilanz für 2009.

Da die Messe zügig neue Hallen brauchte für die Anfang 2006 angesetzte Möbelmesse entstanden gleichzeitig die Nordhallen, auch ein Projekt eines Oppenheim-Esch-Fonds (siehe zweite Seite dieses Artikels).

Die Vorwürfe

600 Seiten lang ist die Anklageschrift. Sie fülle einen Aktenordner, so ein Gerichtssprecher. Die Staatsanwaltschaft hatte ursprünglich 14 Fälle angeklagt. Die Strafkammer wollte nur drei Fälle verhandeln, wie sie Ende 2014 entschied. Dagegen war die Staatsanwaltschaft vor dem Oberlandesgericht Köln vorgegangen, das weitere Anklagepunkte zuließ.

Zunächst geht es um Bestechung. Esch soll laut Staatsanwaltschaft Schröder Zuschüsse der Gruppe von 7,5 Millionen zugesagt haben. Sie sollten Verluste der Sparkasse aus den abgegebenen Mietgarantien ausgleichen. Um noch Planungskosten auszugleichen, flossen insgesamt 9,9 Millionen. Im Gegenzug soll sich Schröder für Esch eingesetzt haben, als es um den Neubau der Nordhallen der Messe ging. Schröder hat laut Staatsanwaltschaft nicht nur nach sachlichen Kriterien gehandelt und Dienstpflichten als Amtsträger verletzt. Auch geht es um Untreue und Beihilfe rund um den Medienstandort Ossendorf. Die Sparkasse soll Mietgarantien eingegangen sein, obwohl die Entwicklung dort unsicher war und Mietbedingungen statt Erträge eher eine finanzielle Belastung hätten erwarten lassen. Hier sei nicht umfassend geprüft worden, so die Staatsanwaltschaft. Der Sparkasse sei ein Millionenschaden entstanden.

Hinzuverbunden wurde, wie das Gericht am Freitag mitgeteilt hatte, das Verfahren rund um die "Byteburg" Hemmersbach. Auch hier geht es um Mietgarantien. Schröder und Esch haben die Vorwürfe stets bestritten.

Die Angeklagten

Josef Antonius Esch wurde am 8.10.1956 in Troisdorf geboren. Angeblich arbeitete er bereits als Schulkind auf den Baustellen seines Vaters, der ein Bauunternehmen besaß. Nach einer Lehre als Maurer wurde Esch jüngster Polier Deutschlands. Mitte der 80er Jahre übernahm er zusammen mit seinem Bruder das Unternehmen. Ab den 90er Jahren legte er zusammen mit dem Bankhaus Sal. Oppenheim über 70 geschlossene Immobilienfonds für vermögende Anleger auf. Einige Fonds, etwa die MMC-Studios oder Karstadt-Immobilien, sorgten aber nicht für den in Aussicht gestellten Gewinn.

Verärgerte Investoren verlangten Schadenersatz. Mit einigen hat sich die Deutsche Bank, die 2010 Sal. Oppenheim in einem Notverkauf übernommen und auch die Zusammenarbeit mit Josef Esch beendet hatte, verglichen. Darunter sind die Familie der Schuhdynastie Deichmann, bei der angeblich Investments von etwa 165 Millionen umstritten waren, oder die Familie Kreke (Douglas). Andere Prozesse laufen noch, etwa die Schadenersatzklage von Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz.

Josef Esch saß auch im Untreueprozess gegen die Ex-Führung von Sal. Oppenheim auf der Anklagebank des Kölner Landgerichts. Die Ex-Banker sollen das Institut durch Immobiliengeschäfte um Millionen geschädigt haben. Esch war etwa der Beihilfe angeklagt. Das Verfahren gegen ihn wurde gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt. Wegen Verstößen gegen das Kreditwesengesetz soll Esch eine Geldstrafe von knapp 500.000 Euro zahlen. Das Urteil von 2015 ist noch nicht rechtskräftig.

Gustav Adolf Schröder stammt aus Schleswig-Holstein und wurde am 25. März 1943 geboren. Bis 2007 war er Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Köln Bonn. Im selben Jahr wechselte er als Finanzvorstand zur RAG Stiftung. Zwei Jahre später beendete er diese Tätigkeit jedoch wieder. Kurze Zeit später wurde bekannt, dass die Kölner Staatsanwaltschaft gegen ihn und den Bauunternehmer Esch ein Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts der Bestechung und Bestechlichkeit im Zuge des Neubaus der Messehallen eingeleitet hatte.

Der Ex-Sparkassen-Vorstand Franz-Josef Schäfer, geboren 1949, sitzt zwar ebenfalls auf der Anklagebank, hat aber mit dem ersten Verhandlungskomplex und den Vorwürfen der Bestechung und Bestechlichkeit nichts zu tun. Er wird erst gegen Ende des Jahres im Prozess eine Rolle spielen, wenn die Vorwürfe wegen Untreue verhandelt werden. Sein Anwalt Karsten Fehn aus Köln wollte auf Anfrage vorab keine Stellungnahme zu den Vorwürfen abgeben. Im Jahr 2008 bat Schäfer um die Auflösung seines Arbeitsvertrages bei der Sparkasse. Sein Wunsch stand im Zusammenhang mit drohenden Millionenverlusten für die Sparkasse im Zusammenhang mit den Bauverzögerungen bei den ehemaligen Messe-Rheinhallen.

Prozess und Strafmaß

Das Gericht hat zunächst 40 Verhandlungstage bis Mitte März angesetzt. Den strafrechtlich relevanten Untreueschaden beziffert die Staatsanwaltschaft auf mindestens 91,5 Millionen. Das Strafmaß, das die beiden Angeklagten bei Verurteilung erwartet, liegt für Untreue in einem besonders schweren Fall zwischen sechs Monaten und zehn Jahren Freiheitsstrafe. Bestechung beziehungsweise Bestechlichkeit kann mit einer Freiheitsstrafe zwischen einem und zehn Jahren geahndet werden.

Die Nordhallen der Kölner Messe

Es muss schnell gehen Ende 2003. In gut zwei Jahre soll in neuen Hallen die Möbelmesse stattfinden. Im Eilverfahren beschließt der Rat am 18. Dezember, dass ein privater Investor vier Hallen bauen und an die Stadt vermieten soll. Die Messe wird Untermieter.

Vertragspartner ist die Grundstücksgesellschaft Kölnmesse 15-18 GbR, ein Fonds initiiert unter dem Dach der Oppenheim-Esch-Holding. Zu den Zeichnern zählen die Quelle-Erbin Schickedanz, Ex-Arcandor-Chef Middelhoff, Mitglieder der Familie Deichmann und führende Köpfe von Sal. Oppenheim. Es ist ein Vertragswerk, von dem der spätere Oberbürgermeister Jürgen Roters sagen wird: Die Stadt ist über den Tisch gezogen worden. Die Stadtsparkasse Köln soll sich vehement für den Fonds eingesetzt haben, andererseits beklagt sie Verluste aus der Zusammenarbeit mit Oppenheim-Esch in den alten Messehallen und bei den MMC-Studios. Noch Jahre später erzählt der damalige Oberbürgermeister Fritz Schramma über die Bauvergabe, man sei unter Druck gesetzt worden.

Auf eine europaweite Ausschreibung des Bauauftrages wird verzichtet. 30 Jahre lang soll eine Miete von 20,7 Millionen Euro fließen, mit Anpassung an die Preisentwicklung.

2009 entscheidet der Europäische Gerichtshof, dass der Bauauftrag aufgrund der fehlenden Ausschreibung rechtswidrig war. Stadt und Messe schließen daraus, damit sei auch das Mietgeschäft nichtig und stellen später die Zahlung ein. Die Grundstücksgesellschaft droht damit, die Messe in Deutz vor die Tür zu setzen.

Es gibt einen Rechtsstreit und später eine Interimsvereinbarung über eine Reduzierung der Miete auf rund 75 Prozent. Und vor gut eineinhalb Jahren dann eine Einigung: Die Jahresmiete orientiert sich an der Interimsvereinbarung. Der gegenüber der ursprünglichen Vereinbarung entstandene Mietausfall von 133 Millionen für den Fonds wird zwischen Stadt und Fonds geteilt. Die Einigung liegt bei der EU, die zustimmen soll. (raz)

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