Wohnung in Köln und Job in Venedig

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James Bond hatte es ihr angetan. Dabei ging es Stephanie Ernst nicht vordergründig um den Geheimagenten des britischen Secret Service mit der Geheimnummer 007. Vielmehr interessierte sie sich für die hochkarätigen Hightech-Effekte, für die futuristischen Architekturen und Szenenbilder, für die Filmarchitekt Kem Adam verantwortlich zeichnete.

„So was will ich auch entwerfen, war damals meine fixe Idee“, erinnert sich die Zülpicherin, die in Köln geboren wurde und heute annähernd das ganze Jahr in Venedig lebt. Mit James Bond-Filmen hatte sie später nichts zu tun, aber ihre berufliche Entwicklung sollte sich in diese Richtung bewegen.

Doch der Reihe nach: Stephanie Ernst wurde am 1. Juli 1960 in Köln geboren, wuchs in Zülpich auf und machte dort 1980 ihr Abitur. Es folgten zwei Jahre Studium der Bau- und Kunstgeschichte in Aachen. Das war dann aber doch nicht ihre große Passion, und sie wechselte 1982 nach Köln, um Architektur zu studieren, den Beruf ihres Vaters Karl-Josef Ernst und ihrer Brüder Markus und Max .

Mit 29 Jahren bestand sie ihr Diplom mit Auszeichnung. Dann folgten mehrere Stationen. Sie arbeitete als Architektin in Zülpich, Köln, Salzburg, New York und Indonesien. Unter anderem beteiligte sie sich zusammen mit ihrem Bruder Markus an dem von der Stadt Zülpich ausgeschriebenen Architektenwettbewerb zum Ausbau der Martinskirche, den die Geschwister Ernst gewannen, worauf ihr Bruder mit der Ausführung des Projektes betraut wurde.

1993 entschloss sich Stephanie Ernst, in ein weiteres Berufsfeld einzusteigen, und das sollte ihr Leben grundlegend verändern: Sie absolvierte beim WDR ein Volontariat als Szenenbildnerin. „Ich wollte immer selbstständig sein und frei arbeiten können. Aber heute existiert noch immer die Grundvorstellung, der Beruf des Architekten sei Männersache. Eine Frau im Büro wird noch akzeptiert, doch auf der Baustelle, so glaubt man, sei sie fehl am Platz, und genau diese Arbeit macht mir Freude“, berichtet Stephanie Ernst.

Während des Volontariates beim WDR lernte sie die Szenenbildnerin Anke Osterloh kennen. Die brauchte 1996 bei der Produktion des Films „Zugvögel“ eine Assistentin, sprach die Zülpicherin an, und die sagte spontan zu. Die Arbeit machte ihr Freude, und als ihr zwei Jahre später das Angebot gemacht wurde, bei der Fernsehserie „Die Wache“ mitzuwirken, nahm sie an. Ein Jahr darauf war es erneut Anke Osterloh, die für eine Wende in der Karriere von Stephanie Ernst sorgte. Die Freundin brauchte diesmal eine Assistentin, die mit nach Venedig ging, um für eine Hamburger Produktionsfirma bei der Herstellung des Films „Commissario Brunetti“ (nach einem Buch von Donna Leon ) mitzuarbeiten.

Dieser Job war alles andere als alltäglich, zudem spricht Stephanie Ernst fließend italienisch, und Reisen ist für sie schon seit der Jugend von besonderem Reiz. Drei Gründe, die ihr eine Entscheidung leicht machten. Und so war sie zwischen 1999 und 2000 fünf Monate lang in der weltberühmten Lagunenstadt beschäftigt. „Ich habe mich dort sehr wohl gefühlt, die Arbeit hat mir viel Freude gemacht“, weiß sie zu berichten, und sie hat ihren Job gut gemacht. Denn im Jahr 2000 hat sie ihren ersten „eigenen Film“ als Ausstatterin bekommen. Es folgten weitere Aufgaben in Stuttgart, Viterbo (bei Rom), Hamburg, auf Mallorca und in München. In fünf Jahren kamen so 16 Filme zusammen.

Das Betätigungsfeld der Szenenbildnerin ist umfassend. Stephanie Ernst: „Zunächst lese ich ist das Drehbuch, dann sind die Motive auszusuchen. Die Kalkulation ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeit. Dabei sind die Kosten für Bauten, Material (leihen, kaufen) und Personal zu ermitteln und später natürlich auch einzuhalten. Einen erheblichen Teil der Arbeit verschlingt die Organisation.“

Der Unterschied zwischen ihren beiden Berufen besteht für die Zülpicherin in der Tatsache, dass Architekten etwas schaffen, das Bestand hat, während die Aufbauten einer Szenenbildnerin manchmal nur für wenige Minuten Drehzeit bestimmt seien, man daran aber mehrere Wochen gearbeitet habe.

14-Stunden-Tage sind in diesem Beruf an der Tagesordnung. Da bleibt fürs Privatleben kaum Zeit. Die Besuche in der Heimat beschränken sich auf wenige Wochen im Jahr. Dann ist Stephanie Ernst meist in ihrer Kölner Wohnung zu Hause. Abstecher zur Familie in Zülpich stehen dann natürlich auch auf der Tagesordnung.

Ganz ohne Beschäftigung hält die 44-Jährige es auch dann nur schwer aus. Während ihres letzten Aufenthaltes in Köln hat sie für einen Bekannten eine alte Villa restauriert. Auch ihr erster Beruf hat die Zülpicherin mit Wohnung in Köln und Arbeitsstelle in Venedig also noch nicht losgelassen.

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