Zivilcourage in dunkler Zeit bewiesen

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BONN. Die beiden Damen sind schon sehr betagt, die eine stützt sich auf den Stock, und auch der anderen fällt das Gehen schwer. Und nur langsam erheben sie sich von den Stühlen, als sie im Alten Rathaus zu einer seltenen Ehrung gebeten werden: Die Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem hat Katharina Bayerwaltes aus Bonn und Josephine Zauzich-Hünerfeld aus Trier den Ehrentitel „Gerechte unter den Völkern“ verliehen. Er wird seit 1953 an Menschen vergeben, die im Holocaust Juden geholfen haben. Unter den 23 000 „Gerechten“ aus Europa sind nur 500 Deutsche.

Posthum ausgezeichnet wurden in der Feierstunde Sibyllla Cronenberg aus Bonn, das Ehepaar Heinz und Josephine Odenthal aus Köln und Georg Jünemann, der Vater von Josephine Zauzich-Hünerfeld. Der israelische Gesandte Ilan Mor überreichte Medaillen und Urkunden. „Es ist mir eine Ehre“, sagte er mit einer Verneigung vor den beiden Frauen und den Angehörigen der Verstorbenen.

Sie haben in dunkler Zeit ihr Leben riskiert für jüdische Mitbürger, die von den Nazis verfolgt wurden. Die Kölner Kaufmannsfamilie Salomon und Henriette Jacoby und ihre Tochter Hildegard Schott wurden Anfang 1942 in das Sammellager „Fort V“ in Müngersdorf eingewiesen, um von dort deportiert zu werden. Mit Hilfe der Familie Heinz und Josephine Odenthal gelang ihnen aber die Flucht nach Bonn, wo sie Unterschlupf fanden bei Sibylla Cronenberg, einer Verwandten der Odenthals. Die Flüchtlinge lebten dort unter falschem Namen, wurden weiterhin von den Odenthals mit Lebensmitteln und Lebensmittelkarten versorgt, selbst dann noch, als die Kölner Helfer ausgebombt wurden und nach Rolandseck ziehen mussten. Im Mai 1943 mieteten sich die Jacobys in der Argelanderstraße bei Katharina Bayerwaltes ein, die zunächst nicht wusste, dass sie „Illegale“ unter ihrem Dach beherbergte. Erst als Hildegard Schott im Dezember 1943 stürzte und einen Arzt brauchte, offenbarten sich die Flüchtlinge ihrer Vermieterin. Sie kümmerte sich fortan um die jüdische Familie, bewahrte das Geheimnis aber auch gegenüber ihrem Mann, der an der Ostfront im Feld stand.

Nach einem Bombenangriff auf Bonn Ende 1944 floh die junge Mutter mit ihrem Baby nach Oberfranken, kehrte aber im Februar 1945 aus Sorge um ihre Schützlinge zurück. Am 9. März 1945 besetzten alliierte Truppen die Stadt, für die Familie Jacoby / Schott war das Leben in der Illegalität zu Ende. Sie hielt auch nach dem Krieg Kontakt mit ihrer Retterin.

Zivilcourage bewiesen auch der Leipziger Lehrer Georg Jünemann und seine damals 29 Jahre alte Tochter Josephine Zauzich, die 1942 den politischen Aktivisten Walter Leopold, dessen Frau Hilde und ihre vierjährige Tochter Anneliese, die für den Transport nach Theresienstadt beziehungsweise Auschwitz bestimmt waren, monatelang bei sich aufnahmen. „Wir handelten aus christlichem Glauben, die Hilfe war eine Selbstverständlichkeit“, sagte Josephine Zauzich-Hünerfeld.

Die Namen der „Gerechten“ werden nun in Yad Vashem verewigt.

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