Dennis SpicherLindlarer Geselle gewinnt „Jugend schweißt“

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Lindlar – Wo Lichtbögen flackern, Metall glüht und jede Menge Strom fließt, ist Dennis Spicher nie weit. Der 20-Jährige aus Engelskirchen-Loope hat jetzt den Landesentscheid von „Jugend schweißt“ gewonnen – und der Lindlarer Edelstahlspezialist Albrecht damit offiziell den besten NRW-Nachwuchsschweißer in seinen Reihen. Im September startet Spicher von Klause aus zur Jagd auf den Bundestitel.

„Das Erfolgsrezept liegt in einer sehr ruhigen Hand“, nickt Spicher, während er die Einzelteile eines Kessels in Position rückt und den Helm mit den aufgedruckten blauen Blitzen überzieht – den treuen Begleiter seiner Siegesserie, genau wie die extra dünnen Handschuhe, die bei 1600 Grad Betriebstemperatur für das nötige Feingefühl sorgen.

Nachwuchs bis 23 Jahre nimmt teil

Anfang des Jahres hat Spicher seine Ausbildung bei Albrecht mit der Gesellenprüfung als Metallbauer der Fachrichtung Apparatebau beendet. Das Schweißen hat ihm während der Lehre besonderen Spaß gemacht, es liegt ihm fast schon in den Genen. Vater Christoph Spicher schweißt seit Jahrzehnten für Schmidt + Clemens. Spicher junior erfährt durch Arbeitskollegen von dem bundesweiten Wettbewerb und meldet sich an.

Alle zwei Jahre ruft der Deutsche Verband für Schweißen und verwandte Verfahren (DVS) den Nachwuchs bis 23 Jahre auf, sich am – im wahrsten Sinne des Wortes – heißesten Wettkampf der Republik zu beteiligen. Die Stahlindustrie lobt wertvolle Preise für die Besten aus. Gesucht werden sehr gute Fähigkeiten in vier Schweißverfahren, erklärt Bernd Schellong, Vorstand Wissenschaft, Technik und Forschung beim DVS-Bezirksverband. „Vom Lichtbogenhandschweißen über das Metall-Aktivgas-Verfahren und das Wolfram-Inertgasschweißen (WIG) bis zum Gasschweißen, das heute vor allem im Sanitärhandwerk Bedeutung hat.“

Sieger mit 95 von 100 Punkten

Spicher entscheidet sich für die WIG-Variante, die ihm aus dem Betrieb bekannt ist und die, wie Schellong betont, viel Geschick erfordert und für qualitativ besonders hochwertige Nähte benutzt wird. Seine erste Herausforderung wartet beim Regionalwettbewerb in der Domstadt. Kehl- und Stumpfnähte muss der Looper an den Blechen zeigen, die Jury achtet streng auf „durchgeschweißte Wurzeln“ – also darauf, ob die Naht nicht nur von oben schön aussieht, sondern auch auf der Unterseite perfekt sitzt. Zusätzlich muss jeder Wettbewerber 20 Fragen zu Werkstoffkunde, Schweißtechnik und Arbeitssicherheit beantworten.

Spicher holt sich mit 95 von 100 erreichbaren Punkten den Kölner Sieg. Extraschichten an der Schlosserstraße habe es zuvor nicht gegeben, erinnert er sich. Vielmehr habe er auf das vertraut, was ihm seine 22 Kollegen um Betriebsleiter Martin Pinner ohnehin beigebracht hätten.

Spicher wird nach Oberhausen eingeladen, die Konkurrenz reist aus Aachen, dem Münsterland und natürlich aus den Konzernen im Ruhrgebiet an. Diesmal sind die Aufgaben schwieriger, zweieinhalb Stunden bleiben dem Nachwuchs für möglichst perfekte Verbindungen, Spicher ist nach einer Stunde mit seinem Ergebnis zufrieden. Die Werkstücke werden für die Jury mit Nummern anonymisiert – die von Dennis Spicher erhält erneut die Bestnote.

Und weil die Jury anhand international gültiger Qualitätsnormen urteilt, hat der Geselle neben seinem nagelneuen Schweißgerät auch gleich ein weltweit anerkanntes Zertifikat in der Tasche.

Dennis arbeitet mit Akribie

„Auch wir feiern mit Dennis Spicher eine echte Premiere“, freut sich Bernd Schellong. „Noch nie konnte der Sieger des Bezirksverbandes Köln auch den NRW-Titel holen.“ Ende September wird der Looper mit Frau Linda und Tochter Nele nach Cottbus aufbrechen. Diesmal warten Rivalen aus dem ganzen Bundesgebiet – und gesteigerte Herausforderungen. Statt Blechen stehen in Brandenburg Rohre bereit. „Zwangsläufig muss dann auch von innen nach außen geschweißt werden“, betont Schellong. Dennis Spicher will sich auch dann auf seine Oberhausener Erfolgsstrategie verlassen: „Einmal kurz hinsetzen, runterkommen und dann geht es los.“ Der 20-Jährige liebt und lebt seinen Beruf. Ungeheuer spannend findet er es, wenn er an fertigen Maschinen Einzelteile entdeckt, die er gebaut hat. „Oft weiß man bei dem, was auf der Werkbank liegt, ja noch gar nicht, was später daraus wird.“

Das könne auch von Vorteil sein, findet Peter Zylla, zuständig für die Qualität im Schweißwesen der Firma Albrecht. „Dennis arbeitet mit der immer gleichen Akribie. Ob es nun um eine Lasche am Zaun geht oder um hochkomplexe Medizin-Apparate, mit denen Tumore bekämpft werden.“ Eine Eigenschaft, die Dennis Spicher beim Finale helfen könnte.

Gewinnt er auch dies, vertritt er Deutschland bei der WM. Im Juni 2016 wird in Peking dann die beste Schweißnaht der Welt gesucht. (sfl)

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