Roncalli-Zirkus feiert JubiläumDie Traumfabrik des Bernhard Paul wird 40

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Mit Leib und Seele dabei: Bernhard Pauls Auftritte in der Manege begeistern die Fans seit vier Jahrzehnten.

Mit Leib und Seele dabei: Bernhard Pauls Auftritte in der Manege begeistern die Fans seit vier Jahrzehnten.

  • Seit vier Jahrzehnten begeistern Bernhard Paul und sein Circus Roncalli die Menschen.
  • In dern 70er Jahren zog der Österreicher Paul mit einem alten Zirkuswagen nach Köln.
  • Seither hat der Paul mit dem Zirkus an verschiedenen Standorten in Köln gearbeitet.
  • Der erste Teil der Rundschau-Serie zum Jubiläum.

Köln – Was reitet einen Endzwanziger, gut dotierte Jobs als Grafiker und Art Director des renommierten österreichischen Nachrichtenmagazins „Profil“ und einer internationalen Werbeagentur zu kündigen? Und mit nichts als einem alten Zirkuswohnwagen und tausend Ideen im Kopf einen Zirkus zu gründen? 1975 wagte Bernhard Paul diesen Schritt, ließ den damals beruflich sicheren Hafen hinter sich, um in Wien seinen großen Kindheitstraum zu verwirklichen. Bescheidenheit war nicht seine Sache: Circus Roncalli nannte er seine Traumfabrik nach dem bürgerlichen Namen von Papst Johannes XXIII.

Bernhard Paul wurde am 20. Mai 1947 im österreichischen Lilienfeld geboren, seine Kindheit verbrachte er in Wilhelmsburg. Als er das erste Mal einen Zirkus erlebte, war es sozusagen um ihn geschehen. Die Faszination der Welt der Gaukler, Clowns und Artisten ließ ihn bis heute nicht mehr los. Im Gründungsjahr stieß Pauls Freund, der Aktionskünstler und Kulturmanager André Heller hinzu, beide wollten das ganz Große schaffen, und so feierte der Zirkus am 8. Mai 1976 die „Welturaufführung“ des Programms „Die größte Poesie des Universums“ auf der Bonner Hofgartenwiese. Wenige Monate später kommt es in München, kurz bevor dort der 150 000. Besucher erwartet wird, zum großen Knall. Heller verlässt den Zirkus.

Roncalli in der Schokoladenfabrik Stollwerck

Prominenter Besuch: Der Schauspieler Heinz Rühmann zählte zu den vielen berühmten Fans des Circus Roncalli.

Prominenter Besuch: Der Schauspieler Heinz Rühmann zählte zu den vielen berühmten Fans des Circus Roncalli.

1977 wird Roncalli zu den Wiener Festwochen geladen, spielt sein Programm „Phantasie verboten“ und ist schließlich am Ende. Bernhard Paul ist pleite, versucht sich unter anderem als Clown auf Jahrmärkten über Wasser zu halten. In dieser Zeit kommt er nach Köln. Mit ein paar historischen Roncalliwagen zieht er in eine alte Lagerhalle auf das Gelände der ehemaligen Schokoladenfabrik Stollwerck in der Südstadt, da, wo zu der Zeit auch BAP und die Kelly Family probten. Paul zahlt eine stolze Monatsmiete von 5000 Mark und lebt mit Freundin in einem alten Campinganhänger.

Bis zur Besetzung des Stollwerck blieb er in der Südstadt, zog dann um in eine alte Fabrikhalle am Poller Kirchweg. Die Löwenkäfige – Roncalli hatte damals noch Tiernummern des legendären, gut aussehenden Schweizer Dompteurs René Strickler im Programm – bildeten eine schmale Gasse in der Poller Halle.

Premiere am Josef-Haubrich-Hof

Gründerzeit: Mit seinem Freund, dem Aktionskünstler André Heller, wagte Paul den Sprung in die Welt der Clowns und Artisten.

Gründerzeit: Mit seinem Freund, dem Aktionskünstler André Heller, wagte Paul den Sprung in die Welt der Clowns und Artisten.

1980 sollte der Circus Roncalli neu starten. Paul war klamm, aber er hatte Leute, die an ihn glaubten. Dazu gehörte der damals berühmte Schweizer Kabarettist Emil Steinberger, der eine Reihe von Freunden ansprach, Geld beisteuerte und mitverantwortlich für die Regie der „Reise zum Regenbogen“ zeichnete. Es nahte die Premiere am Josef-Haubrich-Hof, und der Herr Direktor geriet in die Bredouille: Kostümbildnerin Maria Lucas, damals ebenfalls junge Unternehmerin, die die meisten Kostüme für den Neuanfang geschneidert hatte, verlangte Geld: 10 000 Mark gegen die Kostüme. Paul erzählte später, dass ihm Günter Herterich, SPD-Politiker, damals einer der mächtigsten Männer der Stadt und selber finanziell nicht auf Rosen gebettet, das Geld pumpte. An einem heißen Junitag feiert „Die Reise zum Regenbogen“ Premiere. Steinberger drängt Bernhard Paul, zur Begrüßung ein paar Worte an das Publikum zu richten. Der geht ins Manegenrund und sagt: „Ich bin der, der ins Gefängnis muss, wenn das hier schief geht.“ Die Premiere wird ein triumphaler Erfolg. Tausende Menschen drängen ins Chapiteau und Paul kann einen Großteil seiner Schulden zurückzahlen. Artisten wie Pic und Pello oder John Ak als schier unglaublich biegsamer Frosch werden zu Publikumslieblingen.

1984 kauft Paul das Winterquartier der früheren Zirkusdirektorin Carola Williams am Neurather Weg in Mülheim. Roncalli ist so populär, dass Größen aus Politik und Showgeschäft in Zirkuszelt strömen: der frühere Bundespräsident Johannes Rau, Pop-Art Künstler Andy Warhol, Sänger Joe Cocker, Zauberer David Copperfield, Heinz Rühmann, Udo Jürgens, Nena, Curd Jürgens, Rudi Carrell, Karl Dall oder Caterina Valente, die Patentante von Adrian ist, Sohn von Eliane und Bernhard Paul.

Novum auf dem Neumarkt

Mit Leib und Seele dabei: Bernhard Pauls Auftritte in der Manege begeistern die Fans seit vier Jahrzehnten.

Mit Leib und Seele dabei: Bernhard Pauls Auftritte in der Manege begeistern die Fans seit vier Jahrzehnten.

1986 feiert der Zirkus mit einer großen Jubiläumstournee sein Zehnjähriges. Auf dem Roncalliplatz vor dem Dom feiern Roncalli und die Kölnische Rundschau, die damals 40 Jahre alt wird, ein großes Jubiläumsfest. 50 000 Luftballons überspannen den Platz, 20 000 Leute feiern mit. Im selben Jahr gastiert Roncalli als erster deutscher Zelt-Zirkus in Moskau.

1988 beim Kölner Frühling der Rundschau präsentiert Bernhard Paul erstmals sein historisches Spiegelzelt. 1990 startet er die Erlebnisgastronomie „Panem et Circenses“ mit den Starköchen Hans-Peter Wodarz und Alfons Schubeck. Das Spektakel gastiert 1991 auf dem Rudolfplatz. 1992 eröffnet Paul gemeinsam mit André Heller das Varieté „Wintergarten“ in Berlin. Roncallis Apollo Varieté in Düsseldorf startet 1997, zehn Jahre später wird es von einer privaten Investorengruppe übernommen. 2000 wird die „The Höhner Rockin“ Roncalli Show“ zum ersten Mal aufgeführt. 2006 heißt es in fünf großen Gala-Veranstaltungen in der Kölnarena „Classic meets Circus“ – Roncalli wird 30 und spielt danach auf dem Neumarkt.

Ein Novum dann 2014: Roncalli startet mit zwei Zeltproduktionen. Unter dem Motto „Time is Honey“ geht’s auf dem Neumarkt rund. „Salto Vitale“ heißt die Tournee, die in Städten gastiert, in denen vorher kein Gastspiel stattfand.

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