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Rechtsanwalt aus SeelscheidChristian Birnbaum hilft bei unfairen Schul-Prüfungen

Lesezeit 4 Minuten
Spezialisiert auf Verwaltungsrecht: Rechtsanwalt Dr. Christian Birnbaum.

Spezialisiert auf Verwaltungsrecht: Rechtsanwalt Dr. Christian Birnbaum.

Neunkirchen-Seelscheid – Verzweifelt wendete sich ein Schüler an Rechtsanwalt Dr. Christian Birnbaum. „Ich soll durchs Abitur fallen, weil ich mir angeblich vor der Prüfung die Lösung für die Klausur im Fach Biologie besorgt habe“, so der Jugendliche. „Das stimmt aber nicht. Sie müssen mir helfen.“ Abiturbetrug lautete der Vorwurf.

Auf dem Schulhof seien die Klausurlösungen gegen Geld verkauft worden. Birnbaum klagte und gewann den Prozess. „Es ging damals um die Beweislast“, erinnert er sich. Die Schule konnte dem Abiturienten einen Betrug nicht nachweisen. „Grundsätzlich ist bei Prüfungen Ehrlichkeit immer wichtig“, so der Anwalt. „Aber einem jungen Menschen wegen einer unbewiesenen Vermutung nach dem Schulabschluss den Start ins Leben zu erschweren, halte ich für sehr bedenklich.“

Erfolgsquote liegt bei 50 Prozent

Eigentlich wollte der heute 47-Jährige Strafverteidiger werden. Doch nach wenigen Prozessen wurde ihm schnell klar, dass dies nichts für ihn sei. „Als ich die Abiturklage auf den Tisch bekam, spürte ich, dass hier meine Berufung als Jurist lag.“ Heute kann der Rechtsanwalt behaupten, dass er die meisten Prüfungsanfechtungen in Deutschland vor Gericht vertreten habe. Seine Erfolgsquote liege um die 50 Prozent. „Vor Verwaltungsgerichten liegt sie bei Klagen meist bei 20 Prozent“, so der Jurist. Meist seien es Formfehler, die zu einer Wiederholung oder zum nachträglichen Bestehen einer Prüfung führen würden.

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Wenn man in der Schule im Unterricht nicht aufpasst, kann das schon mal zu einer schlechten Note führen. Das gilt nicht nur für Jugendliche. Auch Lehrer hören wohl nicht immer zu, wenn der Richter Dinge erklärt. Er erinnert sich: „Ein Abiturient brauchte unbedingt ein ausreichend minus, um im Fach Kunst zu bestehen. Die Prüfung zum Inhalt eines Bildes endete jedoch nur mit mangelhaft plus – ein Punkt zu wenig.“ Birnbaum wurde eingeschaltet. Er stellte fest, dass in der Prüfungsordnung festgelegt war, dass auch die Fragestellung zum Inhalt eines vorab gezeigten Bildes eine halbe Stunde vor Prüfungsbeginn gestellt werden muss.

Die Lehrer hatten aber nur das Bild verteilt und den Schüler gebeten, sich dazu Gedanken zu machen. Dann folgte die Prüfung mit den Fragen. Der Richter ordnete an, dass alles wiederholt werden muss. „Und dann haben die Lehrer denselben Fehler wieder gemacht“, berichtet der Rechtsanwalt. „Die Fragen wurden ein halbe Stunde zu spät ausgeben.“ Auch den zweiten Prozess verlor die Schule. Erst im dritten Anlauf sei alles richtig gemacht worden. Der Jugendliche bestand und konnte seine Ausbildungsstelle antreten. „Prüfung immer mit Bestnoten zu durchlaufen, ist nicht er einzige Weg im Leben, um Erfolg zu haben“, so Birnbaum. Deswegen versteht er es nicht, dass Lebensplanungen vom Menschen wegen nur einer Prüfung „zerstört werden“ können. Als Beispiel nennt er die Biochemie-Prüfung bei den Medizinern, sie wird im Multiple-Choice-Verfahren abgelegt.

„Falsche Kreuze an den vorgeschlagenen Antworten führen dazu, dass der Student den wichtigen Schein nicht besteht. Das Studium ist plötzlich beendet.“ Er hätte einigen jungen Menschen durch Prozesse geholfen, sodass sie doch noch bestanden hätten. „Und ich bin stolz darauf. Denn heute sind sie erfolgreiche Ärzte und helfen Menschen. Darauf kommt es an. Nicht auf eine einmalige Prüfung.“

Doch nicht jeder hat das nötige Geld, um einen teuren Prozess anzustrengen. „Ich lebe von meinen Einnahmen als Anwalt“, so der 47-Jährige. Allerdings gebe es beim Honorar durchaus Spielräume. „Und ich habe auch schon mal eine Rechnung nach einem Prozess nicht abgeschickt, wenn mein Mandant finanzielle Probleme hatte. Ich denke, dass die Gesamtkalkulation meiner Einnahmen stimmen muss. Da kann man auch in Einzelfällen helfen.“

In seiner Freizeit wandert der Vater von drei Kindern gerne. In Schottland mit seinen Bergen und einer schroffen Atlantikküste ist er am liebsten unterwegs. Und seine Familie liegt ihm auch sehr am Herzen. Deswegen sitzt er oft an seinem Schreibtisch in Neunkirchen und bearbeitet dort seine Fälle im Home-Office. „Wenn man gut organisiert ist, dann ist das kein Problem.“

Und es gibt es noch eine kleine Leidenschaft. Birnbaum ist begeisterter Comic-Sammler. Hefte aus den 70er-Jahren, die in Amerika erschienen sind, sind sein ganzer Stolz.

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